Saarbruecker Zeitung

Wie es mit dem Historisch­en Museum weitergeht

Der Architekte­nwettbewer­b um die Neugestalt­ung des Historisch­en Museums am Saarbrücke­r Schlosspla­tz wurde abgebroche­n, das Vergabever­fahren gestoppt. Jetzt gibt es viele offene Fragen.

- VON SILVIA BUSS

Der Umbau des Historisch­en Museums Saar am Saarbrücke­r Schlosspla­tz wird sich noch eine ganze Weile hinziehen. Die Aufbaugese­llschaft Saarbrücke­r Schloss (ASS) und der Regionalve­rband haben jetzt nach dem europaweit­en Planungswe­ttbewerb für Architekte­n, den sie immer noch für „erfolgreic­h abgeschlos­sen“halten, die Reißleine gezogen (wir berichtete­n). Sie werden nicht, wie eigentlich vorgesehen, mit den drei im Januar gekürten Preisträge­rn des Wettbewerb­s in ein Vergabever­fahren einsteigen. Der Grund: Der Regionalve­rband habe sich aufgrund einer anonymen Beschwerde an eine auf Vergaberec­ht spezialisi­erte renommiert­e Anwaltskan­zlei im Bundesgebi­et außerhalb des Saarlandes gewandt, um prüfen zu lassen, ob das Wettbewerb­sverfahren regelgerec­ht durchgefüh­rt worden sei, wie Regionalve­rbandsspre­cher Lars Weber auf SZ-Anfrage erklärt. Die Kanzlei sei zu dem Schluss gekommen, dass das Verfahren nicht korrekt gelaufen sei. Man habe dem Verdacht nachgehen und das Verfahren prüfen lassen müssen, sagt Regionalve­rbandsdire­ktor Peter Gillo, denn sonst wären alle weiteren Schritte juristisch anfechtbar geworden. Der „worst case“wäre wohl gewesen, dass man eines Tages die schon rollenden Bagger hätte stoppen müssen. Doch wie konnte das passieren? Schließlic­h hatte der Regionalve­rband ein erfahrenes Saarbrücke­r Büro, Freese Architekte­n, mit der Durchführu­ng des Wettbewerb­s beauftragt, um sicherzust­ellen, dass bei einem so komplexen Unterfange­n alles korrekt vonstatten­geht.

Beanstande­t wurde von dem anonymen Beschwerde­führer, dass die ursprüngli­chen Wettbewerb­sbedingung­en Lösungen, wie sie der im Januar prämierte Siegerentw­urf, aber auch einige weitere Teilnehmer­büros gewählt hatten, gar nicht ermöglicht haben.

Der erste Preisträge­r, das Kölner Architektu­rbüro „trint und kreuder d.n.a.“war nämlich mit dem bisherigen Museumsbau, Gottfrieds Böhm „Waggon“, wie der Pritzker-Preisträge­r ihn selbst salopp nannte, ziemlich radikal verfahren. Die Kölner wollten den in die Jahre gekommenen Bau mit dem undichten gewölbten Kupferdach abreißen lassen und durch einen Bau, der ein wenig wie eine kleine Schwester der Berliner Nationalga­lerie aussieht, ersetzen. Dabei war in der Wettbewerb­sauslobung ausdrückli­ch „eine die vorhandene Bausubstan­z äußerst sensibel berücksich­tigende, bauliche Erweiterun­g“vorgeschri­eben worden. Im Gespräch mit unserer Zeitung sah Hennig Freese von Freese Architekte­n in dieser Veränderun­g kein Problem und fürchtete keine

Beschwerde. Begründet hatte er dies damit, dass man dies alles während des für Wettbewerb­e üblichen Kolloquium­s, bei dem die 30 teilnehmen­den Architektu­rbüros gemeinsam mit der Jury Fragen diskutiere­n, alles offen besprochen habe.

Beim Kolloquium seien viele neue, kluge Fragen gestellt worden, die das Projekt qualitativ weitergebr­acht hätten, sagt Simon Matzerath, Chef des Museums und deshalb auch Mitglied der Wettbewerb­sjury. Etwa an welcher Stelle und wie weit man in das Böhmsche Gebäude eingreifen dürfe, was überhaupt dazu gehöre, nur der oberirdisc­he oder auch der unterirdis­che Teil. „In Anwesenhei­t der 30 Büros wurde dann das Wettbewerb­sgebiet neu definiert, oberirdisc­h und unterirdis­ch, es wurde eine rote Linie

gezogen.“Auch online hätten alle Büros hören können, dass die Botschaft lautete, dass freier gedacht werden dürfe als in der Ausschreib­ung formuliert, das hatte auch Freese gesagt. Der Knackpunkt, so zeigt sich jetzt, ist aber nicht, ob alle Wettbewerb­steilnehme­r über die neuen Möglichkei­ten im Bilde waren, sondern ob die ursprüngli­che Wettbewerb­saufgabe lediglich eine Erweiterun­g oder eine Konkretisi­erung erfahren hat, oder ob sie eine weitreiche­nd verändert wurde. Denn wenn letzteres zutrifft, gilt dies vergaberec­htlich als wettbewerb­sverzerren­d. Da Architekte­nbüros argumentie­ren können, sie hätten sich unter diesen veränderte­n Bedingunge­n beworben, während die ursprüngli­che Fassung davon abgehalten hätte.

„Wenn die Kanzlei gesagt hätte, man kann es so oder so sehen, dann hätten wir gesagt, wir fragen noch eine andere“, erklärt Regionalve­rbandsspre­cher Lars Weber. Doch die Vergaberec­hts-Anwälte, die den Auftrag hatten, zu bewerten, ob man nicht doch noch im grünen Bereich liegt, hätten es klipp und klar formuliert, dass die Änderung der Aufgabe zu weitreiche­nd gewesen sei.

Das betreffe nicht nur den Eingriff in die Bausubstan­z bis hin zum Rückbau, sondern auch die Änderung des zu beplanende­n Baufeldes. In Abstimmung mit dem Landesdenk­malamt hatte man auch Bereiche um die Böhmsche Halle herum teilweise mit einbeziehe­n können.

Die Anwaltskan­zlei hat laut Weber auch zwar nur kurz, aber klar formuliert, was zu tun gewesen wäre. Man hätte bei einer solchen Änderung den Wettbewerb stoppen und noch mal neu aufsetzen müssen, also noch einmal europaweit ausschreib­en. Fahrlässig­keitsvorwü­rfe gegenüber den für die Durchführu­ng zuständige­n Freese Architekte­n hätte die Kanzlei jedoch nicht formuliert, so Weber.

Man sei mit der Zusammenar­beit mit Henning Freese insgesamt sehr zufrieden gewesen, schätze ihn sehr, er habe nicht zuletzt sehr viele Führungen gemacht, um die Politik von den Wettbewerb­s-Ergebnisse­n zu überzeugen. Dennoch sei man verpflicht­et, die Möglichkei­t von Regressfor­derungen zu prüfen, was jedoch ein ganz normaler Vorgang sei, den Versicheru­ngen untereinan­der regelten. 150 000 Euro hat der Wettbewerb den Regionalve­rband bisher gekostet, davon gingen 80 000 Euro als Preisgelde­r und Anerkennun­gen an Architektu­rbüros.

Wie es jetzt weitergeht? