„Wir haben viel Qualität im Land“
Der Poprat Saar hat seinen ersten „Popkoordinator“vorgestellt. Was hat er vor – und was plant der Verband sonst?
Was wir tun und was alles passiert, wird leider nicht überall wahrgenommen“, gibt Gregor Theado zu. Er ist Erster Vorsitzender des Poprat Saarland, der sich 2014 mit zwei Dutzend Mitgliedern „vor allem als Netzwerk“gegründet hat. „Während der Pandemie wurden wir immer mehr zu der Interessenvertretung der Branche, heute sind wir ein großer Verband mit 200 Leuten.“Um stärker nach außen zu tragen, was der Poprat tut, hatte er am Mittwochmorgen zum Pressetermin in die Union Stiftung in Saarbrücken geladen – kein Zufall, denn die Stiftung hängt unter anderem mit einer Poprat-Neuerung zusammen: Hier in der Steinstraße in Malstatt, wo sich mittwochs die Popratmitglieder treffen, hat gerade der erste „Popkoordinator“sein Büro bezogen.
Sebastian Blum heißt er, ist Musiker, Poprat und studierter Musikpro
duzent. Sein grundlegendes Ziel ist die „höhere Sichtbarkeit der hiesigen Musikszene nach innen und nach außen“. Um Vernetzung soll es gehen, um Information, um Außenwirkung. Blums Stelle wird gefördert von der Initiative Musik, vom saarländischen Wirtschaftsministerium, von der
Union Stiftung und der Gesellschaft Arbeit und Kultur. „Früher hatten wir eine sehr lebendige Liveszene mit viel Publikum“, sagt Blum, „heute gibt es weniger Publikum, aber bessere Bands. Wir haben viel Qualität im Land.“Eine wichtige Stellschraube seiner Arbeit nennt Blum, der von der Poprätin Jana Möller unterstützt wird, den „Förderfinder“auf der Internetseite www.popkoordinator. de, die im Sommer in Betrieb geht. Dort soll sehr detailliert aufgeführt werden, welche Fördermittel man wo für welche Situation anwerben kann – „zum Beispiel, wenn man in Luxemburg touren will“, sagt Gregor Theado. Ebenso detailliert soll der Veranstaltungskalender werden, der auch alle internen Branchentermine umfassen soll.
Auch beraten will Koordinator Blum. Von der klassischen und oft hinderlichen Kultur-Konzentration auf die Landeshauptstadt will Blum weg, in allen sechs Landkreisen soll es in diesem Jahr „Community Events“geben, bei denen Musikerinnen und Musiker entweder sich und ihre Kunst vorstellen können oder sich über die Branche, deren Chancen und Fallstricke informieren können – etwa darüber, wie man mit Veranstaltern zusammen arbeitet, ob nun privat oder öffentlich. Ein erstes „Community Event“vor einer Woche in Beckingen sei sehr gut besucht gewesen, sagt Sebastian Blum, dessen Koordinator-Stelle zumindest für dieses Jahr finanziert ist – aber der Poprat hofft auf eine Fortführung.
Wie die Situation der Popszene an der Saar genau aussieht, darüber soll die „Studie Musikwirtschaft Saarland“(MWS) aufklären. „Welche Umsätze werden gemacht? Wie viele Menschen sind wie beschäftigt? Darum wird es gehen“, sagt Poprätin Hanna Derber über die Studie, die der Verband organisiert; finanziert wird sie von der gemeinnützigen Initiative Musik, dem saarländischen Wirtschaftsministerium, Kulturgut Ost und der gemeinnützigen Initiative Goformusic in Saarbrücken. Die Erkenntnisse der Studie namens „Saarland als Standort für regionale und nationale Musikwirtschaft – Potenziale und Bedarfe“sollen helfen, sagt Derber, „den Standort Saarland zu pushen“; eine Strategie soll mehr Kunstschaffende im Saarland halten – „denn zu viele wandern ab, unter anderem nach Berlin“. Bis Ende des
Sommers sollen die betreffenden Daten eingesammelt sein.
Um das Saarland für Musikerinnen und Musiker attraktiver zu machen, ist ein „Popkultur-Fonds“in Planung, „in Form einer Stiftung, in die die Privatwirtschaft Gelder einzahlen“könne, sagt Theado. Während der Pandemie habe er von Firmen oft den Satz gehört: „Wir würden ja gerne die Kultur fördern, aber wo sollen wir denn reinzahlen?“. Mit dem Fonds wüssten sie es, sagt der Poprat-Vorsitzende. Ein gut gefüllter Fonds mit klug investierten Geldern könne die „Attraktivität des Standortes Saarland als kulturell vielfältige Region“steigern, hofft der Verband. Der aktuelle Stand? „Enge Gespräche mit der Landesregierung“, vor allem mit dem Wirtschaftsministerium, unter anderem über eine Anschubfinanzierung, denn eine kaufmännische Leitung der Stiftung müsste schon mal finanziert werden.
Bei zwei Festivals in diesem Jahr ist der Poprat beteiligt – erstmals ist er der Träger des Saarklang Festivals am 7./8. Juni hinter der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HfM); „wir stehen aber nur beratend zur Seite“, sagt Jonas Mich vom Verband, organisiert wird Saarklang wie bewährt von Studentinnen und Studenten des Studiengangs Musikmanagement der Uni Saarbrücken. Stärker involviert ist der Verband beim zweiten Singer-SongwriterFestival im Deutsch-Französischen Garten (DFG) in Saarbrücken. Im Rahmen von „Die Muschel rockt“(ab Mai) will man drei saarländische und drei französische Acts auf die DFGBühne bringen – wer das sein wird, soll bald verkündet werden.
Zwischen 2019 und 2021 zeigte der Verband unter dem Motto „Pictures of Pop“49 Ausstellungen im ganzen Saarland – jetzt soll es damit weitergehen: Bald sind Arbeiten der Fotografin Annika Roth in Bexbach zu sehen. Theado verspricht „sehr herbstliche, atmosphärische Motive“mit viel Bezug zur Hexerei. Der Ort ist ebenso ungewöhnlich: „ein Frisiersalon mit riesigen Wänden“. Pop macht erfinderisch.
„Zu viele wandern ab, unter anderem nach Berlin“Hanna Derber Poprätin