Erneute Verletzung stoppt Neuers Comeback
Der Weltmeister von 2014 soll nach Plänen von Bundestrainer Julian Nagelsmann bei der Heim-EM wieder das Tor hüten. Vorerst fällt er jedoch aus.
(sid) Manuel Neuer ließ enttäuscht den Kopf hängen, das Foto aus dem Training der Nationalmannschaft sprach Bände. Gerade erst wieder zur neuen, alten Nummer eins im deutschen Tor erhoben, muss der langjährige Kapitän schon wieder passen: Neuer hat am Mittwoch einen Muskelfaserriss im linken Adduktor erlitten und ist aus dem Team-Camp in Frankfurt abgereist.
„Er fällt aus für die beiden Länderspiele. Vielleicht auch noch für das Bayern-Spiel gegen Dortmund in der Liga. Aber das ist nicht meine Baustelle“, sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann am Mittwoch auf einer Fan-Pressekonferenz. Neuers Aus nannte er „ärgerlich, weil er einen sehr guten Eindruck gemacht hat“. Glücklicherweise sei der „ewige“Stellvertreter Marc-André ter Stegen aber „auch ein Weltklasse-Keeper“, der Neuer glänzend ersetzen werde. Neben Neuer droht zudem der Heidenheimer Jan-Niklas Beste wegen muskulärer Probleme auszufallen.
Der Verband setzte in seiner Mitteilung in den Sozialen Netzwerken neben Neuers Foto Herzen in Schwarz, Rot und Gold. Aus dem Comeback des 2014er-Weltmeisters 15 Monate nach seinem 117. und bislang letzten Länderspiel wird erst einmal nichts. Stattdessen wird im Länderspiel gegen Frankreich am Samstag (21 Uhr/ZDF) in Lyon doch wieder ter Stegen seinen Platz einnehmen. Dabei erschien Neuers
Welt am Morgen noch rosarot. Als frischgebackener Vater des kleinen Luca schwebte er ohnehin auf einer rosa Wolke, dann vereinten sich sein privates und das sportliche Glück vermeintlich perfekt. Der langjährige Stammtorhüter, das war gegen Mittag durchgesickert, sollte nach einer märchenhaften Rückkehr beim FC Bayern auch bei der Heim-EM wieder im Tor stehen. Darauf hatte sich Nagelsmann festgelegt.
Die Entscheidung war eine erwartbare – und dennoch ein schwerer Schlag für ter Stegen. Der Platzhalter, auch schon 31 Jahre alt, hat die Stelle eineinhalb Jahre lang warmgehalten und sollte sich doch wieder mit der Reservistenrolle begnügen. An einem Manuel Neuer in Topform schien auch mit 37 kein Vorbeikommen, das hatte zuletzt erst Thomas Tuchel festgestellt. Ein Comeback wie Neuer nach dessen Beinbruch beim Ski-Bergsteigen schaffe nur „einer von 20 Millionen Spielern“, schwärmte der Bayern-Trainer.
Die Bayern-Lobby hat für ihn kräftig die große Trommel geschlagen, noch am Mittwoch, kurz bevor Nagelsmanns Entscheidung zunächst vom Sportbuzzer gemeldet wurde. „Er ist jetzt zu alter Klasse zurückgekehrt und hat einen ganz großen Vorteil gegenüber ter Stegen, der zweifellos auch ein großartiger Torhüter ist“, sagte Aufsichtsrat KarlHeinz Rummenigge. Für Uli Hoeneß war es eh „gar keine Frage“: Manuel Neuer, Schluss, aus, basta! Und jetzt?
Entscheidet sich Nagelsmann noch einmal um? Neuer könnte nun erst im Juni kurz vor dem Turnier bei den letzten Tests gegen die Ukraine und Griechenland zurückkehren.
Wie schnell er nach Verletzungen zu gewohnter Form finden kann, hat er oft genug bewiesen – am eindrucksvollsten, seit er ab Oktober wieder im Tor des FC Bayern steht. Einstweilen darf nun ter Stegen wieder ran. Der Profi des FC Barcelona bestritt acht der elf Länderspiele in Neuers Abwesenheit. Am Dienstag zeigte sich im öffentlichen Training, über welchen Luxus der deutsche Fußball da verfügt: Bei den Torschussübungen zappelte kaum ein Ball im Netz, beide Torhüter waren gleichermaßen überragend.