Die unmögliche Mission der Annalena Baerbock
KAnnalenaKeine Region der Welt hat Baerbock in den vergangenen sechs Monaten öfter bereist als den Nahen Osten. Die deutsche Außenministerin ist bereits zum sechsten Mal unterwegs, um zumindest eine humanitäre Feuerpause zwischen dem Staat Israel und der Hamas zu vermitteln, deren Terror mittlerweile die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen in Geiselhaft genommen hat. Die humanitäre Katastrophe in Gaza ist längst nicht mehr zu leugnen, auch wenn es kaum Bilder aus dem Landstrich gibt, der alles ist, nur kein Staat. Die israelische Regierung will keine Augenzeugen für ihre militärische Reaktion auf den barbarischen Terror, den die Hamas am 7. Oktober in Israel angerichtet hat. Ihre Kämpfer haben willkürlich gemordet, ja, Menschen regelrecht abgeschlachtet und rund 250 Israelis als menschliches Faustpfand verschleppt, wo sie seither in den Tunneln unter dem Gaza-Streifen dahinvegetieren.
Baerbocks Mission Nummer sechs ist die beinahe unmögliche Mission, Israel und der Hamas eine Waffenruhe nahezubringen, ohne dass beide Seiten sich nur für die nächste Schlacht rüsten. Es ist eine Friedensmission, wie immer diese dann aussehen soll. Die Grünen-Politikerin sondiert in Ägypten mit seiner weitgehend geschlossenen Grenze zum Gazastreifen. Sie führt Gespräche in den palästinensischen Gebieten und wieder in Israel, wo die deutsche Außenministerin, wie schon bei ihrem letzten Besuch Mitte Februar, vor allem eines zu verhindern versucht hat: eine israelische Großoffensive in der Stadt Rafah, die als letzte Hochburg der Hamas gilt. Die Spirale der Gewalt wird wahrscheinlich nie enden, solange in Nahost Terror mit Terror beantwortet wird.
Das Selbstverteidigungsrecht Israels ist unstrittig. Doch Zehntausende Zivilisten sind gestorben, Hunderttausende hungern und haben kein Trinkwasser, seit Israels Streitkräfte in den Gazastreifen einmarschiert sind, um die Hamas möglichst für immer auszulöschen. Dabei gleicht die Hamas einer Hydra, der für jeden Kopf, den sie verliert, gleich zwei neue nachwachsen. Unter diesem Kampf, der längst wieder zum Krieg geworden ist, leidet die Zivilbevölkerung. Eine temporäre Seebrücke oder auch Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft sind gut gemeint, aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie reichen bei weitem nicht aus, um rund zwei Millionen Menschen im Gazastreifen zu versorgen.
Ohne einen eigenen Staat, den die Palästinenser auch als solchen sehen, verstehen und anerkennen, wird es keinen Frieden in der Region geben. Solange Not und Elend das Leben im Gazastreifen bestimmen, solange finden Extremismus und Terror einen perfekten Nährboden für ihre kranken und zerstörerischen Ideen. Baerbock verstärkt bei ihrer sechsten Nahost-Mission die diplomatische Offensive ihres US-Amtskollegen Blinken, der vor ihr in der Region war. Baerbock und Blinken allein werden es nicht richten. Hilfe aus Katar, Ägypten und Jordanien ist ebenso willkommen wie unerlässlich. In Nahost braucht es jetzt ganz dringend eine Stimme der Vernunft. Denn Krieg hat die Welt schon genug.