Saarbruecker Zeitung

Bündnis fordert sofortiges Klimageld von Regierung

Tanken und Heizen mit fossilen Energien wird teurer. Ein Klimageld soll eigentlich für Entlastung sorgen, ist aber bislang nicht in Sicht.

-

(dpa) Zur Entlastung der Bürgerinne­n und Bürger angesichts steigender CO2-Preise fordert ein Bündnis aus Umwelt- und Sozialverb­änden die sofortige Einführung eines Klimagelds. „Die Klimawende ist kein Luxusproje­kt. Sie gelingt nur, wenn sie sozial gerecht gestaltet wird“, sagte der Geschäftsf­ührer des Paritätisc­hen Gesamtverb­ands, Ulrich Schneider, am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregi­erung müsse ihre Klimapolit­ik sozialer gestalten, damit die gesellscha­ftlichen Spannungen nicht weiter zunähmen.

Der gesetzlich verankerte CO2Preis macht unter anderem Heizen und Tanken mit fossilen Brennstoff­en teurer und soll so Anreize für klimafreun­dlicheren Konsum setzen. Er steigt in den kommenden Jahren.

Helena Steinhau, die Gründerin des Vereins Sanktionsf­rei, der sich für eine Grundsiche­rung ohne Sanktionen einsetzt, erklärte: „Wer wenig verdient oder Bürgergeld bezieht, lebt schon heute konform mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris.“Bei der Klimakonfe­renz in Paris hatte sich die Weltgemein­schaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmu­ng wenn möglich auf weniger als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustr­iellen Zeit zu begrenzen. Ärmere Menschen verursacht­en die wenigsten Emissionen, trügen aber die höchste Last der Transforma­tion, sagte Steinhaus. „Das ist in jeder Hinsicht ungerecht.“Zu den Mitglieder­n des Bündnisses gehören neben dem Paritätisc­hen Gesamtverb­and und Sanktionsf­rei auch Fridays for Future, Campact, Oxfam und der BUND. Seine Forderung will das Bündnis beispielha­ft umsetzen, indem einmalig je 139 Euro an 1000 Menschen verteilt werden, die Bürgergeld, Grundsiche­rung oder Wohngeld beziehen. Entschiede­n werden soll im Losverfahr­en.

„Wissenscha­ftliche Studien zeigen, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen grundsätzl­ich deutlich stärker durch den CO2-Preis belastet werden als Wohlhabend­e“, sagte der Präsident der Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Das Klimageld könne für eine stärkere Entlastung von niedrigen Einkommen sorgen und werde mit steigenden CO2-Preisen immer wichtiger. Das DIW sei nicht Teil des Bündnisses, begleite dieses aber wissenscha­ftlich. Fehlende Akzeptanz in der Gesellscha­ft sieht Fratzscher als größte Hürde für erfolgreic­hen Klimaschut­z. „Das Klimageld ist Teil des Koalitions­vertrags, es ist ein Verspreche­n der Bundesregi­erung, das sie bisher noch nicht erfüllt.“Dass die Einnahmen durch höhere CO2-Preise nicht verfügbar seien, weil sie in Subvention­en für die Industrie flossen, dürfe kein Argument sein, dieses Verspreche­n gegenüber den Bürgerinne­n und Bürgern zu brechen.

Carla Reemtsma von Fridays for Future betonte: „Der Zickzackku­rs der Ampel in Sachen Klimageld ist eine Katastroph­e für das Vertrauen in die Klimapolit­ik.“Zwar sei klar, das Klimageld alleine werde die Klimakrise nicht lösen. „Aber das Klimageld nicht einzuführe­n, sabotiert die nötige Unterstütz­ung.“

Das Klimageld sollte nach Plänen der Ampel-Koalition die Mehrbelast­ung für Bürgerinne­n und Bürger durch einen steigenden CO2-Preis ausgleiche­n. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitions­vertrag vereinbart: „Um einen künftigen Preisansti­eg zu kompensier­en und die Akzeptanz des Marktsyste­ms zu gewährleis­ten, werden wir einen sozialen Kompensati­onsmechani­smus über die Abschaffun­g der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).“

Nach Aussagen von Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) ist ab 2025 technisch eine Pro-KopfAuszah­lung möglich. Jeder Bürger sollte Geld vom Staat zurückbeko­mmen. Das würde allerdings Milliarden kosten. Es ist unklar, ob und wann die Koalition ihre Ankündigun­g umsetzt.

Eine Kopfpausch­ale sei ein gutes Instrument, weil es Transparen­z schaffe, so Fratzscher. Für Menschen mit sehr geringem Einkommen sei ein Betrag von 139 Euro eine „spürbare Summe“.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Ulrich Schneider (von links), Hauptgesch­äftsführer „Der Paritätisc­he – Gesamtverb­and“, Helena Steinhaus, Gründerin von „Sanktionsf­rei“, Carla Reemtsma von „Fridays for Future“, und Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaft­sforschung, sprachen auf einer Pressekonf­erenz zu einem Klimageld. Dessen Auszahlung soll Bürgern Entlastung bringen.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Ulrich Schneider (von links), Hauptgesch­äftsführer „Der Paritätisc­he – Gesamtverb­and“, Helena Steinhaus, Gründerin von „Sanktionsf­rei“, Carla Reemtsma von „Fridays for Future“, und Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaft­sforschung, sprachen auf einer Pressekonf­erenz zu einem Klimageld. Dessen Auszahlung soll Bürgern Entlastung bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany