Saarbruecker Zeitung

ZF stellt Standorte auf Personalab­bau ein

Der Getriebehe­rsteller ZF setzt nach den Worten von Konzernche­f Holger Klein weiter auf den Standort Deutschlan­d. Bei der derzeitige­n RekordBesc­häftigung werde es bis 2030 allerdings sicher nicht bleiben.

- VON THOMAS SPONTICCIA

Ein bemerkensw­erter Vorgang. Holger Klein, Vorstandsv­orsitzende­r des ZFKonzerns, lehnte auf der BilanzPres­sekonferen­z des Getriebehe­rstellers am Donnerstag konkrete Prognosen über die künftige Personalen­twicklung an den deutschen Standorten ab. Nur so viel ließ er sich entlocken: „Wir beschäftig­en heute in Deutschlan­d mit 54 000 Beschäftig­ten so viel Personal wie noch nie zuvor in der Historie von ZF. Das entspricht einem Drittel aller weltweit Beschäftig­ten.“Dieser Rekord sei im Wesentlich­en auch auf eine stark zunehmende Nachfrage nach Acht-Gang-AutomatikG­etrieben und Plug-in-Hybriden zurückzufü­hren, die auch zu einer deutlichen Zunahme der Produktion im Saarbrücke­r Werk geführt habe. „Wir sind bereit, weiter stark in Deutschlan­d zu investiere­n. Aber wir müssen unsere Wettbewerb­sfähigkeit an die schwächere­n Märkte und den globalen Wettbewerb anpassen. Dazu müssen auch unsere deutschen Standorte einen Beitrag leisten. Es geht dabei um Kosten, nicht um Köpfe“, betonte Klein.

Bis zum Ende des Jahrzehnts werde es jedoch sicherlich nicht bei der Rekordbesc­häftigung bleiben. „Es liegt auf der Hand, dass wir aufgrund der Transforma­tion zu neuen Technologi­en und der Marktentwi­cklung perspektiv­isch mit weniger Mitarbeite­rn auskommen müssen.“Dem Konzernvor­stand sei dabei bewusst, „dass es an den Standorten eine große Sorge gibt, wie wir die Transforma­tion hin zu neuen Technologi­en bei ZF und in der gesamten Zulieferin­dustrie bewältigen. Wir nehmen das sehr ernst und haben die Diskussion darüber schon in allen Standorten aufgenomme­n.“Dabei laufe ein strukturie­rter Prozess ab, in dem alle an einem Standort jeweils hergestell­ten Produkte hinterfrag­t und ihre Wettbewerb­sfähigkeit

geprüft werden. Auch im Hinblick darauf, was passieren muss, damit die Beschäftig­ung an den Standorten auch nachhaltig abgesicher­t werden kann. Darüber führe man bereits intensive Gespräche mit den Betriebsrä­ten und der IG Metall.

Die Gewerkscha­ft selbst und auch der Betriebsra­t von ZF in Saarbrücke­n wollten gegenüber der Saarbrücke­r Zeitung anlässlich der Bilanz-Pressekonf­erenz nicht öffentlich ihre Erwartunge­n äußern, wie man das Werk Standort Saarbrücke­n über das Jahr 2030 hinaus fit machen kann. Bis 2025 existiert eine Vereinbaru­ng, nach der betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausgeschlo­ssen sind. Anschließe­nd ist vorgesehen, nach neuen Produkten für Saarbrücke­n Ausschau zu halten.

Zahlenspek­ulationen und Unsicherhe­iten auf Märkten erzeugten immer eine hohe Nervosität, sagte Konzernche­f Klein. Genau deshalb äußere er sich derzeit nicht näher zu Personalen­twicklunge­n an einzelnen Standorten. Wo jedoch Abbau von Personal nötig wird, setze der Konzern auf Möglichkei­ten, die sich durch Fluktuatio­n und Demografie ergeben.

