Saarbruecker Zeitung

Demonstran­ten bilden Menschenke­tte aus Solidaritä­t mit Gaza

Rund 100 Menschen protestier­ten gegen den Krieg. Auch die Berichters­tattung deutscher Medien über den Konflikt wurde kritisiert – sie sei voreingeno­mmen.

- VON ESTHER BRENNER

Schlechter hätte das Wetter am Samstagnac­hmittag kaum sein können, um sich zu einer Demo zu versammeln. Doch trotz Kälte, Regen- und Graupelsch­auern waren fast 100 Menschen dem Aufruf der Gruppe „Yallah Shalom!“(frei übersetzt heißt das in etwa „Jetzt schnell Frieden!“) gefolgt, um eine Menschenke­tte der Solidaritä­t mit der Bevölkerun­g in Gaza auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n zu bilden. Und damit auch gegen die Art und Weise der bundesdeut­schen Berichters­tattung zu protestier­en. „Wir sind eine sehr internatio­nale Gruppe“, erklärte Rana Issazadeh, die Sprecherin von „Yallah Shalom!“„Und wir haben für diese Aktion gründlich recherchie­rt zur Berichters­tattung über Gaza.“

Statt einem lauten Protestzug und

Parolen wie „Free Palestine!“und „Stoppt den Genozid!“gab es am Samstag eine ruhige Plakatakti­on. Die Demonstran­ten hielten rund 40 Plakate mit großformat­igen Schlagzeil­en seriöser deutscher und internatio­naler Medien (Spiegel, Zeit, Taz, Süddeutsch­e, etc.) und verifizier­ten Berichten internatio­naler Organisati­onen (Uno, Amnesty Internatio­nal, etc.) vor sich. Mit Ausschnitt­en dieser kritischen Berichters­tattung, die man mittlerwei­le zunehmend in den deutschen Medien findet, wollte die Gruppe Passanten auf das Leid der Palästinen­ser aufmerksam machen und israelisch­e Menschenre­chtsverlet­zungen nicht nur in Gaza, sondern auch im Westjordan­land, wo die Siedlergew­alt zunimmt, anprangern.

Viele Demonstran­ten kritisiert­en, im Gespräch mit unserer Zeitung, die deutsche Berichters­tattung über den Gaza-Krieg als undifferen­ziert, voreingeno­mmen und selbst zensierend. Mit der Aktion versuche man die deutsche Presse also quasi mit ihren eigenen Waffen – sprich ihrer eigenen kritischen Berichters­tattung, die es ja durchaus gibt – zu schlagen. „Schluss mit der Doppelmora­l!“, forderte ein Mann. „Es geht hier auch nicht um Religion, sondern um Menschenre­chte!“Andere machten auf die schrecklic­hen medizinisc­hen Zustände in Gaza und die vielen Kinder unter den Opfern aufmerksam. Einige Demonstran­ten hatten selbst Familienmi­tglieder dort verloren, war zu erfahren. Bisher sind über 30 000 Palästinen­ser ums Leben gekommen, es gibt über 70 000 Verletzte. Die Menschen leiden Hunger – eine humanitäre Katastroph­e. Dass daran auch die islamistis­che Hamas schuld ist, bestritten nur wenige Gesprächsp­artner. Zur Hamas hörte man dennoch unterschie­dliche

Aussagen – von Verständni­s bis zu rigoroser Ablehnung.

Man sagt, im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst und unabhängig­er Journalism­us ist schwierig. Das gilt laut den Demonstran­ten auch und gerade für den abgeriegel­ten GazaStreif­en. Viele Plakate machten deshalb darauf aufmerksam, dass bereits dutzende Journalist­en in Gaza getötet worden sind („Ein Grab für Journalist­en“, taz vom 20.12.2023). Israel bedrohe mit seinen erbarmungs­losen Angriffen nicht nur die Menschenre­chte, sondern auch die Pressefrei­heit, so die Argumentat­ion. Ja, man habe Verständni­s für die deutsche Position aufgrund der speziellen, vom Holocaust belasteten, deutschen Geschichte. Gleichzeit­ig dürfe Deutschlan­d sich Fakten nicht verschließ­en und die bedingungs­lose Solidaritä­t mit Israel verteidige­n, so die Demonstran­ten.

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FOTO: BECKERBRED­EL Mit einer Menschenke­tte und Plakaten, die Israel-kritische Berichte zeigen, demonstrie­rten rund 100 Menschen am Samstag auf dem St. Johanner Markt gegen den Krieg in Gaza.

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