Ein abgesagter Parteitag mit Fragezeichen
Die AfD wollte sich am Samstag zu einem Landesparteitag in Reinheim treffen. Nun wurde der Parteitag vom Landesvorstand kurzfristig abgesagt – weil den Delegierten wegen eines Gegenprotests angeblich ein „ Spießrutenlauf “gedroht hat.
Wenn am Samstag in Reinheim, einem kleinen Dorf auf der Grenze zu Frankreich, alles so liefe, wie es mal geplant war, dann träfen sich um 14 Uhr in der Grenzlandhalle ein paar Dutzend Delegierte der AfD zu einem Landesparteitag. Und ein paar hundert Meter weiter, am Europäischen Kulturpark, demonstrierten ab 13 Uhr womöglich Tausende gegen die Partei. Nichts Besonderes, „wir hätten das alles sicher über die Bühne gebracht“, sagt der zuständige Homburger Polizei-Chef Reiner Hartz.
Doch am Freitagmorgen sagte der AfD-Landesvorstand den Parteitag ab. Er kam damit einer Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der Partei zuvor, das über den Eil-Antrag des Kreisvorstandes Saarpfalz und weiterer Gegner des Landesvorstandes zu entscheiden hatte, den Parteitag zu untersagen – unter anderem wegen einer Verletzung der Einladungsfrist. Der Hintergrund: Beim Parteitag waren auch Beschlüsse zur Neubesetzung des Parteigerichts geplant, die aus Sicht der Kritiker in Richtung „Gleichschaltung“gehen.
AfD-Landeschef Carsten Becker begründete die kurzfristige Absage in einer Mitglieder-Mail wie folgt: „Die Themen, die zur Entscheidung anstehen, sind dringend und wichtig, aber nicht so dringend und wichtig, dass wir das Eigentum, die Sicher
heit oder gar die Gesundheit unserer Delegierten und Mitglieder aufs Spiel setzen.“
Durch von der Gemeinde Gersheim jüngst eingerichtete, temporäre Parkverbotszonen rund um die Halle stünden de facto keine Parkplätze in unmittelbarer Umgebung zur Verfügung. „Unsere Mitglieder und Delegierten wären gezwungen, ihre Fahrzeuge dezentral irgendwo im Ort abzustellen und sich dann zu Fuß auf den Weg zur Grenzlandhalle zu machen. Es sind bereits größere Demonstrationen und Störaktionen angekündigt – von 2500 bis 5000 Teilnehmer ist von der Gemeindeverwaltung die Rede. Eine Situation, die wir nicht verantworten können und wollen, dass gegebenenfalls Autos beschädigt werden oder es gar Verletzte beim Spießrutenlauf durch Gersheim geben könnte.“
Aufgerufen zu einer Kundgebung für Demokratie und Vielfalt hatte das Bündnis „Bunt statt Braun“, das trotz der Absage des Parteitags an seinen Plänen festhalten will. Der Protest zeige Wirkung, hieß es am Freitag. Bei der Kundgebung wird unter anderem Gersheims Bürgermeister
Michael Clivot (SPD) sprechen.
Nun zu den Sicherheitsbedenken des Landesvorstandes, die nach Überzeugung seiner innerparteilichen Gegner wegen der möglicherweise kurz bevorstehenden Untersagung des Parteitags durch das
Parteigericht vorgeschoben sind. Der Leiter der Polizei-Inspektion Homburg, Reiner Hartz, bestätigte auf SZAnfrage: „Aus Sicht der Polizei gab es keine Sicherheitsbedenken.“Die AfD habe sich auch nicht an die Polizei gewandt. Die einzigen Probleme, die man in Reinheim erwartet habe, seien Verkehrsprobleme – angesichts von bis zu 5000 erwarteten Demonstranten in dem 1000-Einwohner-Ort.
Deshalb ordnete das Rathaus um die Grenzlandhalle herum ein halbseitiges Parkverbot an – um die Rettungswege für Feuerwehr und Rettungsfahrzeuge sicherzustellen, wie es hieß. AfD-Landesgeschäftsführer Hans Jank, der selbst aus Reinheim kommt, warf der Verwaltung im Gemeinderat jedoch Willkür und die „Diskriminierung einer demokratisch gewählten Partei“vor. Eine solche Verkehrsregelung habe es bei anderen Veranstaltungen noch nie gegeben.
Der Leiter der Ortspolizeibehörde im Rathaus, Heiko Rebmann, verwahrte sich daraufhin gegen den Vorwurf: „Wir gehen sicherheitsorientiert vor, haben die Maßnahmen auch mit der zuständigen Polizeidienststelle in Homburg abgestimmt.“Polizei-Chef Hartz bestätigt, das Parkverbot habe überhaupt nichts mit der AfD zu tun.
Der AfD-Landesvorsitzende Carsten Becker aber kleidet die Parteitagsabsage in seiner Rundmail zur Absage des Parteitags wortreich aus: „Manche mögen dies ein Einknicken vor der aufgewiegelten Masse nennen. Aber hier hat das Motto Vorrang: Der Klügere gibt nach.“Für Ende April werde der Landesvorstand zu einem weiteren Parteitag einladen – „an einem günstigeren Ort“.
„Aus Sicht der Polizei gab es keine Sicherheitsbedenken.“Reiner Hartz, Leiter der Polizei-Inspektion Homburg, zur Begründung der AfD für die Absage