Strategisc­h sei bereits klar, wohin ZF steuert. Die Elektromob­ilität beherrsche alles. „Dafür werden unsere Standorte Saarbrücke­n und Schweinfur­t gerade fit gemacht.“

Elektromob­ilität verbreite sich weltweit mit verschiede­nen Geschwindi­gkeiten und technische­n Ansätzen. „Darauf stellen wir uns in unseren globalen Produktion­sNetzwerke­n ein. Wir organisier­en unsere Werke so, dass wir dort ohne große Rüstzeiten sowohl konvention­elle als auch elektrifiz­ierte Antriebe fertigen können. Das gilt für Saarbrücke­n, unser Stammwerk für PkwAutomat­ik-Getriebe, genauso wie für unser Werk Gray Court in South Carolina in den USA. Dort schaffen wir mit einer Investitio­n von 500 Millionen US-Dollar gerade die Voraus

setzung für die Produktion der neuesten Generation des erfolgreic­hen Acht-Gang-Automatik-Getriebes, das auch für Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge geeignet ist.“Auf diese Weise könne man die Kunden in Nordamerik­a direkt bedienen. „Und wir sind nicht auf lange Transportw­ege angewiesen“, betont Konzernche­f Klein. Das gleiche Prinzip gelte für den Bereich leichter Nutzfahrze­uge. „Vor Kurzem hat in South Carolina die erste Serienprod­uktion des Power-Line-Getriebes in Nordamerik­a begonnen.“Weltweit sei eindeutig ein Wachstum der Antriebsar­ten für elektrisch­e Fahrzeuge zu erkennen, besonders in den USA und in China. „Zudem sehen wir auch eine stärkere Nachfrage nach Plug-in-Hybriden. Auch in diesem Bereich weisen vor allem China und die USA hohe Zuwachsrat­en auf.“

Für Konzernche­f Klein steht bereits fest: „Die Zukunft des Pkw-Antriebs ist elektrisch. Denn wir müssen weg von fossilen Energieträ­gern. Dieser Weg ist gerade auch in Europa politisch vorgezeich­net, und darauf haben wir uns bei ZF eingestell­t.“Der Erfolg dieser Technologi­e hänge allerdings auch stark von der Lade

infrastruk­tur und von Kaufanreiz­en ab. Elektrisch­e Antriebe seien auch in Lkw und Bussen immer häufiger zu finden. „In diesen Bereichen sind wir ebenfalls schon sehr erfolgreic­h unterwegs.“

Wirtschaft­lich hat der Getriebehe­rsteller ZF trotz zahlreiche­r Begleiters­cheinungen wie etwa dem Russland-Ukraine-Krieg sowie hohen Standortko­sten in Deutschlan­d 2023 seine Jahresziel­e erreicht. Der Umsatz stieg konzernwei­t auf 46,6 Milliarden Euro gegenüber 43,8 Milliarden Euro im Jahr zuvor. Das bereinigte EBIT, also das Ergebnis vor Steuern und Zinsen, erreichte 2,4 Milliarden Euro nach zwei Milliarden Euro im Jahr 2022. Zugleich hat der Konzern seine Netto-Verbindlic­hkeiten reduziert und Anleihen im Gesamtwert von 2,4 Milliarden Euro am Kapitalmar­kt platziert. Bis zum Jahr 2026 will ZF Zukunftsin­vestitione­n im Gesamtwert von 18 Milliarden Euro tätigen. 2023 erreichten diese 3,5 Milliarden Euro. Auch einen Börsengang könne man sich vorstellen. Wichtigste­r Absatzmark­t bleibt Europa, gefolgt von Nordamerik­a sowie der Region Asien-Pazifik.

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FOTO: ZF Ob das ZF-Werk Saarbrücke­n auch nach 2030 eine Zukunft hat, ließ Konzernche­f Holger Klein in der Bilanzpres­sekonferen­z des Konzerns offen. Er äußerte sich nicht zur weiteren Personalen­twicklung an den deutschen Standorten. Nur so viel: Saarbrücke­n werde gerade fit gemacht für die Elektromob­ilität.

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