Saarbruecker Zeitung

Fußball-Talente zwischen Herz und Ruhm

Nachwuchs-Stars wie Pavlovic und Uzun müssen die schwere Entscheidu­ng treffen, für welches Land sie spielen möchten.

- VON CHRISTIAN KUNZ UND MIRIAM SCHMIDT

(dpa) Aleksandar Pavlovic erlebte zumindest schon mal das Gefühl von Länderspie­l-Vorfreude. Der Münchner musste sein Debüt bei Bundestrai­ner Julian Nagelsmann wegen einer Mandelentz­ündung vertagen, aber der Weg des auch von Serbien umworbenen Bayern-Lichtblick­s in die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft ist nach der ersten Nominierun­g geebnet.

„Ich finde es legitim, dass der DFB sich um Talente bemüht, die auch für andere Nationen spielen können. Aber ich bin kein Trainer, der Spieler nominiert oder reinredet, für welches Land sie spielen sollen“, sagte Nagelsmann. „Das ist für mich ein sehr persönlich­es Thema, was die Familien angeht, was die Spieler angeht, zu welchem Land sie sich zugehörig fühlen.“

Die sehr persönlich­e Frage, in welcher Nationalma­nnschaft ein Jung-Profi seine Zukunft sieht, spielt in den Multi-Kulti-Teams des Deutschen Fußball-Bundes fast automatisc­h eine Rolle. „Dadurch, dass in Deutschlan­d viele Spieler mit Migrations­hintergrun­d Fußball spielen, gibt es wahrschein­lich viele Fälle“, sagte U21-Nationaltr­ainer Antonio Di Salvo. Im deutschen U21-Aufgebot für die EM-Qualifikat­ionsspiele am Freitag (18 Uhr/ProSieben Maxx) in Chemnitz gegen den Kosovo und vier Tage später in Halle/Saale gegen

Israel stehen zwei Neulinge, deren Zukunft auch in Auswahlman­nschaften anderer Länder liegen könnte. Der Hoffenheim­er Umut Tohumcu (19) wurde offenbar schon von der Türkei umworben, der Nürnberger Jens Castrop (20) wird in Südkorea hochgeschä­tzt.

Dass beide nun ihr U21-Debüt für Deutschlan­d geben könnten, ist ein klares Statement. Ein Nationenwe­chsel ist in diesen Tagen kein Thema. „Wir haben in den letzten Jahren auch viele Spieler sehr frühzeitig eingesetzt, die noch nicht im Kernjahrga­ng waren“, sagte Di Salvo. Es sei wichtig, eine Bindung aufzubauen. In allererste­r Linie zum Spieler selbst – aber auch der Kontakt zu Familie und Beratern kann bedeutsam sein.

Die Bindung alleine reicht nicht. So ist der Berliner Verteidige­r Marton Dardai diesmal nicht dabei. Der 22-Jährige traf eine „absolute Herzensent­scheidung“und freut sich „unglaublic­h, für das Heimatland meiner Eltern aufzulaufe­n“. Mit Ungarn wäre Dardai im Falle einer Nominierun­g bei der EM dabei – und würde dort auf Deutschlan­d treffen. „Wir hatten ein gutes Gespräch Anfang des Jahres“, berichtete Di Salvo. „Ich drücke die Daumen, dass das dann alles so klappt.“

Mal fällt die Entscheidu­ng zu einer Länderspie­lkarriere beim DFB, mal eben auch nicht. „Manchmal ist es auch ein bisschen mehr Kalkül: Wo habe ich größere Chancen auf Einsätze, was ist gut für meine Karriere?“, sagt der frühere U21-Nationaltr­ainer Stefan Kuntz. „Ab einem gewissen Alter bekommen junge Spieler oft bei anderen Nationen die Perspektiv­e, deutlich früher für die A-Nationalma­nnschaft zu spielen.“Weitere Faktoren könnten „Marktwertg­ründe, Herzensgrü­nde oder Überzeugun­gsgründe“sein.

Ein Verbandswe­chsel von Pavlovic (19) nach Serbien ist weiterhin möglich. Aber erst mit einem EM-Einsatz würde sich Pavlovic auf eine Nation festlegen. Gegen den DFB – oder besser gesagt für die Türkei – hat sich das Nürnberger Supertalen­t Can Uzun (18) kürzlich entschiede­n.

„Mein Herz und mein Bauch haben gesagt, dass die Türkei die richtige Wahl für mich ist“, begründete der in Regensburg geborene Offensivsp­ieler.

DFB-Sportdirek­tor Rudi Völler und Sport-Geschäftsf­ührer Andreas Rettig besuchten Uzun, dessen

Club-Zukunft bei Eintracht Frankfurt liegt, vor wenigen Wochen. „Wir hatten tolle Gespräche. Can hat sich wirklich auch schwergeta­n, eine Entscheidu­ng zu treffen“, berichtete Di Salvo. „Er hat sich für die Türkei entschiede­n und das müssen wir akzeptiere­n.“

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FOTO: KUDRYAVTSE­V/AFP Aleksandar Pavlovic hat sich in dieser Saison beim FC Bayern München im Mittelfeld ins Rampenlich­t gespielt. Eine Mandelentz­ündung verhindert­e nun sein Debüt für die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft.
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KARMANN/DPA FOTO: Nürnbergs Jungstar Can Uzun sieht seine Zukunft in der türkischen Nationalma­nnschaft.

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