DFB-Trikot ohne Streifen – schmerzhaft, aber konsequent
Gerd Müller schlitzohrig-wendig 1974 in München, Andi Brehme 1990 eiskalt in Rom, Mario Götze („Mach ihn!“) 2014 explosiv in Rio. Die goldenen Tore der deutschen Fußballgeschichte wurden entweder mit drei Streifen auf den Schuhen erzielt oder diese zierten das Trikot des Schützen.
Bei den magischen Momenten war Adidas immer irgendwie dabei. Und das Tor, das die Erfolgsgeschichte der Nationalmannschaft erst begründete, wäre ohne Treter aus Herzogenaurach wohl nicht gefallen. 1954 war das, und die damals neumodischen Schraubstollen aus der Werkstatt von Adi Dassler gaben der Wundermannschaft von Bern und dem „aus dem Hintergrund“schießenden Helmut Rahn erst den nötigen Halt auf dem verschlammten Rasen von Wankdorf, wo der Regen „unaufhörlich“herniederprasselte, wie es in der legendären Radio-Reportage hieß. Auch wenn das Logo-lose Trikot da noch von einer Firma namens G. & A. Leuze auf Pfullingen kam.
Aus, aus, aus – das Spiel ist aus! Nach über 70 Jahre endet die Verbindung des DFB zu Adidas, dessen drei Streifen seit dem EM-Sieg 1980 auch stets Stilelement der Trikots waren und für viele Fans genau dahin gehörten wie der Adler auf der Brust. Da kann man die empörten Reaktionen bis in die höchste Politik auf die DFB-Entscheidung verstehen. Fußball ist Emotion.
Aber diese beiseite: Adidas und die Nationalmannschaft, das waren lange zwei Markenzeichen Deutschlands, die gut zusammenpassten: Weltspitze, solide, erfolgreich, schnörkellos. Aber der Glanz beim deutschen Fußball ist seit der WM 2018 ab, die Adidas Group eher internationaler Konzern als deutscher Mittelständler. Auch andere Nationalmannschaften tragen keine heimischen Marken. Wirtschaftlich ist die Entscheidung des DFB sowieso nachvollziehbar, vielleicht zwingend. Es ging für den finanziell klammen Verband wohl um rund 50 Millionen Euro mehr oder weniger. Die kommen auch Breitensport und Talentförderung zugute – und damit dem Erfolg der Zukunft. Warum der DFB den scheidenden Partner brüskierte, indem er den mittelfristigen Wechsel zu Nike mitten in die Werbekampagne für die neuen Adidas-EM-Trikots verkündete, bleibt allerdings mehr als rätsel- und amateurhaft.
So oder so symbolisiert dieser Wechsel eine Zeitenwende im deutschen Fußball, ist fast logische Konsequenz der Kommerzialisierung dieses Sports, der mit der Tradition auch seine stillen Reserven mehr und mehr verfrühstückt. Wo aber Retorten-Clubs wie RB Leipzig Traditionsvereine verdrängen, ist der Verzicht auf die drei Streifen ein vergleichbar kleiner Schritt. Da ist der Kampf der Fans gegen Großinvestoren in der Liga essenzieller.
Fremdeln mit dem neuen Logo werden aber viele, vor allem ältere Fans. Die Jungen, die oft Trikots ihrer Lieblings-Stars tragen, egal ob sie für Real Madrid oder einen saudischen Scheich-Club spielen, werden weniger irritiert sein. Die allerdings gilt es überhaupt erst mal für die Nationalmannschaft zu begeistern. Und dafür muss diese neue magische Momente und Traditionen schaffen. Bisher gab es die nur mit drei Streifen – und natürlich mit Adler. Der bleibt ja zum Glück. Der Schuh von Mario Götze war übrigens schon 2014 von Nike.