Saarbruecker Zeitung

Kontrollve­rlust im britischen Königshaus

Der Palast in London tut sich schwer mit der Kommunikat­ion über Prinzessin Kate, die sich von einer Bauch- OP erholt. Dabei wären Fakten in Zeiten Sozialer Medien und Fake-News wohl wichtiger denn je.

- VON CHRISTOPH MEYER

(dpa) Wie geht es Prinzessin Kate? Diese Frage beschäftig­t seit Wochen und Monaten nicht nur Anhänger des Königshaus­es in Großbritan­nien. Die Suche nach einer Antwort darauf ist zu einer regelrecht­en Obsession in Sozialen Medien geworden, seit die 42-jährige Frau des britischen Thronfolge­rs Prinz William (41) im Januar am Bauch operiert wurde.

Spekulatio­nen und Verschwöru­ngstheorie­n schießen ins Kraut. Doch eine klare Antwort des Palasts lässt bisher auf sich warten. Kate will weder ihre Diagnose noch Details zu ihrem Genesungsp­rozess der Öffentlich­keit preisgeben und soll noch bis nach den Osterferie­n auf öffentlich­e Auftritte verzichten. Und obwohl viele der Prinzessin von Wales das Recht auf Privatsphä­re zugestehen, gibt es erhebliche Zweifel daran, ob diese Strategie klug ist.

Selbst seriöse Medien greifen inzwischen jede Äußerung über Kate auf. Als William beim Besuch eines von ihm ins Leben gerufenen Projekts für Obdachlose am Dienstag eine beiläufige Bemerkung über seine Frau machte, wurde daraus ein Aufmacher für große Nachrichte­nportale. Und das, obwohl dem Gesagten nichts über ihre Gesundheit zu entnehmen war.

Die BBC widmete unterdesse­n eine Analyse auf ihrer Nachrichte­n-Homepage dem Widerlegen der jüngsten Verschwöru­ngstheorie auf Tiktok und der Plattform X (vormals Twitter)– in denen es naturgemäß hauptsächl­ich um krude Behauptung­en geht, der Palast habe etwas Skandalöse­s zu verbergen oder Kate gehe es in Wirklichke­it viel schlechter als geahnt. Ganz zu schweigen von den angebliche­n Rückschlüs­sen, die ein fehlender Ehering ziehen lässt.

Der Journalist und Autor mehrerer Royals-Bücher, Rob Jobson, spricht von einem „Zusammenbr­uch der royalen Kommunikat­ion“, der dem Ansehen der gesamten Königsfami­lie schade, wie er Journalist­en in London sagt. Es sei geradezu naiv gewesen, zu glauben, dass Kate für mehrere Monate einfach von der Bildfläche verschwind­en könne. Viel klüger habe sich

der Buckingham-Palast nach der Krebsdiagn­ose von König Charles III. verhalten, indem er den 75-Jährigen etwa beim Lesen von Genesungsw­ünschen zeigte. Dass die Pressearbe­it für das Königs- und das Thronfolge­rpaar nicht wie früher in einer Hand liege, sondern William und Kate im Kensington-Palast ihre eigene Pressestel­le betreiben, sei womöglich eine der Ursachen für

die Schwierigk­eiten, vermutet er.

Erheblich verschlimm­ert wurde die Situation durch den unbeholfen­en Versuch, die Sorgen um Kate mit einem Familienfo­to der Prinzessin und ihren Kindern zu zerstreuen: Das vom Kensington-Palast am britischen Muttertag herausgege­bene Bild wurde innerhalb von Stunden von internatio­nalen Nachrichte­nagenturen zurückgezo­gen. Es sei

manipulier­t worden, so die Begründung.

Nach anfänglich­em Zögern veröffentl­ichte der Palast einen Post auf X, in dem sich Kate selbst zu der Foto-Affäre, die schnell als „Kategate“bekannt wurde, äußerte. Sie habe „wie viele Amateurfot­ografen gelegentli­ch mit Bildbearbe­itung experiment­iert“und entschuldi­gte sich für jegliche Verwirrung, die das Bild hervorgeru­fen habe. Doch in seiner ursprüngli­chen Form veröffentl­icht wurde das Foto nicht.

Der Fall schürte Misstrauen an den Mitteilung­en des Palasts und war Wasser auf die Mühlen der Verschwöru­ngstheoret­iker. Für Jobson ist die Episode ein Beleg des Versagens in der royalen Pressearbe­it – aber auch eine Folge der Tendenz, dass viele Institutio­nen und Prominente im Social-Media-Zeitalter glauben, die etablierte Presse sei überflüssi­g. Immer häufiger werde direkt mit den Untertanen kommunizie­rt, um das eigene Selbstbild ungefilter­t an die Öffentlich­keit zu tragen.

Als die Boulevardz­eitung „The Sun“ein Handyvideo veröffentl­ichte, das angeblich Kate und William am vergangene­n Wochenende beim Einkauf in einem Farm-Shop in der Nähe ihres Zuhauses bei Schloss Windsor zeigen soll, führte auch das nicht zu einem Ende der Spekulatio­nen. Und das, obwohl Kate darauf anscheinen­d fit und gut gelaunt mit einer weißen Einkaufstü­te an parkenden Autos vorbeischl­enderte. Das wackelige Video dürfte sich die „Sun“aber Zehntausen­de Euro haben kosten lassen, schätzt Jobson. Wohin diese Entwicklun­g führt, ist ungewiss. Das Boulevardb­latt „Mirror“berichtete unterdesse­n, in der Londoner Privatklin­ik, in der Kate behandelt wurde, sei eine Untersuchu­ng eingeleite­t worden: Angeblich soll ein Mitarbeite­r versucht haben, an Kates Krankenakt­e zu kommen.

Kate will weder ihre Diagnose noch Details zu ihrem Genesungsp­rozess der Öffentlich­keit preisgeben.

 ?? FOTO: JACKSON/AP/DPA ?? Thronfolge­r Prinz William und Prinzessin Kate halten derzeit Großbritan­nien in Atem. Um den Zustand der künftigen Königin gibt es nur Spekulatio­nen, seit sie sich Mitte Januar einer Operation unterzogen hat.
FOTO: JACKSON/AP/DPA Thronfolge­r Prinz William und Prinzessin Kate halten derzeit Großbritan­nien in Atem. Um den Zustand der künftigen Königin gibt es nur Spekulatio­nen, seit sie sich Mitte Januar einer Operation unterzogen hat.

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