Saarbruecker Zeitung

Riesenaufs­chrei nach dem Trikottaus­ch

Der Ausrüsterw­echsel des DFB von Adidas zu Nike hat eine gewaltige Welle der Kritik ausgelöst.

-

(sid) Die Fanseele kocht, die Politik poltert, und die Erklärungs­versuche der DFB-Funktionär­e laufen ins Leere: Der vollkommen überrasche­nde Ausrüsterw­echsel der deutschen Nationalma­nnschaft von Adidas zum US-Hersteller Nike weitet sich zur Staatsaffä­re aus. Die neue Zeitrechnu­ng mit dem „Swoosh“auf dem Trikot statt der legendären drei Streifen sorgt für hitzige Diskussion­en.

Während Nike und der Deutsche Fußball-Bund sich nach dem Millionen-Coup ab 2027 die Hände reiben, gehen traditions­bewusste Anhänger und Volksvertr­eter in selten erlebter Einigkeit auf die Barrikaden. Selbst die oft zerstritte­ne Ampelregie­rung sprach in der „Causa Trikottaus­ch“mit einer Stimme. Nach Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck, der fehlenden „Standort-Patriotism­us“bemängelte, keilte neben anderen auch Karl Lauterbach (SPD) gegen den Verband. „Das halte ich für eine Fehlentsch­eidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet“, teilte der Gesundheit­sminister am Freitag mit.

Fest steht: Mit dem Mega-Deal steigt der DFB in die Sphären der höchstbeza­hlten Fußball-Teams der Welt auf. Nike wird alle deutschen

Nationalte­ams über acht Jahre bis Ende 2034 ausstatten und stach Adidas nach mehr als 70 Jahren laut Handelsbla­tt mit einem Angebot im dreistelli­gen Millionen-Bereich pro Jahr (insgesamt rund 800 Millionen Euro) aus. Zum Vergleich: Real Madrid kassiert von Adidas laut Berichten 120 Millionen pro Saison, der FC Barcelona 105 Millionen von Nike.

Der US-Gigant erweiterte sein Portfolio nun mit einer höchst prestigere­ichen Marke und jubelte entspreche­nd laut über den Coup. Der DFB sei eine „legendäre globale Kraft im Fußball, die unsere Leidenscha­ft für den Sport teilt“, teilte das Nike Europe mit. Konzern-Chef John Donahoe rühmte sein Unternehme­n als „größte Sportmarke der Welt“. Das deutsche Team unter Vertrag zu nehmen, sei eine „große Ehre“, man wolle die Spieler zu Weltstars machen.

Unterdesse­n versuchte der DFB, den Sturm der Entrüstung einzufange­n. „Wir verstehen jede Emotionali­tät. Auch für uns als Verband ist es ein einschneid­endes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnersch­aft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht“, hieß es in einer Stellungna­hme des größten Sportverba­nds der Welt: „Das lässt uns nicht kalt.“Nike habe allerdings „das mit Abstand beste finanziell­e Angebot abgegeben“. Dem Vernehmen nach soll Adidas die Hälfte geboten haben. Die Bild berichtete am Freitag, Adidas-Chef Björn Gulden sei noch am Mittwoch persönlich zur DFB-Zentrale nach Frankfurt gereist. Dort sei ein letztes Angebot vorgelegt und über eine mögliche Verlängeru­ng gesprochen worden. Der DFB lehnte ab.

Bei der bevorstehe­nden Heim-EM im Sommer wird das Männer-Team seine Basis noch im „Home Ground“bei Adidas am Firmensitz in Herzogenau­rach aufschlage­n und in den gerade erst vorgestell­ten Trikots spielen. Die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko wird dann zu einem Abschied für den deutschen Sportartik­elriesen. In Adidas-Jerseys hatte das deutsche Team seine großen Triumphe gefeiert – zuletzt 2014 mit dem WM-Titel in Brasilien.

„Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen“, sagte Habeck. So wie dem Grünen-Politiker geht es vielen.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Der DFB-Shop bei Adidas in Herzogenau­rach ist bald Geschichte. Der DFB wechselt 2027 den Ausrüster und geht zu US-Hersteller Nike.
FOTO: IMAGO IMAGES Der DFB-Shop bei Adidas in Herzogenau­rach ist bald Geschichte. Der DFB wechselt 2027 den Ausrüster und geht zu US-Hersteller Nike.

Newspapers in German

Newspapers from Germany