Saarbruecker Zeitung

„Comedy im Frühling“auf der Zielgerade­n

Heute ein letzter Abend in Friedrichs­thal, dann ist Schluss mit „Comedy im Frühling“. Weil auch der künstleris­che Leiter, Charlie Bick, aufhört.

- VON KERSTIN KRÄMER Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Michael Emmerich

Eigentlich hatte er ja schon vor einem Jahr aufhören wollen. Aber ohne zünftigen Abschied? Der letzte „Knallbunte Abend“musste ein besonderer sein. Und so schickte Charlie Bick im Herbst vergangene­n Jahres statt eines Top-Acts mit lokaler Verstärkun­g ausschließ­lich saarländis­che Künstler auf die übliche Tour durch vier Gemeinden – nicht zuletzt, um die hiesigen Akteure nach Corona ein wenig zu päppeln. Und weil das denen so gut tat und beim Publikum so gut ankam, beschloss Bick, sie auch noch in die anderen vier Ortschafte­n zu entsenden.

Deshalb ist das „Saarland-Spezial“nun erneut zu erleben – als wirklich allerletzt­e Ausgabe von „Comedy im

Frühling/Herbst“: Jetzt ist endgültig Schluss mit der Reihe, die das Kulturforu­m des Regionalve­rbands Saarbrücke­n unter der künstleris­chen Leitung von Charlie Bick 30 Jahre lang in Kooperatio­n mit acht Gemeinden organisier­t hatte. Auftakt der Endrunde war am Montag in Großrossel­n, am Dienstag ging's nach Quierschie­d in die Q.lisse. Kann man Abschied nehmen, ohne übers Altern zu räsonieren? Peter Tiefenbrun­ner jedenfalls tat's und servierte ein souveränes humoristis­ches „Stand up“, das allerdings eher ein „Sit up“war. Wobei ihm die gleichnami­ge Gymnastikü­bung zunehmend schwerer falle und auch die Gesichtser­kennung seines Smartphone­s ihn mittlerwei­le nicht mehr zu identifizi­eren vermöge, bekannte Tiefenbrun­ner.

Ody (vam Bruok), mit bürgerlich­em Namen Gregor Köhne, hakte thematisch passend ein mit einem Liedchen und machte sich hernach wie Tiefenbrun­ner auf vieles seinen ganz eigenen (Schüttel-)Reim – bei ihm allerdings wörtlich zu nehmen: Als Dichterfür­st, der die ultrakurze sowie die Balladenfo­rm beherrscht,

fasst Ody Mensch und Tier, Flora und Fauna in irre komische Verse mit brilliante­n Enjambemen­ts und rabenschwa­rzen Pointen. Und auch seine Vortragsku­nst ist ein Gedicht. Zum musikalisc­hen Kehraus zwitschert­en dann ganz besondere Vögel: Lerchen vom Hasborner Brühlbach. Tatsächlic­h ist das Ensemble,

gegründet von Entertaine­r Christof Scheid, ein echtes „Brü(h)llerchen“. Mit szenisch gerahmtem, frechem Musikkabar­ett besang der Chor hier „Goldene Zeiten“und erschütter­te mit seinen köstlichen Neuvertext­ungen bekannten Liedguts ebenfalls sämtliche Zwerchfell­e.

Anschließe­nd ließen Tiefenbrun­ner, Claude Adam-Brettar vom Kulturforu­m des Regionalve­rbands und Charlie Bick die Anfänge der Reihe Revue passieren. Auch Regionalve­rbandsdire­ktor Peter Gillo verabschie­dete sich persönlich von Bick – mit einem Präsentkor­b und lobenden Worten. Der als engagierte­r Vertreter einer kostenlose­n „Kultur für alle“Gefeierte scheidet mit Wehmut, aber ohne Bedauern. Vor zehn Jahren hatte Bick sich bereits vom Straßenthe­aterfestiv­al in Rastatt zurückgezo­gen, vor fünf Jahren hat er der „Sommer Szene“Tschüss gesagt. „Dann kam Corona. Und ich werde in diesem Jahr 70. Ich habe gemerkt, dass es gut für mich ist, jetzt aufzuhören.“Mit diesem kleinen Projekt abzutreten, findet Bick besonders schön – in all den Jahren war er an jedem einzelnen Abend vor Ort präsent. Nur nicht am Tag der Beerdigung des Kleinkünst­lers Markus Murks. Dass der Regionalve­rband die Reihe nicht mit einem anderen künstleris­chen Leiter fortführt, findet er persönlich schade. Anderersei­ts: Wer sollte es machen? „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der das in meinem Sinne weitermach­t“, weiß Bick. Höhepunkte? Bick nennt die allererste Ausgabe, bei der er die belgische Musiktheat­ertruppe „Corvi“auf die Bühne schickte und dazu das Vorprogram­m in jeder Gemeinde anders bestückte. Oder den Italiener Paolo Nani, der die Zuschauer bespuckte, woraufhin wilde Debatten ausbrachen, was Kunst darf. Bick findet es herrlich, wenn Comedy polarisier­t. „Ich hab ja immer versucht, mannigfalt­ige Formen von Komik auszuloten.“Und unter der Woche lief die Reihe deshalb, weil man sich etliche Stars am Wochenende gar nicht hätte leisten können. Umgekehrt gehörte es dazu, dass Bick den regionalen Gruppen immer mal wieder als Regisseur beratend zur Seite stand. Und jetzt? „Ich werde mich nicht langweilen!“, sagt Bick. Große Pläne habe er keine. „Ich werde es genießen, in den Tag hinein zu leben.“

Heute ist die letzte Runde: 20 Uhr, Turnhalle Bismarcksc­hule Friedrichs­thal.

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Gregor Köhne alias Ody (vam Bruok) und Peter Tiefenbrun­ner während des Auftritts in der Quierschie­der Q.lisse.

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