Wie gefährlich ist der IS für Deutschland?
Terroranschläge wie der in Russland lösen Entsetzen aus und machen gleichzeitig eigene Schwächen bewusst. Der Angriff auf eine Konzerthalle am nordwestlichen Stadtrand von Moskau am Freitag, der mehr als 130 Menschen das Leben kostete, lässt auch in Deutschland die Alarmglocken schrillen – etwa mit Blick auf die Fußball-EM diesen Sommer. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der Süddeutschen Zeitung am Wochenende: „Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut.“Es sei davon auszugehen, dass die Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“den mörderischen Terroranschlag zu verantworten habe. Von dieser Gruppe gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus. Khorasan ist die historische Bezeichnung für eine Region in Zentralasien, zu der Teile der heutigen Staaten Afghanistan, Pakistan und Iran gehörten. Der IS-Ableger mit diesem Namen hat sich zwar zu dem Anschlag nahe Moskau bekannt, doch russische Staatsmedien und Propagandisten sehen die Drahtzieher beim ukrainischen Geheimdienst in Kiew. Die Ukraine weist das zurück.
Politiker der Koalitionspartner Grüne und FDP pflichteten Faeser derweil bei. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte: „Die Bedrohungslage durch islamistische Terroristen in Europa, auch und gerade in Deutschland, ist konstant hoch.“Vor diesem Hintergrund sei die Terror-Gefahr eine von zahlreichen Sicherheitsherausforderungen für die anstehende Europameisterschaft in Deutschland. „Die deutschen Sicherheitsbehörden werden in den nächsten Monaten personell maximal gefordert sein und brauchen dafür die volle politische Unterstützung des Bundes und der Länder.“Er sprach sich auch für einen beständigen und engen Austausch und für verbindliche Abstimmungen mit den internationalen Partnern aus, „um die Gefahr des islamistischen Terrors konsequent zu unterbinden“. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte: „Der Kampf gegen den menschenverachtenden Terror muss nach wie vor im Fokus der Politik und der Sicherheitsbehörden bleiben. Auch dürfen Konfliktregionen in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten nicht aus dem Blick verloren gehen.“
Erst am Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft im Raum Gera in Thüringen zwei mutmaßliche Islamisten des IS-Ablegers festnehmen lassen. Die Männer im Alter von 30 und 23 Jahren sollen einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben – offenbar waren öffentliche Koranverbrennungen der Grund dafür.
Die gefährlichste Waffe des IS ist die Unberechenbarkeit. Die Terrororganisation ist nicht wählerisch bei der Rekrutierung und lässt ihre Anhänger Anschläge ohne großes Training verüben – es reicht im Zweifel schon ein Messer oder ein schweres Fahrzeug. Deshalb kommt der Prävention auch eine große Rolle zu. Und radikal-islamische oder dschihadistische Gruppen nehmen besonders gerne jungen Muslime in den Blick, die auf der Suche nach Identität leicht beeinflussbar sein könnten.