Pandas, Wirtschaftsinteressen – und Kanzler-Ambitionen?
Söder tourt seit Herbst immer wieder durchs Ausland. Nun ist er in China. Was führt ihn zum chinesischen Ministerpräsidenten und zu den Pandas von Chengdu?
(dpa) Die Panda-Dame kann sich am Ende nicht retten. Markus Söder packt sie mit beiden Händen und drückt ihr einen Kuss ins schwarz-weiße Fell. Glücklicherweise – für alle Beteiligten – ist die Panda-Dame freilich aus Plüsch, Söder hat sie zum Ende seines Besuchs am Montag in der Panda-Aufzuchtstation im chinesischen Chengdu überreicht bekommen. Nachdem er dort viele Tiere beobachten konnte, aber eben nur aus der Ferne, darunter die beiden ehemaligen Berliner Bären Pit und Paule, kommt er aus dem Schwärmen fast nicht heraus: „Sehr, sehr süße Tiere“, sagt er. „Einfach süß und knuddelig.“
Man darf es wohl so deutlich sagen: Mit den knuddeligen Fotos und Videos von Söder und den Pandas hat die mehrtägige Reise des bayerischen Ministerpräsidenten nach China schon ihren ersten wesentlichen Zweck erfüllt.
Politischer Höhepunkt ist das für Mittwoch geplante Gespräch mit Chinas Nummer zwei, Ministerpräsident Li Qiang. Und selbstverständlich geht es für einen bayerischen Regierungschef im Reich der Mitte immer um handfeste Wirtschaftsinteressen. Denen wolle er „Begleitschutz geben“, sagt er. Aber Söder wäre nicht Söder, würde er bei Reiseplanungen nicht Wert darauf legen, dass es viele schöne Fotos und Videos gibt, die in den sozialen Medien viele Klicks generieren.
Insgesamt darf man bei Söders aktuellem Reisepensum zudem noch eine weitere Frage stellen: Versucht da ein Möchtegern-Kanzlerkandidat gerade, sich außenpolitisch zu profilieren? Zumal auch in der CSU viele einräumen, ein „geborener Außenpolitiker“sei der innenpolitische Polterer nun mal nicht, da müsse er noch dazulernen. Aber dazu später mehr.
Tatsächlich ist dies bereits Söders fünfte Auslandsreise der neuen Legislaturperiode, also seit Herbst, eine Halbtagestour nach Brüssel und einen eintägigen Trip nach Serbien mitgezählt. Kurz vor Weih
nachten besuchte er Israel und vor wenigen Wochen war er für drei Tage in Schweden, samt Hundeschlittenfahrt und Termin bei Königin Silvia.
Auffällig ist Söders aktuelles Reisepensum schon allein deshalb, weil er in den vergangenen Jahren nur wenig unterwegs war, erst wegen Corona, dann wegen der erstmaligen UnionsWirren um die K-Frage, dann wegen
der bayerischen Landtagswahl. Da war Söder jedes bayerische Bierzelt wichtiger als ein Termin bei einem ausländischen Regierungschef.
Nun aber scheint das anders. Deshalb ist Söder jetzt ja auch für mehrere Tage in China. Ministerpräsident Li Qiang, den Söder vergangenes Jahr in München empfangen hatte, hat ihn eingeladen. Diesem Ruf ist Söder gefolgt, auch weil er um die Bedeutung Chinas für die bayerische Wirtschaft weiß: Das Land ist weltweit der größte und wichtigste Handelspartner Bayerns. Im Reich der Mitte sind zahlreiche Firmen und Konzerne aktiv – BMW, Siemens und andere inklusive. Deshalb pflegt der Freistaat auch enge politische Kontakte nach China, hat dort mittlerweile drei Partnerprovinzen, inklusive Sichuan.
In Sichuan freut sich Söder, dass er empfangen wird wie ein Regierungschef eines Staates: Polizeieskorte, teils geräumte Straßen, ein gemeinsamer Termin mit dem Gouverneur und dem Parteisekretär der Kommunistischen Partei von Sichuan. „Es scheint ein Zeichen der Wertschätzung zu sein“, sagt Söder. „Man merkt, dass Bayern hier einen guten Klang hat.“
Kritiker werfen Söder wie schon dessen Vorgängern vor, bei außenpolitischen Kontakten zu unkritisch zu sein. Und auch der Historiker Frank Bösch sagte der Münchner Abendzeitung: „Weiterhin gilt, dass die CSU Menschenrechten nicht ganz so hohen Stellenwert einräumt und auch etwa mit sozialistischen Diktaturen wie China eng kooperiert.“
Söder sagt dagegen: „Bei all diesen Gesprächen ist es so, dass es immer auch eine Ansprache der schwierigen Themen gibt.“Er mache aber Realstatt Moralpolitik: Es gehe darum, im Gespräch zu sein und in kleinen Schritten vielleicht Veränderungen zu erreichen.
Was am Ende auch zu der Frage führt, ob es für Söder in China vielleicht noch um mehr geht als um den Premierminister und Pandas? Wobei solche Reisen nicht ungewöhnlich sind: „Es liegt in einer langen Tradition, dass bayerische Ministerpräsidenten auch Auslandskontakte pflegen, im Ausland präsent sind und Flagge zeigen. Und zwar mit einem eigenen bayerischen Anspruch, unabhängig von der Bundespolitik“, sagt ExCSU-Chef Erwin Huber.
Dass Söder mit der Reise nun mögliche Kanzlerkandidaten-Ambitionen deutlich machen wollte, „sehe ich nicht“, meint Huber dann noch, fügt allerdings hinzu: „Aber außenpolitische Erfahrung ist für einen CSU-Vorsitzenden immer gut – und Markus Söder lernt ja schnell.“