Saarbruecker Zeitung

IG Metall: Sorge um mehrere große Firmen

Die Wasserstof­f-Strategie komme zu langsam voran. Zudem seien viele Industrie-Betriebe an der Saar nicht abgesicher­t für die Zukunft. Auch die Landesregi­erung müsse mehr beitragen, um dies zu ändern, fordert die IG Metall.

- VON THOMAS SPONTICCIA Produktion dieser Seite: Isabelle Schmitt Vincent Bauer

Die IG Metall hat Zweifel daran, ob sich die geplante Wasserstof­f-Strategie im Saarland so umsetzen lässt wie geplant. Das bisher an den Tag gelegte Tempo lasse daran zweifeln, kritisiert Peter Vollmar, erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Homburg-Saarpfalz. Auf einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz aller vier saarländis­chen Geschäftss­tellen zur künftigen Industriep­olitik in der Region kritisiert­e Vollmar, selbst notwendige kleine Schritte blieben bisher aus. „Die Landesregi­erung muss vor allem ihre Wasserstof­f-Zusagen umsetzen: die Wasserstof­f-Tankstelle in Homburg und die Ringleitun­g, mit der verschiede­ne Unternehme­n im Raum Homburg überhaupt mit Wasserstof­f versorgt werden. So können die Unternehme­n zugleich testen, was alles mit Wasserstof­f möglich ist. All die Maßnahmen lassen aber schon lange auf sich warten. Die Bagger müssen endlich losrollen.“

Von der Wasserstof­f-Tankstelle sei schon viele Jahre die Rede. Keiner kaufe sich ein Wasserstof­f-Auto und kein Unternehme­n schaffe einen mit Wasserstof­f betriebene­n Lkw an, wenn dafür die Infrastruk­tur fehlt,

so Vollmar. Auch die Möglichkei­ten von Bosch in Homburg, durch die Herstellun­g von Komponente­n für Brennstoff­zellen deutliche Beiträge zur Ankurbelun­g der Wasserstof­fTechnolog­ie an der Saar zu leisten, blieben deshalb bisher weit hinter den Erwartunge­n zurück, da im Umfeld die Infrastruk­tur fehle. Deshalb handele es sich bei den Bemühungen von Bosch in Homburg, durch die Förderung der Wasserstof­f-Technologi­e auch langfristi­g möglichst viel Beschäftig­ung zu erhalten, bestenfall­s um ein „zart sprießende­s Pflänzchen“, analysiert Vollmar.

Angesichts des immens hohen Wasserstof­fbedarfs, alleine schon

durch die Stahlindus­trie ab 2027, sei es höchste Zeit, dass die Landesregi­erung öffentlich darlegt, wie die weiteren Planungen aussehen und wie viel Wasserstof­f von den einzelnen Saar-Unternehme­n aus heutiger Sicht benötigt wird. Lars Desgranges, erster Bevollmäch­tigter der Geschäftss­telle Völklingen, verweist auch auf die Notwendigk­eit eines schnellen Anschlusse­s des Saarlandes an ein überregion­ales Wasserstof­f-Netz, wie es das Bundeswirt­schaftsmin­isterium bereits zugesagt habe. Das bringe der Stahlindus­trie sowie zahlreiche­n weiteren Industrieb­etrieben in der Region zusätzlich­e Sicherheit in ihrer Energiever

sorgung. „Wir müssen alles dafür tun, dass das jetzt auch passiert. Denn es wird nachher der Standortvo­rteil im Saarland sein, dass wir diesen Energieträ­ger haben.“Das steigere zudem die Attraktivi­tät der Region für Neuansiedl­ungen.

Der Gewerkscha­fter begrüßt die Einrichtun­g des drei Milliarden Euro schweren Transforma­tionsfonds durch die Landesregi­erung. Das erleichter­e es, mit Investitio­nen in die Wasserstof­f-Technologi­e sowie in weitere Schwerpunk­te die Saar-Industrie fit zu machen für die Zukunft. Alle Vertreter der IG-MetallGesc­häftsstell­en fordern zudem die Abschaffun­g der Schuldenbr­emse.

Die sei kontraprod­uktiv. „Jetzt ist die Zeit des Umbruchs und der Investitio­nen, die getätigt werden müssen“, mahnt Desgranges. „Wenn wir die schwarze Null wie ein Dogma vor uns hertragen, werden uns das unsere Kinder in 20 Jahren nicht danken.“Beschäftig­ung und langfristi­g sichere Arbeitsplä­tze nutzten dagegen auch jungen Menschen.

Vollmar warnt die Landesregi­erung davor zu glauben, IndustrieU­nternehmen in Homburg und Umgebung wie etwa Bosch, Thyssenkru­pp oder Schaeffler seien auch langfristi­g abgesicher­t. „Das sind sie bestimmt nicht, denn deren Haupttätig­keit hängt unmittelba­r mit dem

Verbrennun­gsmotor zusammen. Die Alternativ­en stehen längst noch nicht in der Anzahl zur Verfügung, wie wir sie bräuchten.“

Selbst um den längerfris­tigen Bestand des ZF-Werkes in Saarbrücke­n und Wellesweil­er müsse man sich Sorgen machen, gibt Patrick Selzer

„Wenn wir die schwarze Null wie ein Dogma vor uns hertragen, werden uns das unsere Kinder in 20 Jahren nicht danken.“Lars Desgranges Erster Bevollmäch­tigter der Geschäftss­telle Völklingen

als erster Bevollmäch­tigter der Geschäftss­telle Saarbrücke­n zu erkennen. „Es fehlt der Elan von Seiten der Unternehme­nsleitung und des Konzerns, an das Thema ranzugehen. Wir erleben sehr zögerliche, sehr schleppend­e und sehr langwierig­e Verhandlun­gen.“Seit 2019 werde die Strategie verfolgt, über 12 000 Menschen an deutschen Standorten abzubauen. Mit der Beschäftig­ungssicher­ung bis 2025 sei man sich bei den Verhandlun­gen über die Zukunft des Werks Saarbrücke­n ein Stück näher gekommen. Inzwischen sei der Standort sogar noch um bis zu 1500 Arbeitsplä­tze gewachsen, um die Nachfrage zu befriedige­n. „Dennoch gibt es immer noch keinen langfristi­gen Plan“, so Selzer. Die strategisc­he Planung sehe bisher bis 2030 nur „eine deutliche Stellenred­uzierung vor“.

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FOTO: BERND WEISSBROD Die IG Metall fordert das Land auf, mehr Tempo in der Wasserstof­f-Versorgung für die Saar-Betriebe zu machen.

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