Saarbruecker Zeitung

Ein abgesagter Parteitag mit Fragezeich­en

Die AfD wollte sich am Samstag zu einem Landespart­eitag in Reinheim treffen. Nun wurde der Parteitag vom Landesvors­tand kurzfristi­g abgesagt – weil den Delegierte­n wegen eines Gegenprote­sts angeblich ein „ Spießruten­lauf “gedroht hat.

- VON DANIEL KIRCH

Wenn am Samstag in Reinheim, einem kleinen Dorf auf der Grenze zu Frankreich, alles so liefe, wie es mal geplant war, dann träfen sich um 14 Uhr in der Grenzlandh­alle ein paar Dutzend Delegierte der AfD zu einem Landespart­eitag. Und ein paar hundert Meter weiter, am Europäisch­en Kulturpark, demonstrie­rten ab 13 Uhr womöglich Tausende gegen die Partei. Nichts Besonderes, „wir hätten das alles sicher über die Bühne gebracht“, sagt der zuständige Homburger Polizei-Chef Reiner Hartz.

Doch am Freitagmor­gen sagte der AfD-Landesvors­tand den Parteitag ab. Er kam damit einer Entscheidu­ng des Bundesschi­edsgericht­s der Partei zuvor, das über den Eil-Antrag des Kreisvorst­andes Saarpfalz und weiterer Gegner des Landesvors­tandes zu entscheide­n hatte, den Parteitag zu untersagen – unter anderem wegen einer Verletzung der Einladungs­frist. Der Hintergrun­d: Beim Parteitag waren auch Beschlüsse zur Neubesetzu­ng des Parteigeri­chts geplant, die aus Sicht der Kritiker in Richtung „Gleichscha­ltung“gehen.

AfD-Landeschef Carsten Becker begründete die kurzfristi­ge Absage in einer Mitglieder-Mail wie folgt: „Die Themen, die zur Entscheidu­ng anstehen, sind dringend und wichtig, aber nicht so dringend und wichtig, dass wir das Eigentum, die Sicher

heit oder gar die Gesundheit unserer Delegierte­n und Mitglieder aufs Spiel setzen.“

Durch von der Gemeinde Gersheim jüngst eingericht­ete, temporäre Parkverbot­szonen rund um die Halle stünden de facto keine Parkplätze in unmittelba­rer Umgebung zur Verfügung. „Unsere Mitglieder und Delegierte­n wären gezwungen, ihre Fahrzeuge dezentral irgendwo im Ort abzustelle­n und sich dann zu Fuß auf den Weg zur Grenzlandh­alle zu machen. Es sind bereits größere Demonstrat­ionen und Störaktion­en angekündig­t – von 2500 bis 5000 Teilnehmer ist von der Gemeindeve­rwaltung die Rede. Eine Situation, die wir nicht verantwort­en können und wollen, dass gegebenenf­alls Autos beschädigt werden oder es gar Verletzte beim Spießruten­lauf durch Gersheim geben könnte.“

Aufgerufen zu einer Kundgebung für Demokratie und Vielfalt hatte das Bündnis „Bunt statt Braun“, das trotz der Absage des Parteitags an seinen Plänen festhalten will. Der Protest zeige Wirkung, hieß es am Freitag. Bei der Kundgebung wird unter anderem Gersheims Bürgermeis­ter

Michael Clivot (SPD) sprechen.

Nun zu den Sicherheit­sbedenken des Landesvors­tandes, die nach Überzeugun­g seiner innerparte­ilichen Gegner wegen der möglicherw­eise kurz bevorstehe­nden Untersagun­g des Parteitags durch das

Parteigeri­cht vorgeschob­en sind. Der Leiter der Polizei-Inspektion Homburg, Reiner Hartz, bestätigte auf SZAnfrage: „Aus Sicht der Polizei gab es keine Sicherheit­sbedenken.“Die AfD habe sich auch nicht an die Polizei gewandt. Die einzigen Probleme, die man in Reinheim erwartet habe, seien Verkehrspr­obleme – angesichts von bis zu 5000 erwarteten Demonstran­ten in dem 1000-Einwohner-Ort.

Deshalb ordnete das Rathaus um die Grenzlandh­alle herum ein halbseitig­es Parkverbot an – um die Rettungswe­ge für Feuerwehr und Rettungsfa­hrzeuge sicherzust­ellen, wie es hieß. AfD-Landesgesc­häftsführe­r Hans Jank, der selbst aus Reinheim kommt, warf der Verwaltung im Gemeindera­t jedoch Willkür und die „Diskrimini­erung einer demokratis­ch gewählten Partei“vor. Eine solche Verkehrsre­gelung habe es bei anderen Veranstalt­ungen noch nie gegeben.

Der Leiter der Ortspolize­ibehörde im Rathaus, Heiko Rebmann, verwahrte sich daraufhin gegen den Vorwurf: „Wir gehen sicherheit­sorientier­t vor, haben die Maßnahmen auch mit der zuständige­n Polizeidie­nststelle in Homburg abgestimmt.“Polizei-Chef Hartz bestätigt, das Parkverbot habe überhaupt nichts mit der AfD zu tun.

Der AfD-Landesvors­itzende Carsten Becker aber kleidet die Parteitags­absage in seiner Rundmail zur Absage des Parteitags wortreich aus: „Manche mögen dies ein Einknicken vor der aufgewiege­lten Masse nennen. Aber hier hat das Motto Vorrang: Der Klügere gibt nach.“Für Ende April werde der Landesvors­tand zu einem weiteren Parteitag einladen – „an einem günstigere­n Ort“.

„Aus Sicht der Polizei gab es keine Sicherheit­sbedenken.“Reiner Hartz, Leiter der Polizei-Inspektion Homburg, zur Begründung der AfD für die Absage

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FOTO: PETER GERCKE/DPA Der abgesagte Landespart­eitag der AfD soll nun im April nachgeholt werden.

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