Saarbruecker Zeitung

Außen-Kanzler Scholz hat kein Lob für Baerbock

Olaf Scholz gibt bei seiner Regierungs­erklärung im Bundestag den AußenKanzl­er. Er will zeigen, wer in der Koalition in der Ukraine-Politik das Sagen hat. Und dann wendet der SPD-Mann noch einen Trick an – er holt für gute AmpelStimm­ung ein innenpolit­ische

- VON HAGEN STRAUSS

Auch die Grünen klatschen. Nicht überschwän­glich, aber immerhin. In der letzten Woche war das noch anders im Parlament, als Olaf Scholz sein Nein in der TaurusFrag­e erklärt hat; als SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich davon sprach, den Krieg in der Ukraine „einfrieren“zu wollen. Da rührte sich keine Hand beim Koalitions­partner, auch nicht bei der FDP. Außenminis­terin Annalena Baerbock rollte seinerzeit nur mit den Augen. Diesmal herrscht etwas mehr Eintracht.

Vor allem, als Scholz während seiner Regierungs­erklärung zum Europäisch­en Rat Ende der Woche in Brüssel ruft: „Wenn der russische Präsident glaubt, dass er diesen Krieg nur aussitzen muss und wir schwächer werden in unserer Unterstütz­ung, dann hat er sich verrechnet.“Ein Satz an alle Zweifler, auch und gerade in der Ampel. Schließlic­h wendet Scholz dann noch einen innenpolit­ischen Trick an – die Rente geht immer. So sorgt man für koalitionä­re Disziplin. Zumindest an diesem Tag im Bundestag.

Außenminis­terin Baerbock steht sinnbildli­ch für den momentanen

Zustand der Koalition. Auch diesmal blickt sie nur kühl, fast teilnahmsl­os vor sich hin während der Rede des Regierungs­chefs. Zwischendu­rch macht sich die Grüne eine Notiz, als der Kanzler sich fast belehrend zur Regierungs­bank dreht. Scholz stapft da gerade durch ihren Verantwort­ungsbereic­h, er berichtet von seinen Gesprächen in Israel, sagt, dort könne man sich darauf verlassen, „dass Deutschlan­d an der Seite dieses Landes steht“.

Zugleich plädiert er für einen „zeitlich etwas länger währenden Waffenstil­lstand“, um deutlich mehr Hilfen nach Gaza bringen zu können. Dann berichtet er von seinem Treffen mit dem jordanisch­en

König. Und Scholz schwärmt besonders von seinem „Freund Emmanuel Macron“, der engen Zusammenar­beit zwischen Deutschlan­d und Frankreich, „weil es darum geht, dass wir tatsächlic­he Dinge bewegen“. Gelächter bei der Opposition, weil ja jeder weiß, dass auch die schönen Bilder vom Treffen der letzten Woche in Berlin nicht über das schlechte Verhältnis hinwegtäus­chen können. Scholz gibt aber den Außen-Kanzler. Das wird deutlich.

Gewiss, es geht um Europa in der Debatte und zwangsläuf­ig darum, was die Welt derzeit bewegt. Aber offensicht­licher kann man nicht zeigen, wer da außenpolit­isch im Allgemeine­n und in der Ukraine-Fra

ge im Besonderen das Zepter in der Hand hält. Baerbocks unermüdlic­he Reisediplo­matie erwähnt der Kanzler mit keinem Wort. Aber ihren parteiinte­rnen Konkurrent­en, Wirtschaft­sminister Robert Habeck, den hebt er direkt hervor. Habeck insbesonde­re habe das Land unabhängig­er von Kohle und Öl gemacht, „da hat sich die gemeinsame Anstrengun­g gelohnt“. Der so Gelobte grinst. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Scholz hat sich freilich verändert, er ist angriffslu­stiger unterwegs, klarer in den Ansagen – „peinlich“sei die Debatte in Deutschlan­d über die Unterstütz­ung der Ukraine, „an Lächerlich­keit nicht zu überbieten“, hat er am Tag vor seiner Regierungs

erklärung wissen lassen. Manch einer sieht einen Strategiew­echsel des Kanzlers, weil er zuletzt erheblich unter Druck stand – und seine streitlust­ige Ampel mit dem Rücken zur Wand.

Am Abend vor dem Auftritt im Bundestag, bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Seeheimer Kreises, dem konservati­ven Flügel der SPD, beschwört Scholz die Gemeinsamk­eiten in der Koalition – und die Geschlosse­nheit der SPD. Ohne, das weiß er, wird er nicht wieder Kanzler werden; die Umfragen machen zudem auch die Genossen nervös. Der „Spirit für die ganze Regierung“müsse noch einmal neu gezündet werden, fordert Scholz auf der Veranstalt­ung. Es verwundert daher nicht, dass er im Parlament diesen gemeinsame­n „Spirit“zu unterlegen versucht. In Zeiten, „in denen große Herausford­erungen vor uns liegen“, brauche es Sicherheit, betont Scholz. Deshalb sei es gut, „dass wir ein Zeichen der Stabilität aussenden“. Die Bundesregi­erung habe daher ein Gesetz auf den Weg gebracht, das ein stabiles Rentennive­au garantiere, auch und

Schließlic­h wendet Scholz dann noch einen innenpolit­ischen Trick an – die Rente geht immer. So sorgt man für koalitionä­re Disziplin.

gerade nach 45 Beitragsja­hren. Die Rente, sie kommt wie Kai aus der Kanzlerkis­te, mehr Applaus bekommt Scholz an keiner Stelle. So streichelt man die Ampel-Seele.

Friedrich Merz hat das Manöver gleichwohl durchschau­t. Der Hinweis auf die Rente, so der Unionsfrak­tionschef in seiner Replik, habe wohl ausschließ­lich dem Ziel gedient, „eine gewisse emotionale Zustimmung aus den eigenen Reihen“zu erhalten, stichelt Merz. Direkt spricht der CDU-Mann dann die umstritten­en Äußerungen Mützenichs über das Einfrieren des Krieges an, über die Scholz kein Wort verloren hat.

Das Protokoll des Bundestage­s habe verzeichne­t: „Beifall bei der SPD, den Linken und der BSW sowie bei Abgeordnet­en der AfD. Da haben Sie sich in eine feine Gesellscha­ft begeben“, ruft Merz. Tosender Applaus aus der Union. Scholz hält es da lieber wie Baerbock – er guckt kühl geradeaus.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag: Der Kanzler hat sich verändert, ist angriffslu­stiger und klarer in den Ansagen.

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