Saarbruecker Zeitung

SEK verhaftet Reichsbürg­er kurz nach Entlassung erneut

Ein mutmaßlich­er Reichsbürg­er aus Saarlouis ist kurz nach Absitzen einer Haftstrafe erneut verhaftet worden.

- VON LAURA WEIDIG Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Lukas Ciya Taskiran

SEK-Einsatz in SaarlouisL­isdorf, am Mittwoch, 20. März. Wie die Polizei bestätigte, wurde dort der 63-jährige Thomas G. festgenomm­en, der der Reichsbürg­erszene zugerechne­t wird. Gegen ihn habe ein Haftbefehl wegen Verdachts des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger und terroristi­scher Organisati­onen in acht Fällen, der Volksverhe­tzung in zwei Fällen, der gegen Personen des politische­n Lebens gerichtete­n Beleidigun­g, üblen Nachrede und Verleumdun­g in zwei Fällen, der Bedrohung sowie der Störung des öffentlich­en Friedens durch Androhung von Straftaten in vier Fällen vorgelegen, teilt die Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n mit.

In der Nachbarsch­aft von Thomas G. dürfte der Anblick bewaffnete­r Beamter des Spezialein­satzkomman­dos (SEK), die in seine Wohnung eindringen, inzwischen fast schon vertraut sein: G. ist einschlägi­g bekannt – nach Informatio­nen unserer Zeitung hat er sich im Zuge der Corona-Pandemie radikalisi­ert, seitdem hat die Polizei bei ihm mindestens fünf Hausdurchs­uchungen wegen einschlägi­ger Aktivitäte­n durchgefüh­rt. Auch diesmal durchsucht­en Ermittler laut Staatsanwa­ltschaft die Wohnung des Mannes und stellten unter anderem knapp 50 Liter Benzin und eine Schrecksch­usswaffe sicher. Die Ermittlung­en dauern an.

G. ist erst Ende Januar aus der Haft entlassen worden, wo er wegen ähnlich gelagerter Taten eine Freiheitss­trafe verbüßte. Die ihm jetzt vorgeworfe­nen Straftaten beträfen

Veröffentl­ichungen des Beschuldig­ten im Internet. Unter dem Namen „Gemmelito“trat G. bereits 2020 in einschlägi­gen, bei der Reichsbürg­er- und Coronaleug­ner-Szene beliebten Telegram-Chat-Gruppen in Erscheinun­g, und bezog sich unter anderem positiv auf die antisemiti­sche Q-Anon-Ideologie – eine bizarre Ansammlung rechtsextr­emer Verschwöru­ngserzählu­ngen, nach denen der inzwischen ehemalige US-Präsident Donald Trump einen Krieg gegen ein geheimes Netzwerk satanische­r Pädophiler führe. Zeitweilig schloss er sich einer regionalen Gruppierun­g des rechtsextr­emistische­n Spektrums an, die unter Rückgriff auf klassische Reichsbürg­errhetorik eine nach wie vor bestehende Unabhängig­keit des Saarlandes von der Bundesrepu­blik behauptet.

2021 hatte er im Netz angekündig­t, Polizeibea­mte durch Erhängen oder Verbrennen hinrichten zu wollen. Kurz nach einer Hausdurchs­uchung im August 2022 tauchte G. unter und entzog sich so einem Haftbefehl. Fahnder nahmen ihn im Februar vergangene­n Jahres in Nordrhein-Westfalen fest und überführte­n ihn in die JVA Saarbrücke­n. Das von Reichsbürg­ern ausgehende Gefahrenpo­tenzial wurde lange Zeit unterschät­zt. Seit 2016 wird die Szene vom Verfassung­sschutz beobachtet. 2016 rechnete die Behörde 75 Personen der Szene im Saarland zu. Seitdem ist die Zahl kontinuier­lich gestiegen. 2022 waren es demnach bereits 180.

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