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» THE END, MY FRIEND « : REBEKKA DAVID ÜBER GESCHICHTEN VOM WELTENDE
Gesa Oetting Es gibt unzählige Lieder, Filme und Gemälde über die Apokalypse – was fasziniert dich an den Erzählungen über das Ende der Welt?
Rebekka David Dass es so viele sind und dass sie schon immer da waren – der Weltuntergang als anthropologische Konstante fasziniert mich. Menschen haben sich schon immer von ihrem eigenen Ende erzählt. Es ist spannend, wie sehr konkrete Ereignisse in der Realität darauf einwirken, welche Art von Dystopie wir uns ausmalen. Und auch andersherum funktioniert diese Wechselwirkung: Wenn wir ein bestimmtes Szenario, von dem wir nie dachten, dass es uns jemals direkt betreffen könnte, oft genug im Kino gesehen haben, und es dann aber wider Erwarten Realität wird (Beispiel: Triage bei COVID 19), beruhen unsere Entscheidungen und Bewertungen auf dem, was wir nur aus der Fiktion kennen – die Fiktion wirkt direkt darauf ein, wie wir uns das Ende der Menschheit vorstellen. Und über alle Fragen, die sich
daraus ergeben, sollten wir unbedingt miteinander ins Gespräch kommen!
GO Warum hat die Menschheit so viel Vergnügen daran, sich ihr Ende auszumalen?
RD Ich glaube, dafür gibt es sehr unterschiedliche Motivationen. Am interessantesten find ich die Auslagerung der eigenen Angst: Ich kann einer Figur dabei zusehen, wie sie sich durch einen zerstörten Planeten kämpft, vor Zombies flieht und den Kometeneinschlag erwartet,
ich kann mitfiebern und leiden, ich kann diese Figur bestimmte Ängste durchleben lassen, die ich selbst unterbewusst habe, aber am Schluss kann ich den Laptop einfach zuklappen. Und dann sitze ich da, auf meiner Couch, und bin sehr froh, dass es bei mir noch nicht so schlimm ist, dass das alles denen da passiert, in dem kleinen Apparat. Und gegen deren Katastrophen sehen unsere realen für den Moment vielleicht etwas weniger dunkel aus.