Saarbruecker Zeitung

Vom Krankenbet­t zum Formel-1-Sieg

Ferrari-Pilot Carlos Sainz gewinnt den Großen Preis von Australien. Bei Weltmeiste­r Max Verstappen geht die Bremse hoch.

- VON MARCO HEIBEL

(sid) Das Aussteigen aus seinem Sieger-Ferrari schmerzte, zwei Wochen nach seiner Operation zog Carlos Sainz keine Show ab. Und doch war der Aussortier­te bester Laune und hatte einen guten Rat an seine Fahrerkoll­egen: „Wenn Sie sich den Blinddarm entfernen lassen wollen, tun Sie es, denn es könnte eine Zehntel bringen.“

Sainz, der sein Ferrari-Cockpit zur kommenden Saison räumen muss, nahm in Melbourne nach unfreiwill­iger Vorlage von Weltmeiste­r Max Verstappen „süße Rache“, wie die AS titelte. Der Spanier hat bei seiner „Achterbahn­fahrt seit Jahresbegi­nn“ein Hoch erreicht. Erst die Nachricht von seinem Aus, dann die Blinddarm-Entfernung, nun der dritte Sieg seiner Formel-1-Karriere: „Ich liebe es und bin sehr glücklich.“

Ob der „Smooth Operator“, der seinen Lieblingss­ong auf der Ehrenrunde zum Besten gab, auch ohne den technische­n Defekt von Dauersiege­r Verstappen gewonnen hätte, ist müßig. „Max hatte Probleme, aber Carlos war auch sehr schnell“, sagte Sainz` Vater Carlos senior.

Die gute Nachricht für die Formel 1: Nach Verstappen­s Ausscheide­n geht es in der WM zumindeste­ns nach dem dritten von 24 Rennen noch eng zu. Den weiterhin führenden Red-Bull-Star und Sainz auf Rang vier trennen nur elf Punkte.

Verstappen, für den im Albert Park eine Serie von 43 Zielankünf­ten nacheinand­er (davon 35 Siege) endete, nahm es sportlich und schaute nach vorn: „Es ist wichtig, dass wir verstehen, was passiert ist, damit es sich nicht wiederholt.“Die Daten hätten gezeigt, dass die rechte hintere Bremse von Anfang an blockierte. „Es war, als würde man mit angezogene­r Handbremse fahren“, sagte der Niederländ­er. Auf dem Weg in die Boxengasse explodiert­e das Teil dann, nichts ging mehr.

So wurde Sainz beim Sprung vom Krankenbet­t in den Rennwagen auf dem Podium von seinem Teamkolleg­en Charles Leclerc und seinem Kumpel Lando Norris im McLaren flankiert. Der Sieg „schadet sicher nicht“auf der notwendig gewordenen Suche nach einem neuen Cockpit, scherzte Sainz. Leclerc meinte: „Ich bin mir sicher, dass viele Teamchefs mit Carlos sprechen.“

Sainz` designiert­er Nachfolger Lewis Hamilton löste nach 17 Runden unfreiwill­ig ein virtuelles Safety-Car aus, als sein Mercedes wegen Motorprobl­emen ausrollte. Für den Rekordwelt­meister ist in seinem letzten Jahr bei den Silbernen ein neuer Tiefpunkt erreicht. „Ich denke, wir werden uns verbessern. Es ist aber schwierig, was die momentane Konkurrenz­fähigkeit angeht“, sagte Hamilton knapp und angefresse­n.

Nico Hülkenberg indes durfte sich zum zweiten Mal in dieser Saison über Zählbares freuen, der Haas-Pilot wurde Neunter. „Ich habe mich im Rennen besser gefühlt als im Qualifying. Das war letztes Jahr nie der Fall“, sagte er gut gelaunt.

Für einen Schockmome­nt sorgte Hamiltons Teamkolleg­e George Russell mit einem kapitalen Unfall in der letzten Runde. Russell funkte schnell: „Ich bin okay.“In Melbourne waren nur 19 statt wie üblich 20 Autos am Start. WilliamsPi­lot Logan Sargeant war nach einer harten Team-Entscheidu­ng zum Zusehen verdammt, obwohl sein Teamkolleg­e Alex Albon im Training schwer gecrasht war. Williams hatte dadurch nur noch ein intaktes Chassis vor Ort – und entschied sich für seinen Nummer-eins-Fahrer Albon. Der fuhr als Elfter knapp an den Punkteräng­en vorbei.

„Es war, als würde man mit angezogene­r Handbremse fahren.“Max Verstappen nach seinem Aus in Australien

 ?? FOTO: WEST/AFP ?? Formel-1-Pilot Carlos Sainz vom Ferrari-Rennstall posiert nach seinem Sieg beim Großen Preis von Australien für die Fotografen. Erst vor zwei Wochen war dem Spanier der Blinddarm entfernt worden.
FOTO: WEST/AFP Formel-1-Pilot Carlos Sainz vom Ferrari-Rennstall posiert nach seinem Sieg beim Großen Preis von Australien für die Fotografen. Erst vor zwei Wochen war dem Spanier der Blinddarm entfernt worden.

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