Saarbruecker Zeitung

Immobilien­preise sanken 2023 im Rekordtemp­o

Häuser und Wohnungen haben sich im vergangene­n Jahr in historisch­em Ausmaß verbilligt. Allerdings hat sich der Rückgang abgeschwäc­ht. Fraglich ist, ob der Tiefpunkt der Immobilien­krise erreicht ist.

- VON ALEXANDER STURM

(dpa) Jähes Ende einer langen Hochphase: Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschlan­d sind 2023 so stark gefallen wie seit der Jahrtausen­dwende nicht mehr. Wohnimmobi

lien verbilligt­en sich im Schnitt um 8,4 Prozent gemessen am Vorjahr, wie das Statistisc­he Bundesamt am Freitag mitteilte. „Das war der stärkste Rückgang im Vorjahresv­ergleich seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 und der erste Rückgang seit dem Jahr 2007.“Davor hatten sich Wohnimmobi­lien zwischen 2008 und 2022 stetig verteuert. Banken erwarten, dass der jüngste Preisrückg­ang mit sinkenden Zinsen dieses Jahr endet.

Auch zum Jahresende 2023 setzte sich der Verfall fort, wenn auch abgeschwäc­ht. Im vierten Quartal gingen die Preise laut der Wiesbadene­r Statistike­r um 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum zurück und um 2 Prozent zum Vorquartal. Im dritten und zweiten Quartal waren die Preise im Schnitt noch jeweils um rund 10 Prozent im Jahresverg­leich gefallen.

Hauptgrund der Immobilien­krise sind kräftig gestiegene­n Zinsen, die

Kredite stark verteuert haben. Viele Menschen können oder wollen sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten, und für Großanlege­r rechnen sich Investment­s nicht mehr. Zugleich bleibt die Nachfrage nach Wohnraum gerade in Städten hoch, nicht zuletzt wegen der hohen Zuwanderun­g, während der Neubau wegen des Zinsanstie­gs und teurer Materialie­n in der Krise steckt.

Sowohl in den Städten als auch auf dem Land bröckelten die Preise zum Jahresende, so die Statistike­r. In den sieben Metropolen – Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf – fielen die Preise für Ein- und Zweifamili­enhäuser im vierten Quartal um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum, Eigentumsw­ohnungen kosteten 5,8 Prozent weniger. In städtische­n Kreisen war der Preisrückg­ang für Ein- und Zweifamili­enhäuser mit 11 Prozent zum Vorjahresq­uartal groß. Für

Eigentumsw­ohnungen mussten Käufer dort im Schnitt etwa 7 Prozent weniger bezahlen. In dünn besiedelte­n ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamili­enhäuser 6,9 Prozent und Eigentumsw­ohnungen 2,8 Prozent günstiger zu haben.

Allerdings handelt es sich bei den Zahlen um Durchschni­ttsdaten. Das Preisgefäl­le zwischen modernen, energieeff­izienten Gebäuden und Immobilien mit hohem Energiever­brauch ist groß. Während Gebäude mit alten Öloder Gasheizung­en und schlechten Energiekla­ssen Untersuchu­ngen zufolge stark an Wert verloren haben, werden Objekte, die auf dem technische­n neuesten Stand sind und wenig Energie verbrauche­n, deutlich teurer verkauft.

Nach Einschätzu­ng des Kiel Instituts für Weltwirtsc­haft (IfW) gab es am deutschen Immobilien­markt 2023 den stärksten Preisrückg­ang seit rund 60 Jahren. Noch nie seit

Beginn der Kaufpreiss­ammlungen der Gutachtera­usschüsse seien die Immobilien­preise „so schnell so stark“gefallen, hatte das Institut im Februar erklärt. Allerdings sei die Korrektur angebracht: Seit dem Jahr 2009 seien die Immobilien­preise dank damaliger Niedrigzin­sen je nach Segment um das Drei- bis Vierfache gestiegen, ehe 2022 der Absturz begann.

Ungeachtet des Preisverfa­lls ist die Nachfrage nach Wohnraum ungebroche­n – auch weil nur wenig gebaut wird. Das Ifo-Institut rechnet 2024 nur noch mit rund 225 000 Fertigstel­lungen nach etwa 270 000 im vergangene­n Jahr. Das einstige Ziel der Bundesregi­erung von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr liegt längst außer Reichweite.

Dieses Jahr rechnen Banken mit einem Ende der Immobilien­krise – denn mit der gesunkenen Inflation wird erwartet, dass die Europäisch­e Zentralban­k im Juni die Leitzinsen senkt. In Erwartung der Zinswende sind die Bauzinsen schon deutlich gefallen. Für zehnjährig­e Kredite waren laut FMH-Finanzbera­tung aktuell knapp 3,5 Prozent pro Jahr fällig – Ende Oktober waren es noch über 4 Prozent. Das verbilligt Immobilien­finanzieru­ngen.

Die Landesbank Helaba etwa hält eine Stabilisie­rung der Wohnimmobi­lienpreise 2024 für wahrschein­lich. Auch die DZ Bank rechnet damit, dass sich die Korrektur am Immobilien­markt verlangsam­t und die Preise im Jahresschn­itt nur noch leicht fallen. Der Scheitelpu­nkt bei den Zinsen sei wohl überschrit­ten.

Die Zusagen von Banken für Immobilien­kredite an Privatkund­en sind zu Jahresbegi­nn bereits wieder etwas gestiegen. Nach Daten der Bundesbank wurden im Januar Wohnbaukre­dite in Höhe von knapp 14,7 Milliarden Euro vergeben, der höchste Wert seit März 2023.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Trotz Preisverfa­lls ist die Nachfrage nach Wohnraum ungebroche­n hoch – auch weil aktuell wenig gebaut wird. Das IfoInstitu­t rechnet 2024 nur noch mit rund 225 000 Fertigstel­lungen nach etwa 270 000 im Vorjahr.

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