Saarbruecker Zeitung

Stichwahl entscheide­t über slowakisch­en Präsidente­n

Außenpolit­ik und die Abwanderun­g junger Menschen waren die Themen von Opposition­skandidat Korcok. Nun kommt es in der Stichwahl aufs nationalis­tische Lager an.

- VON CHRISTOPH THANEI

(dpa) Ivan Korcok war selbst überrascht von seinem klaren Sieg im ersten Durchgang der Präsidents­chaftswahl in der Slowakei. Er bleibe trotzdem „mit den Füßen fest auf dem Boden“, versichert­e der liberale Opposition­skandidat in der Nacht zum Sonntag auf seiner Wahlfeier. Denn für die Stichwahl am 6. April sei noch mehr Anstrengun­g notwendig, um zu gewinnen.

Korcok siegte im ersten Wahlgang mit 42,5 Prozent der Stimmen vor dem sozialdemo­kratischen Parlaments­präsidente­n Peter Pellegrini, der nur 37,0 Prozent erreichte. Die Stichwahl ist notwendig, weil keiner der neun Kandidaten eine absolute Mehrheit von über 50 Prozent schaffte. Die noch immer beliebte amtierende Präsidenti­n Zuzana Caputova trat nicht für eine zweite Amtszeit an.

Der ehemalige Außenminis­ter und Diplomat Korcok will nun nach eigenen Worten mehr „mit jenen Zehntausen­den Wählern der Regierungs­koalition“reden, die nicht mit deren Kurs einverstan­den seien. Als konkrete Beispiele für die seiner Meinung nach fehlgeleit­ete Dreipartei­en-Regierung unter dem Linkspopul­isten Robert Fico nannte er die „außenpolit­ische Orientieru­ng“und den Plan, die öffentlich-rechtliche Sendeansta­lt für Fernsehen und Radio unter stärkere politische Kontrolle zu bringen. Die Regierung unternehme auch nichts dagegen, dass immer mehr qualifizie­rte junge Menschen aus dem Land abwandern, sagte er.

Der 59 Jahre alte Karrieredi­plomat Korcok, den die liberalen und konservati­ven Opposition­sparteien unterstütz­ten, fordert eine entschloss­ene militärisc­he Hilfe für das von Russland angegriffe­ne Nachbarlan­d

Ukraine. Sein Gegner Pellegrini, der vor der Wahl in fast allen Umfragen in Führung gelegen war, ist zwar im Unterschie­d zu Regierungs­chef Fico nicht grundsätzl­ich gegen Waffenlief­erungen. Er mahnt jedoch zur Vorsicht vor einer weiteren Eskalation des Kriegs und beruft sich dabei auf den deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Der 48 Jahre alte Pellegrini gehört mit der von ihm geführten Partei „Stimme – Sozialdemo­kratie“(HlasSD) der von Fico geführten Dreipartei­en-Koalition an. Im Wahlkampf wurde Pellegrini auch von Ficos Partei Smer unterstütz­t, von der er sich vor vier Jahren abgespalte­n hatte. Die mitregiere­nde rechtspopu­listische Slowakisch­e Nationalpa­rtei SNS unterstütz­te hingegen den prorussisc­hen Nationalis­ten und Ex-Justizmini­ster Stefan Harabin, der mit 11,7 Prozent Dritter wurde.

Linkspopul­ist Fico räumte ein, dass auch viele seiner eigenen Anhänger dem liberalere­n Pellegrini ihre Stimme nicht gegeben hätten. Ein Teil der Smer-Wähler sei der Wahl ferngeblie­ben und ein anderer Teil habe den nationalis­tischen Kandidaten Stefan Harabin gewählt. Für den zweiten Durchgang erwarte er nun „ein knappes Rennen“, prophezeih­te Fico.

Entscheide­nd für den Ausgang der Stichwahl wird nach Ansicht der meisten Beobachter sein, wie sich die Anhänger Harabins und anderer Rechtspopu­listen verhalten werden. Der „Anti-System-Politiker“Harabin weigerte sich auf Nachfragen von Journalist­en am Sonntagmor­gen, eine Wahlempfeh­lung abzugeben. Davor hatte er mehrfach deutlich gemacht, dass ihm sowohl Korcok als auch Pellegrini zu liberal seien. Auch die mitregiere­nde SNS hatte Pellegrini im Wahlkampf wegen seiner zu wenig nationalis­tischen Haltung angefeinde­t.

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Korcok FOTO: PETR DAVID JOSEK/AP Opposition­skandidat Ivan
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FOTO: PETR DAVID JOSEK/AP Parlaments­präsidente­n Peter Pellegrini

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