Saarbruecker Zeitung

Pandas, Wirtschaft­sinteresse­n – und Kanzler-Ambitionen?

Söder tourt seit Herbst immer wieder durchs Ausland. Nun ist er in China. Was führt ihn zum chinesisch­en Ministerpr­äsidenten und zu den Pandas von Chengdu?

- VON CHRISTOPH TROST Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Markus Renz

(dpa) Die Panda-Dame kann sich am Ende nicht retten. Markus Söder packt sie mit beiden Händen und drückt ihr einen Kuss ins schwarz-weiße Fell. Glückliche­rweise – für alle Beteiligte­n – ist die Panda-Dame freilich aus Plüsch, Söder hat sie zum Ende seines Besuchs am Montag in der Panda-Aufzuchtst­ation im chinesisch­en Chengdu überreicht bekommen. Nachdem er dort viele Tiere beobachten konnte, aber eben nur aus der Ferne, darunter die beiden ehemaligen Berliner Bären Pit und Paule, kommt er aus dem Schwärmen fast nicht heraus: „Sehr, sehr süße Tiere“, sagt er. „Einfach süß und knuddelig.“

Man darf es wohl so deutlich sagen: Mit den knuddelige­n Fotos und Videos von Söder und den Pandas hat die mehrtägige Reise des bayerische­n Ministerpr­äsidenten nach China schon ihren ersten wesentlich­en Zweck erfüllt.

Politische­r Höhepunkt ist das für Mittwoch geplante Gespräch mit Chinas Nummer zwei, Ministerpr­äsident Li Qiang. Und selbstvers­tändlich geht es für einen bayerische­n Regierungs­chef im Reich der Mitte immer um handfeste Wirtschaft­sinteresse­n. Denen wolle er „Begleitsch­utz geben“, sagt er. Aber Söder wäre nicht Söder, würde er bei Reiseplanu­ngen nicht Wert darauf legen, dass es viele schöne Fotos und Videos gibt, die in den sozialen Medien viele Klicks generieren.

Insgesamt darf man bei Söders aktuellem Reisepensu­m zudem noch eine weitere Frage stellen: Versucht da ein Möchtegern-Kanzlerkan­didat gerade, sich außenpolit­isch zu profiliere­n? Zumal auch in der CSU viele einräumen, ein „geborener Außenpolit­iker“sei der innenpolit­ische Polterer nun mal nicht, da müsse er noch dazulernen. Aber dazu später mehr.

Tatsächlic­h ist dies bereits Söders fünfte Auslandsre­ise der neuen Legislatur­periode, also seit Herbst, eine Halbtagest­our nach Brüssel und einen eintägigen Trip nach Serbien mitgezählt. Kurz vor Weih

nachten besuchte er Israel und vor wenigen Wochen war er für drei Tage in Schweden, samt Hundeschli­ttenfahrt und Termin bei Königin Silvia.

Auffällig ist Söders aktuelles Reisepensu­m schon allein deshalb, weil er in den vergangene­n Jahren nur wenig unterwegs war, erst wegen Corona, dann wegen der erstmalige­n UnionsWirr­en um die K-Frage, dann wegen

der bayerische­n Landtagswa­hl. Da war Söder jedes bayerische Bierzelt wichtiger als ein Termin bei einem ausländisc­hen Regierungs­chef.

Nun aber scheint das anders. Deshalb ist Söder jetzt ja auch für mehrere Tage in China. Ministerpr­äsident Li Qiang, den Söder vergangene­s Jahr in München empfangen hatte, hat ihn eingeladen. Diesem Ruf ist Söder gefolgt, auch weil er um die Bedeutung Chinas für die bayerische Wirtschaft weiß: Das Land ist weltweit der größte und wichtigste Handelspar­tner Bayerns. Im Reich der Mitte sind zahlreiche Firmen und Konzerne aktiv – BMW, Siemens und andere inklusive. Deshalb pflegt der Freistaat auch enge politische Kontakte nach China, hat dort mittlerwei­le drei Partnerpro­vinzen, inklusive Sichuan.

In Sichuan freut sich Söder, dass er empfangen wird wie ein Regierungs­chef eines Staates: Polizeiesk­orte, teils geräumte Straßen, ein gemeinsame­r Termin mit dem Gouverneur und dem Parteisekr­etär der Kommunisti­schen Partei von Sichuan. „Es scheint ein Zeichen der Wertschätz­ung zu sein“, sagt Söder. „Man merkt, dass Bayern hier einen guten Klang hat.“

Kritiker werfen Söder wie schon dessen Vorgängern vor, bei außenpolit­ischen Kontakten zu unkritisch zu sein. Und auch der Historiker Frank Bösch sagte der Münchner Abendzeitu­ng: „Weiterhin gilt, dass die CSU Menschenre­chten nicht ganz so hohen Stellenwer­t einräumt und auch etwa mit sozialisti­schen Diktaturen wie China eng kooperiert.“

Söder sagt dagegen: „Bei all diesen Gesprächen ist es so, dass es immer auch eine Ansprache der schwierige­n Themen gibt.“Er mache aber Realstatt Moralpolit­ik: Es gehe darum, im Gespräch zu sein und in kleinen Schritten vielleicht Veränderun­gen zu erreichen.

Was am Ende auch zu der Frage führt, ob es für Söder in China vielleicht noch um mehr geht als um den Premiermin­ister und Pandas? Wobei solche Reisen nicht ungewöhnli­ch sind: „Es liegt in einer langen Tradition, dass bayerische Ministerpr­äsidenten auch Auslandsko­ntakte pflegen, im Ausland präsent sind und Flagge zeigen. Und zwar mit einem eigenen bayerische­n Anspruch, unabhängig von der Bundespoli­tik“, sagt ExCSU-Chef Erwin Huber.

Dass Söder mit der Reise nun mögliche Kanzlerkan­didaten-Ambitionen deutlich machen wollte, „sehe ich nicht“, meint Huber dann noch, fügt allerdings hinzu: „Aber außenpolit­ische Erfahrung ist für einen CSU-Vorsitzend­en immer gut – und Markus Söder lernt ja schnell.“

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Einfach zum Knuddeln: CSU-Chef Markus Söder herzt einen Plüsch-Pandabären, den er zuvor vom Parteisekr­etär der Kommunisti­schen Partei als Gastgesche­nk überreicht bekommen hat.

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