Wenn die Apokalypse ins Theater geht
Mit einem klugen Konzept und viel schwarzem Humor widmet sich das Schauspielensemble des Saarländischen Staatstheaters, angeführt von der Autorin und Regisseurin Rebekka David, dem immer wieder und über Jahrhunderte hinweg dramatisch heraufbeschworenen We
Nein, der von den „Doors“und ihrem charismatischen Frontman Jim Morrison entliehene Stücktitel weist nicht unbedingt auf den explosiven Stoff dieser hochaktuellen und mit Spannung erwarteten Uraufführung hin. Noch weniger ihr Untertitel „Wer hat meinen Hamster umgebracht? (hoffentlich ich)“. Der ganz große apokalyptische Hammer gleich im Titel, das wäre wohl doch zu abschreckend gewesen! „Drehen wir es einfach mal um in My friend, the end! Denn das Ende der Menschheit ist uns vertraut wie ein Freund. Immer schon sind wir ihm in den unterschiedlichsten Formaten und Geschichten begegnet“, meint dazu die Autorin und Regisseurin Rebecca David.
1993 geboren in Leipzig, hat sie nach ihrem Regie-Studium an der renommierten Berliner Ernst Busch-Hochschule für Schauspielkunst bereits an Theatern wie Hannover, Braunschweig, Berlin (Deutsches Theater), Dortmund oder Basel gearbeitet und produziert darüber hinaus erfolgreich Hörspiele für den Deutschlandfunk und Südwestfunk. 2022 erhielt sie für ihre Adaption des Romans „Der Termin“von Katharina Volckmer den Deutschen Hörspielpreis der ARD. Und auch in Saarbrücken ist sie keine Unbekannte: Vergangene
Spielzeit standen in der Sparte 4 mit „Oh, Mama!“kurzweilig und unterhaltsam Frausein und Mutterschaft im Fokus ihres Interesses.
Eine Fingerübung im Vergleich zu den Katastrophenszenarien, mit denen sich die Regisseurin nun beschäftigt. Das Thema, das sie auch persönlich umtreibt, hat sie selbst in den Spielplan positioniert. „Wenn man über unser aktuellstes Ende im Sinne der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen nachdenkt, finde ich es geradezu absurd, wie viele Leute die Fakten kennen, aber nicht glauben, was sie wissen“, konstatiert Rebecca David. „Mich interessiert, woran das liegt.“
Irgendwann hat sie bemerkt,
dass die Sprache, mit der Politiker und Klimaaktivisten über das Ende der Menschheit sprechen, zunehmend pathetischer und dramatischer daherkommt. „Manchmal ähnelt das fast der Sprache in Apokalypsefilmen“, meint sie und fragt sich dabei, warum Katastrophenszenarien in Kino, Literatur und Computerspielen gerade Konjunktur feiern.
„Können wir uns das reale Ende von allem vielleicht deswegen gar nicht mehr vorstellen, weil wir es zu oft im Kino gesehen haben und es sofort in einen fiktionalen Rahmen setzen? Und wenn dem so ist: Wie muss Sprache beschaffen sein, um uns ungefiltert zu erreichen?“Was also unterscheidet unsere passive Apokalypse-Pose vom Engagement der Letzten Generation oder Extinction Rebellion (übersetzt: „Aufstand gegen das Aussterben“)?
Wer nun einen Werbe-Abend für Klimaaktivisten erwartet oder gar befürchtet, der irrt. „Die Aktivistinnen und Aktivisten sind ganz und gar nicht das Thema“, beteuert die Autorin. „Sondern die Frage, was unsere Vorstellung vom Ende der Menschheit durch den Klimawandel gemein hat mit den Apokalypse-Erzählungen der vergangenen Jahrhunderte. Und wie sie aufeinander einwirken.“
Von der Johannes-Offenbarung im Neuen Testament mit Gottesgericht und moralisch aufgeladenem Neubeginn bis zum menschengemachten finalen Untergang unserer Zeit – Worst-Case-Szenarien mit Albtraumfaktor auf ganzer Ebene. Wie aber bündelt man nun ein solch überwältigendes Thema zu einem spannenden, vielleicht sogar unterhaltsamen Theaterabend?
Schon im Sommer, lange vor Probenbeginn, hat sich das Ensemble („Mein Wunschensemble!“) um Rebecca David und ihre Dramaturgin Gesa Oetting zusammengesetzt, Texte gewälzt, Filme geschaut, erste Improvisationen gewagt. Was sich bei der Abendprobe bewährte, wurde nachts von der Autorin ausgearbeitet und stand am Morgen erneut zur Debatte. Ein zeit- und diskussionsintensiver Prozess, der sich nicht
„Wenn man über unser aktuellstes Ende im Sinne der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen nachdenkt, finde ich es geradezu absurd, wie viele Leute die Fakten kennen, aber nicht glauben, was sie wissen.“Rebekka David Regisseurin
selten mit dem Horror der aktuellen Weltlage ein frustrierendes Wettrennen lieferte.
Das Ganze sollte kein dröges dokumentarisches RechercheTheater werden, sondern lustvolles Schauspiel mit einer durchgehenden Handlung voll intimer und dramatischer Szenen. Und, bei aller Ernsthaftigkeit, auch ein humorvoller Abend, „der nicht lähmt, sondern über das Lachen etwas begreifbar macht“, so die Regisseurin. In jedem Fall wird es ein hochaktueller Abend werden, an dessen Ende sich, so wird versichert, auch aufklärt, welcher Hamster warum und von wem seine ganz eigene Apokalypse erfährt.
„The end, my friend“: Uraufführung/ Premiere an diesem Freitag, 22. März, 19.30 Uhr, in der Alten Feuerwache am Saarbrücker Landwehrplatz. Karten gibt es unter Telefon (0681) 3092-486 sowie im Internet: www.staatstheater. saarland