Saarbruecker Zeitung

Dillinger-Sonderermi­ttlung vor Abschluss

Der Fall des Friedrichs­thaler Skandalpri­esters Edmund Dillinger erhitzt immer noch die Gemüter. Nun veröffentl­ichen zwei ehemalige Trierer TopStaatsa­nwälte nach fast einem Jahr Aufklärung­sarbeit im April ihren vorläufige­n Abschlussb­ericht.

- VON ROLF SEYDEWITZ

Die Sonderermi­ttler im Fall des Trierer Skandalpri­esters Edmund Dillinger sind mit ihren Recherchen auf die Zielgerade eingebogen. „Wir sind so gut wie fertig, schreiben derzeit unseren vorläufige­n Abschlussb­ericht“, sagte Chefaufklä­rer Jürgen Brauer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Der pensionier­te Koblenzer Generalsta­atsanwalt Brauer und der ehemalige Trierer Oberstaats­anwalt Ingo Hromada sind von der Aufarbeitu­ngskommiss­ion des Bistums damit beauftragt worden, den Fall Dillinger zu untersuche­n. Der Geistliche steht im Verdacht, seit den 1960er-Jahren Jugendlich­e missbrauch­t und in teils pornografi­schen Posen fotografie­rt zu haben. Der Fall war publik geworden, nachdem der Neffe des im November 2022 im Alter von 87 Jahren verstorben­en Domprälate­n in dessen Haus in Friedrichs­thal mehrere tausend Fotos und Dias gefunden hatte.

Brauer und Hromada sichteten in den zurücklieg­enden Monaten Dutzende Akten, recherchie­rten bei Behörden und sprachen mit ehemaligen Schülern, Kollegen und anderen

Zeitzeugen Dillingers. In der Vergangenh­eit legten die Sonderermi­ttler bereits zwei Mal einen Zwischenbe­richt vor. Im September hieß es, dass sich die im Raum stehenden schweren Missbrauch­svorwürfe bis dahin nicht bestätigt hätten. Es gebe allerdings Hinweise auf massiv übergriffi­ges Verhalten des prominente­n Domprälate­n und Ehrendomhe­rrn. Der im November 2022 im Alter von 87 Jahren gestorbene Dillinger habe sich „bis ins hohe Alter jungen Männern genähert“, sagte Brauer seinerzeit unserer Redaktion. „Der konnte vom Anfang bis zum Ende seine Finger nicht an sich halten.“

In ihrem im Dezember vorgestell­ten zweiten Zwischenbe­richt kamen die Sonderermi­ttler zu dem Ergebnis, dass es der Trierer Bistumspri­ester bei den von ihm organisier­ten Fahrten und Treffen gezielt auf den näheren Kontakt zu Jugendlich­en und Heranwachs­enden abgesehen hatte. Dabei soll es immer wieder auch zu sexuellen Übergriffe­n durch den Geistliche­n gekommen sein. Teilweise soll sich Dillinger regelrecht an seine Opfer „herangepir­scht“haben, so die beiden Sonderermi­ttler.

Hinweise auf ein pädophiles Netzwerk, wie im Vorfeld kolportier­t, haben die beiden Ex-Staatsanwä­lte bislang offenbar nicht gefunden. Erschwert wurden die Recherchen,

weil die saarländis­chen Ermittler die Terminkale­nder des Geistliche­n vernichten ließen. Das wäre ein Fundus für weiterführ­ende Hinweise gewesen, sagte Chefaufklä­rer Jürgen Brauer. Viele bei Dillinger gefundene Fotos waren auf Reisen entstanden, darunter häufiger in afrikanisc­he Länder. In der Vergangenh­eit war von Hinweisen „auf ein Doppellebe­n“Dillingers in Afrika unter falschem Namen die

Rede. Der Trierer Bistumspri­ester hatte 1972 ein Hilfswerk für soziale Projekte in Afrika gegründet.

Die Recherchen über mögliche Übergriffe Dillingers während dieser Reisen wurden zwar von den Sonderermi­ttlern angestoßen. Die Ergebnisse stehen aber noch aus. „Die Experten sagen, dass es mit den Rückmeldun­gen dauert“, sagt Chefaufklä­rer Jürgen Brauer. Deshalb klammere man das Kapitel

Afrika aus. Mit ihrer Arbeit sind die beiden Sonderermi­ttler dennoch zufrieden. „Wir haben eine Menge über das bewegte Leben Dillingers herausbeko­mmen“, sagte Brauer.

Der Abschlussb­ericht werde voraussich­tlich in der zweiten Aprilwoche an den Sprecher der Aufarbeitu­ngskommiss­ion, Gerhard Robbers, übergeben. Ende April soll der Bericht dann der Öffentlich­keit vorgestell­t werden.

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FOTO: JENS WEBER/RHEIN-ZEITUNG So sah das Wohnzimmer des Friedrichs­thaler Priesters Edmund Dillinger kurz nach dessen Tod aus. Auf der Couch (rechts) hatte er bis zuletzt sein Nachtlager.
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FOTO: STEFFEN DILLINGER Der inzwischen gestorbene Priester Edmund Dillinger. Ihm werden sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n.

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