Russischer Luftangriff verursacht Brände und Stromausfälle
Polen hat nach der Verletzung des Lauftraums durch einen Marschflugkörper am frühen Sonntagmorgen den russischen Botschafter einbestellt.
(dpa) Ein großflächiger russischer Luftangriff in der Nacht zu Sonntag hat in der Ukraine erneut zu Bränden und Stromausfällen geführt. In der Industriestadt Krywyj Rih im Süden hätten herabfallende Trümmer Heizungs- und Stromnetze beschädigt, teilte der Verwaltungschef des Gebiets Dnipropetrowsk, Serhij Lysak, mit. „Mehrere Heizkraftwerke in der Stadt wurden wegen des Spannungsabfalls abgeschaltet.“Deshalb seien sechs Krankenhäuser, mehr als 150 Schulen sowie 3000 Wohnhäuser mit 76 000 Bewohnern vorübergehend ohne Heizung.
Im westukrainischen Gebiet Lwiw wurde nach Behördenangaben eine nicht näher bezeichnete Anlage der kritischen Infrastruktur getroffen. „Dort brach ein Brand aus. Feuerwehrleute sind im Einsatz“, schrieb Gebietsgouverneur Maksym Kosyzkyj auf Telegram. Wenige Stunden später bei einem erneuten landesweiten Luftalarm schlugen zwei russische Hyperschallraketen Kinschal an der gleichen Stelle ein, wie Kosyzkyj mitteilte. Die Feuerwehrleute seien rechtzeitig gewarnt worden und hätten sich in Sicherheit gebracht.
Auch über der Hauptstadt Kiew wurden russische Flugobjekte abgefangen. Berichtet wurde aber nur von einem Schaden an einer Gebäudefassade. Nach Zählung der ukrainischen Luftwaffe griff Russland nachts mit 29 Marschflugkörpern der Typen Ch-101 und CH-555 an. Sie seien von 14 strategischen Bombern über dem Wolga-Gebiet abgefeuert worden, teilte Kommandeur Mykola Oleschtschuk mit.
Die Ukraine hat indes die Hafenstadt Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim in der Nacht zu Sonntag erneut mit Raketen beschossen. Bei dem groß angelegten Luftangriff sei ein 65-jähriger Einwohner der Stadt durch Raketensplitter ums Leben gekommen, vier weitere seien verletzt worden, teilte der von Russland eingesetzte Stadtchef von Sewastopol, Michail Raswoschajew, auf seinem Telegram-Kanal mit. Der „massivste Angriff in der vergangenen Zeit“sei vom Militär abgewehrt worden.
Die mutmaßliche Verletzung des polnischen Luftraums durch einen russischen Marschflugkörper am frühen Sonntagmorgen hat derweil diplomatische Konsequenzen. Das Außenministerium in Warschau werde den russischen Botschafter einbestellen, der sich dazu erklären müsse, sagte Vize-Außenminister Andrzej Szejna nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP. Von den Informationen des Botschafters hänge das weitere Vorgehen ab. Der Marschflugkörper war 39 Sekunden über polnischem Territorium, wie Szejna im Fernseh-Sender Polsat sagte. Wenn dies länger gedauert hätte, wäre sie abgeschossen worden.
Laut dem polnischen Generalstab wurde der Luftraum um 4.23 Uhr durch einen von einem russischen Langstreckenflugzeug abgeschossenen Marschflugkörper verletzt. Ziel der russischen Angriffe seien Städte in der Westukraine gewesen. Das Objekt sei in der Nähe des Dorfes Oserdow ( Woiwodschaft Lublin) in den polnischen Luftraum eingetreten.