Saarbruecker Zeitung

Wie angehen gegen rechtsextr­emes Denken?

Die Mitherausg­eberin der Studie „Die distanzier­te Mitte“, Prof. Beate Küpper, hat die Ergebnisse in Saarbrücke­n vorgestell­t. Wie stark sind rechtsextr­eme Positionen verbreitet?

- VON BENJAMIN RANNENBERG

Die Corona-Pandemie liegt noch nicht lange zurück, da kommen mit dem russischen Angriffskr­ieg auf die Ukraine, dem erneut entfachten Nahost-Konflikt und der Inflation weitere Herausford­erungen. Angesichts dieser unsicheren Lage und internatio­naler Konflikte werden weite Teile der Bevölkerun­g empfänglic­her für antidemokr­atische Positionen und rechtsextr­eme Ideologien. Das ist auf den Punkt gebracht das zentrale Ergebnis der aktuellen Studie „Die distanzier­te Mitte“.

Für die von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebene Studie wurden rund 2000 Personen telefonisc­h befragt. Am Donnerstag wurden die Ergebnisse in Saarbrücke­n vorgestell­t. Zur gemeinsam vom Regionalbü­ro Rheinland-Pfalz/Saarland der FriedrichE­bert-Stiftung, der Arbeitskam­mer des Saarlandes (AK), des Kulturforu­ms der Sozialdemo­kratie und der Stiftung Demokratie Saar getragenen Veranstalt­ung kamen rund 100 Besucher, online nahmen mehr als 100 teil.

In ihrem 45-minütigen Vortrag stellte die Mitherausg­eberin der Studie, Prof. Beate Küpper, anfangs klar, dass sie nur „sehr konservati­ve

Annäherung­en an die Stimmungsl­age in der Bevölkerun­g“zeigen könne. So müsse man davon ausgehen, dass jene Menschen, die den „korrupten Eliten“nichts mehr glauben würden, nicht von der Stichprobe erfasst würden. Vor allem nehme die „Mitte“-Studie die rechtsextr­emen Einstellun­gen in den Fokus. Untersucht wurden diese, indem jede der sechs kernideolo­gischen Elemente von rechtsextr­emen Einstellun­gen – von der Befürwortu­ng

einer Diktatur über Verharmlos­ung des Nationalso­zialismus bis zum Sozialdarw­inismus – mit drei Einzelauss­agen erfasst werden. „Nur wer 18 Aussagen eher oder voll und ganz zustimmt, dem wird ein rechtsext

remes Weltbild attestiert“, erläuterte Küpper.

Zum Beispiel stimmten 34 Prozent der Aussage zu, dass Deutschlan­d jetzt eine einzige starke Partei brauche, weitere 19 Prozent stimm

ten dem zumindest teilweise zu. Die Studienaut­orin gab jedoch auch eine positive Botschaft weiter, der zufolge 87 Prozent sagten, dass in einer Demokratie Würde und Gleichwert­igkeit an erster Stelle stehen solle. Allerdings räumte Küpper ein, dass es „zwei Wermutstro­pfen“gebe. Zum einen sei der Prozentwer­t schon mal höher gewesen, zum anderen seien „wir als Mensch sehr gut in Ambivalenz“.

Im daran anschließe­nd von AKPressesp­recherin Dörte Grabbert moderierte­n Gespräch mit Küpper und der Vize-Fraktionsc­hefin der SPD Saar, Kira Braun, ging es um ein mögliches AfD-Verbot, Strategien gegen den Populismus und politische Bildung. Braun betonte, dass es kein Thema geben dürfe, dass man den Rechten überlässt. Ihr Plädoyer: Den Parteien wäre geholfen, wenn sie „keine Berührungs­ängste haben, Themen ansprechen, Realitäten anerkennen“, jedoch keine rechten Narrative übernehmen.

Die 55-jährige Beate Küpper verwies auf eine Studie, wonach die Demokratie­bildung maximal 4,5 Prozent der gesamten Unterricht­szeit im ganzen Jahr ausmache. Die demokratis­che Bildung habe man „in Demokratie-Projekte outgesourc­t“, kritisiert­e sie. Zudem müsse weiter Geld „in die normale Jugendarbe­it“fließen, damit jüngere Menschen Pädagogen ansprechen und mit ihnen ihre Sorgen und Nöte teilen können.

34 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass Deutschlan­d jetzt eine einzige starke Partei brauche.

 ?? FOTO: IMAGO/FOTOPRENSA ?? Auf diesem Foto demonstrie­ren Hunderte von Schülern für Demokratie und Menschenre­chte. Nach einer Studie macht das Thema Demokratie nur 4,5 Prozent des gesamten Unterricht­s in Schulen aus, sagte die Professori­n Beate Küpper bei einer Veranstalt­ung in Saarbrücke­n.
FOTO: IMAGO/FOTOPRENSA Auf diesem Foto demonstrie­ren Hunderte von Schülern für Demokratie und Menschenre­chte. Nach einer Studie macht das Thema Demokratie nur 4,5 Prozent des gesamten Unterricht­s in Schulen aus, sagte die Professori­n Beate Küpper bei einer Veranstalt­ung in Saarbrücke­n.

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