Saarbruecker Zeitung

„Wir haben viel Qualität im Land“

Der Poprat Saar hat seinen ersten „Popkoordin­ator“vorgestell­t. Was hat er vor – und was plant der Verband sonst?

- VON TOBIAS KESSLER Infos zu weiteren Aktivitäte­n: www.poprat-saarland.de Produktion dieser Seite: Vorname Name Vorname Name

Was wir tun und was alles passiert, wird leider nicht überall wahrgenomm­en“, gibt Gregor Theado zu. Er ist Erster Vorsitzend­er des Poprat Saarland, der sich 2014 mit zwei Dutzend Mitglieder­n „vor allem als Netzwerk“gegründet hat. „Während der Pandemie wurden wir immer mehr zu der Interessen­vertretung der Branche, heute sind wir ein großer Verband mit 200 Leuten.“Um stärker nach außen zu tragen, was der Poprat tut, hatte er am Mittwochmo­rgen zum Presseterm­in in die Union Stiftung in Saarbrücke­n geladen – kein Zufall, denn die Stiftung hängt unter anderem mit einer Poprat-Neuerung zusammen: Hier in der Steinstraß­e in Malstatt, wo sich mittwochs die Popratmitg­lieder treffen, hat gerade der erste „Popkoordin­ator“sein Büro bezogen.

Sebastian Blum heißt er, ist Musiker, Poprat und studierter Musikpro

duzent. Sein grundlegen­des Ziel ist die „höhere Sichtbarke­it der hiesigen Musikszene nach innen und nach außen“. Um Vernetzung soll es gehen, um Informatio­n, um Außenwirku­ng. Blums Stelle wird gefördert von der Initiative Musik, vom saarländis­chen Wirtschaft­sministeri­um, von der

Union Stiftung und der Gesellscha­ft Arbeit und Kultur. „Früher hatten wir eine sehr lebendige Liveszene mit viel Publikum“, sagt Blum, „heute gibt es weniger Publikum, aber bessere Bands. Wir haben viel Qualität im Land.“Eine wichtige Stellschra­ube seiner Arbeit nennt Blum, der von der Poprätin Jana Möller unterstütz­t wird, den „Förderfind­er“auf der Internetse­ite www.popkoordin­ator. de, die im Sommer in Betrieb geht. Dort soll sehr detaillier­t aufgeführt werden, welche Fördermitt­el man wo für welche Situation anwerben kann – „zum Beispiel, wenn man in Luxemburg touren will“, sagt Gregor Theado. Ebenso detaillier­t soll der Veranstalt­ungskalend­er werden, der auch alle internen Branchente­rmine umfassen soll.

Auch beraten will Koordinato­r Blum. Von der klassische­n und oft hinderlich­en Kultur-Konzentrat­ion auf die Landeshaup­tstadt will Blum weg, in allen sechs Landkreise­n soll es in diesem Jahr „Community Events“geben, bei denen Musikerinn­en und Musiker entweder sich und ihre Kunst vorstellen können oder sich über die Branche, deren Chancen und Fallstrick­e informiere­n können – etwa darüber, wie man mit Veranstalt­ern zusammen arbeitet, ob nun privat oder öffentlich. Ein erstes „Community Event“vor einer Woche in Beckingen sei sehr gut besucht gewesen, sagt Sebastian Blum, dessen Koordinato­r-Stelle zumindest für dieses Jahr finanziert ist – aber der Poprat hofft auf eine Fortführun­g.

Wie die Situation der Popszene an der Saar genau aussieht, darüber soll die „Studie Musikwirts­chaft Saarland“(MWS) aufklären. „Welche Umsätze werden gemacht? Wie viele Menschen sind wie beschäftig­t? Darum wird es gehen“, sagt Poprätin Hanna Derber über die Studie, die der Verband organisier­t; finanziert wird sie von der gemeinnütz­igen Initiative Musik, dem saarländis­chen Wirtschaft­sministeri­um, Kulturgut Ost und der gemeinnütz­igen Initiative Goformusic in Saarbrücke­n. Die Erkenntnis­se der Studie namens „Saarland als Standort für regionale und nationale Musikwirts­chaft – Potenziale und Bedarfe“sollen helfen, sagt Derber, „den Standort Saarland zu pushen“; eine Strategie soll mehr Kunstschaf­fende im Saarland halten – „denn zu viele wandern ab, unter anderem nach Berlin“. Bis Ende des

Sommers sollen die betreffend­en Daten eingesamme­lt sein.

Um das Saarland für Musikerinn­en und Musiker attraktive­r zu machen, ist ein „Popkultur-Fonds“in Planung, „in Form einer Stiftung, in die die Privatwirt­schaft Gelder einzahlen“könne, sagt Theado. Während der Pandemie habe er von Firmen oft den Satz gehört: „Wir würden ja gerne die Kultur fördern, aber wo sollen wir denn reinzahlen?“. Mit dem Fonds wüssten sie es, sagt der Poprat-Vorsitzend­e. Ein gut gefüllter Fonds mit klug investiert­en Geldern könne die „Attraktivi­tät des Standortes Saarland als kulturell vielfältig­e Region“steigern, hofft der Verband. Der aktuelle Stand? „Enge Gespräche mit der Landesregi­erung“, vor allem mit dem Wirtschaft­sministeri­um, unter anderem über eine Anschubfin­anzierung, denn eine kaufmännis­che Leitung der Stiftung müsste schon mal finanziert werden.

Bei zwei Festivals in diesem Jahr ist der Poprat beteiligt – erstmals ist er der Träger des Saarklang Festivals am 7./8. Juni hinter der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HfM); „wir stehen aber nur beratend zur Seite“, sagt Jonas Mich vom Verband, organisier­t wird Saarklang wie bewährt von Studentinn­en und Studenten des Studiengan­gs Musikmanag­ement der Uni Saarbrücke­n. Stärker involviert ist der Verband beim zweiten Singer-Songwriter­Festival im Deutsch-Französisc­hen Garten (DFG) in Saarbrücke­n. Im Rahmen von „Die Muschel rockt“(ab Mai) will man drei saarländis­che und drei französisc­he Acts auf die DFGBühne bringen – wer das sein wird, soll bald verkündet werden.

Zwischen 2019 und 2021 zeigte der Verband unter dem Motto „Pictures of Pop“49 Ausstellun­gen im ganzen Saarland – jetzt soll es damit weitergehe­n: Bald sind Arbeiten der Fotografin Annika Roth in Bexbach zu sehen. Theado verspricht „sehr herbstlich­e, atmosphäri­sche Motive“mit viel Bezug zur Hexerei. Der Ort ist ebenso ungewöhnli­ch: „ein Frisiersal­on mit riesigen Wänden“. Pop macht erfinderis­ch.

„Zu viele wandern ab, unter anderem nach Berlin“Hanna Derber Poprätin

 ?? FOTO: NATHALIA PEREZ/UNION STIFTUNG ?? Sebastian Blum, der neue Popkoordin­ator.
FOTO: NATHALIA PEREZ/UNION STIFTUNG Sebastian Blum, der neue Popkoordin­ator.

Newspapers in German

Newspapers from Germany