AfD-Landesvorstand verbietet zwei Kreisverbands-Chefs die Tätigkeit
Der Machtkampf in der AfD Saar geht immer noch weiter: Zwei Kreisvorstände werden von der Landesspitze ab sofort nicht mehr anerkannt. Wie der Vorstand das begründet.
Im Machtkampf der saarländischen AfD ist abermals eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Der AfD-Landesvorstand belegte die ihm kritisch gegenüber eingestellten Vorstände der Kreisverbände Saarbrücken-Land unter Josef Dörr und Saarbrücken-Stadt unter Rudolf Müller mit einem Betätigungsverbot. Er begründete dies in gleichlautenden Schreiben vom Freitag damit, dass die zweijährige Amtszeit der Vorstände seit dem 6. März beziehungsweise. seit dem 21. März jeweils um null Uhr abgelaufen sei.
Die Vorstandsmitglieder seien damit weder befugt, für ihre Kreisverbände gerichtlich oder außergerichtlich aufzutreten, noch seien sie befugt, „sich mit Titeln oder Funktionsbezeichnungen eines Vorstandes zu schmücken“.
Der Landesvorstand argumentiert, dass Wahlen in beiden Kreisverbänden laut der jeweiligen Satzungen „für zwei Jahre“gelten. Die Vorstandsmitglieder könnten somit „keinerlei Rechte mehr aus ihrer ursprünglichen Wahl“am 6. März 2022 beziehungsweise am 20. März 2022 herleiten.
Auch wenn es sich hierbei satzungsrechtlich nicht um eine Amtsenthebung handelt, die schärfste Sanktionsmöglichkeit im Falle schwerster Regelverstöße von Funktionsträgern, so ist das Ergebnis doch das Gleiche. Dass der Landesvorstand einer Partei einfach feststellt, dass Vorstände von Untergliederungen nicht mehr im Amt sind, ist extrem ungewöhnlich und wirft juristische Fragen auf.
Die Gegner des Landesvorstandes halten die Argumentation, dass ein Vorstand nach Ablauf der satzungsmäßigen Amtszeit nicht mehr im Amt ist, juristisch gesehen für „Blödsinn“. Vielmehr sei nach Ablauf der Amtszeit der Vorstand weiter geschäftsführend im Amt und müsse die Neuwahl einleiten. „Man wird nicht genau für zwei Jahre gewählt“, sagte Josef Dörr der SZ.
Schon jetzt ist abzusehen, dass das rabiate Vorgehen des Landesverbandes Parteigerichte beschäftigen wird – wie bei so vielem anderen, was in diesem Landesverband geschieht. Das Landesschiedsgericht ist derzeit allerdings nicht handlungsfähig, nachdem der Landesvorstand dem Präsidenten des Gerichts die Mitgliederrechte entzogen hat und ihn aus der Partei werfen will.
Im Fall des Kreisvorstandes Saarbrücken-Stadt ist die Feststellung des Landesvorstandes, der Kreisvorstand sei nicht mehr im Amt, besonders interessant. Denn genau diesen Vorstand hatte der Landesvorstand am 2. Januar „wegen zahlreicher Ver
stöße gegen die Satzung sowie gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei“mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben.
Aus Entscheidungen der Parteigerichte ergibt sich zwar, dass der abgesetzte Kreisvorstand unter Rudolf Müller bis zu der noch ausstehenden Entscheidung in der Hauptsache sehr wohl weiter im Amt ist; allerdings hat der Landesvorstand diese Rechtsprechung nicht akzeptiert.
Da gegen den Vorsitzenden des Kreisverbandes Saarpfalz, Markus Loew, ein Ausschlussverfahren läuft, hat sich der Landesvorstand mit seinem Vorgehen inzwischen der Führung der drei größten Kreisverbände im Land – die allesamt dem Landesvorstand kritisch gegenüberstehen – entledigt. Angeblich hat der AfD
Bundesvorstand eine juristische Prüfung der Vorgänge im Landesverband angeordnet, weil in Berlin kaum noch jemand den Überblick über die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten hat.
Was die Amtszeit von Vorständen betrifft, gilt Folgendes: Das Parteiengesetz schreibt vor, dass ein Parteivorstand „mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr“gewählt werden muss. Daraus ergibt sich, dass seine reguläre Amtszeit auch länger als zwei Jahre dauern kann (bis zu drei Jahre, wenn die erste Wahl im Januar und die zweite im Dezember stattfindet). Der AfD-Landesvorstand hält diese gesetzliche Vorschrift durch die eindeutige Regelung in der Kreissatzung („Wahlen gelten für zwei Jahre“) aber für nicht anwendbar.