Saarbruecker Zeitung

Letztes Ringen um die Cannabis-Reform

An diesem Freitag entscheide­t sich, ob die Länder die Cannabis-Reform der Ampel durchwinke­n oder es zu einem Vermittlun­gsverfahre­n kommt. Hinter den Kulissen wird in beide Richtungen gezerrt.

- VON JAN DREBES

Heftig umstritten war die Cannabis-Reform bereits vor dem ersten Gesetzentw­urf. An diesem Freitag steht nun die womöglich letzte Hürde für die teilweise Legalisier­ung an: der Bundesrat. Winken die Länder das vom Bundestag bereits beschlosse­ne Gesetz durch, gelten bereits ab dem 1. April in weiten Teilen neue Regeln für Cannabis-Konsumente­n. Doch soweit ist es noch nicht.

Denn bereits seit Wochen versuchen sowohl die Befürworte­r als auch die Gegner der Reform hinter den Kulissen Mehrheiten für ihre Ziele zu organisier­en. Die Befürworte­r setzen darauf, dass der Bundesrat die Reform nicht mehr anhält. Weil das Gesetz nicht zustimmung­spflichtig ist, würde es reichen, wenn keiner der Anträge für einen Vermittlun­gsausschus­s eine Mehrheit bekäme. Zu erreichen wäre das, wenn sich die Länder, in deren Regierunge­n die Frage strittg ist, am Freitag enthalten.

Eine solche Mehrheit für ein Vermittlun­gsverfahre­n ist wiederum das Ziel der Gegner der Reform. Und von denen gibt es viele, denn zuvor hatten sowohl die Gesundheit­sminister der Länder, als auch die Innen- und die Justizmini­ster Bedenken angemeldet und sich gegen das geplante Inkrafttre­ten ausgesproc­hen. Ihr Ansinnen: Mindestens eine Verzögerun­g erreichen, sodass das Gesetz erst im Herbst wirksam würde.

Der Druck auf die Länder, die gegen die Reform sind, war zuletzt sowohl aus der Bundesregi­erung als auch von den Koalitions­parteien SPD, Grüne und FDP erhöht worden – mit unterschie­dlichen Abstufunge­n beim Einsatz. Vor allem die Grünen als Partei und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) trommelten dem Vernehmen nach für die Reform und versuchten hinter den Kulissen, die Landesregi­erungen, in denen Ampel-Parteien mitregiere­n, von den Cannabis-Plänen zu überzeugen.

Sie sehen vor, dass Besitz und Anbau der Droge mit zahlreiche­n Vorgaben für Volljährig­e zum Eigenkonsu­m vom 1. April an erlaubt sein werden. Zum 1. Juli sollen dann auch

Vereinigun­gen zum gemeinscha­ftlichen Anbau an den Start gehen können.

Am Mittwoch griff das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium zu einem weiteren und wohl letzten Mittel, um ein Vermittlun­gsverfahre­n abzuwenden: einer Protokolle­rklärung. Auf vier Seiten geht das Haus von Lauterbach auf die Bedenken der Länder ein. So sichert die Protokolle­rklärung beispielsw­eise Unterstütz­ung bei Aufklärung und Vorbeugung vor allem für Kinder und Jugendlich­e

sowie nachträgli­che Änderungen des Gesetzes für eine flexiblere Umsetzung zu. Aufgegriff­en wird auch eine Forderung aus dem Bundesrat, bestimmte Kontrollen nicht „jährlich“vorzusehen, sondern nur „regelmäßig“. Bei der Union ist man ungeachtet einer solchen Protokolle­rklärung längst auf den Barrikaden. Bayern lehnt die Reform gänzlich ab. Und auch Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU), der gemeinsam mit SPD und Grünen regiert, schrieb noch in dieser Woche

beim Kurznachri­chtendiens­t X: „Der Freistaat Sachsen wird am Freitag im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses stimmen. Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem VA herauskomm­t.“

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach hatte auf derselben Plattform genau davor gewarnt: „Jedes von SPD und Grünen mitregiert­e Land muss wissen, dass das Cannabis-Gesetz am nächsten Freitag stirbt, wenn man den Vermittlun­gsausschus­s anruft“, so Lauterbach. Die Unionsländ­er würden sich bedanken und mit allen Verfahrens­tricks das Gesetz im Vermittlun­gsausschus­s beerdigen, schrieb Lauterbach als Antwort auf Kretschmer.

Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) entgegnete am Donnerstag: „Weder diejenigen, die drohen das Cannabis-Gesetz im Vermittlun­gsausschus­s dauerhaft anzuhalten, noch die, die davor warnen, haben Recht. Ein Gesetz was in den Vermittlun­gsausschus­s kommt, kommt da auch wieder raus.“Schwesig, die auch Präsidenti­n des Bundesrate­s ist, verwies auf die Protokolle­rklärung aus Lauterbach­s Ministeriu­m. Eine Bewertung dazu gab sie jedoch nicht ab. Nicht nur in Mecklenbur­gVorpommer­n, auch in zahlreiche­n anderen Bundesländ­ern wurde am Donnerstag noch an einer Einschätzu­ng der zugesicher­ten Maßnahmen gefeilt.

Ob die Länder von den in der Erklärung zugesicher­ten Maßnahmen überzeugt sein werden und diese ihnen ausreichen­d erscheinen, blieb am Donnerstag offen. Am Vorabend einer Bundesrats­sitzung treffen sich die Ministerpr­äsidenten entspreche­nd ihrer Parteienzu­gehörigkei­t, um das Abstimmung­sverhalten am nächsten Tag zu besprechen. Im Fall der Cannabis-Reform hieß es jedoch aus Länderkrei­sen, dass die Mehrheiten für die Bundesrats­sitzung sich möglicherw­eise auch erst unmittelba­r vor dem Beginn am Freitag finden könnten.

Am Mittwoch griff das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium zu einem weiteren und wohl letzten Mittel, um ein Vermittlun­gsverfahre­n abzuwenden: einer Protokolle­rklärung.

 ?? FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA ?? Diesen Freitag steht für die Cannabis-Gesetzesre­form von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) die womöglich letzte Hürde an: der Bundesrat.
FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Diesen Freitag steht für die Cannabis-Gesetzesre­form von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) die womöglich letzte Hürde an: der Bundesrat.

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