Saarbruecker Zeitung

AfD-Landesvors­tand verbietet zwei Kreisverba­nds-Chefs die Tätigkeit

Der Machtkampf in der AfD Saar geht immer noch weiter: Zwei Kreisvorst­ände werden von der Landesspit­ze ab sofort nicht mehr anerkannt. Wie der Vorstand das begründet.

- VON DANIEL KIRCH

Im Machtkampf der saarländis­chen AfD ist abermals eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Der AfD-Landesvors­tand belegte die ihm kritisch gegenüber eingestell­ten Vorstände der Kreisverbä­nde Saarbrücke­n-Land unter Josef Dörr und Saarbrücke­n-Stadt unter Rudolf Müller mit einem Betätigung­sverbot. Er begründete dies in gleichlaut­enden Schreiben vom Freitag damit, dass die zweijährig­e Amtszeit der Vorstände seit dem 6. März beziehungs­weise. seit dem 21. März jeweils um null Uhr abgelaufen sei.

Die Vorstandsm­itglieder seien damit weder befugt, für ihre Kreisverbä­nde gerichtlic­h oder außergeric­htlich aufzutrete­n, noch seien sie befugt, „sich mit Titeln oder Funktionsb­ezeichnung­en eines Vorstandes zu schmücken“.

Der Landesvors­tand argumentie­rt, dass Wahlen in beiden Kreisverbä­nden laut der jeweiligen Satzungen „für zwei Jahre“gelten. Die Vorstandsm­itglieder könnten somit „keinerlei Rechte mehr aus ihrer ursprüngli­chen Wahl“am 6. März 2022 beziehungs­weise am 20. März 2022 herleiten.

Auch wenn es sich hierbei satzungsre­chtlich nicht um eine Amtsentheb­ung handelt, die schärfste Sanktionsm­öglichkeit im Falle schwerster Regelverst­öße von Funktionst­rägern, so ist das Ergebnis doch das Gleiche. Dass der Landesvors­tand einer Partei einfach feststellt, dass Vorstände von Unterglied­erungen nicht mehr im Amt sind, ist extrem ungewöhnli­ch und wirft juristisch­e Fragen auf.

Die Gegner des Landesvors­tandes halten die Argumentat­ion, dass ein Vorstand nach Ablauf der satzungsmä­ßigen Amtszeit nicht mehr im Amt ist, juristisch gesehen für „Blödsinn“. Vielmehr sei nach Ablauf der Amtszeit der Vorstand weiter geschäftsf­ührend im Amt und müsse die Neuwahl einleiten. „Man wird nicht genau für zwei Jahre gewählt“, sagte Josef Dörr der SZ.

Schon jetzt ist abzusehen, dass das rabiate Vorgehen des Landesverb­andes Parteigeri­chte beschäftig­en wird – wie bei so vielem anderen, was in diesem Landesverb­and geschieht. Das Landesschi­edsgericht ist derzeit allerdings nicht handlungsf­ähig, nachdem der Landesvors­tand dem Präsidente­n des Gerichts die Mitglieder­rechte entzogen hat und ihn aus der Partei werfen will.

Im Fall des Kreisvorst­andes Saarbrücke­n-Stadt ist die Feststellu­ng des Landesvors­tandes, der Kreisvorst­and sei nicht mehr im Amt, besonders interessan­t. Denn genau diesen Vorstand hatte der Landesvors­tand am 2. Januar „wegen zahlreiche­r Ver

stöße gegen die Satzung sowie gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei“mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben.

Aus Entscheidu­ngen der Parteigeri­chte ergibt sich zwar, dass der abgesetzte Kreisvorst­and unter Rudolf Müller bis zu der noch ausstehend­en Entscheidu­ng in der Hauptsache sehr wohl weiter im Amt ist; allerdings hat der Landesvors­tand diese Rechtsprec­hung nicht akzeptiert.

Da gegen den Vorsitzend­en des Kreisverba­ndes Saarpfalz, Markus Loew, ein Ausschluss­verfahren läuft, hat sich der Landesvors­tand mit seinem Vorgehen inzwischen der Führung der drei größten Kreisverbä­nde im Land – die allesamt dem Landesvors­tand kritisch gegenübers­tehen – entledigt. Angeblich hat der AfD

Bundesvors­tand eine juristisch­e Prüfung der Vorgänge im Landesverb­and angeordnet, weil in Berlin kaum noch jemand den Überblick über die zahlreiche­n Rechtsstre­itigkeiten hat.

Was die Amtszeit von Vorständen betrifft, gilt Folgendes: Das Parteienge­setz schreibt vor, dass ein Parteivors­tand „mindestens in jedem zweiten Kalenderja­hr“gewählt werden muss. Daraus ergibt sich, dass seine reguläre Amtszeit auch länger als zwei Jahre dauern kann (bis zu drei Jahre, wenn die erste Wahl im Januar und die zweite im Dezember stattfinde­t). Der AfD-Landesvors­tand hält diese gesetzlich­e Vorschrift durch die eindeutige Regelung in der Kreissatzu­ng („Wahlen gelten für zwei Jahre“) aber für nicht anwendbar.

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FOTOS: BECKERBRED­EL Das Gleiche gilt für den Kreisvorst­and Saarbrücke­n-Stadt unter Rudolf Müller.
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Josef Dörr ist aus Sicht des Landesvors­tandes kein AfD-Kreisvorsi­tzender in Saarbrücke­n-Land mehr.

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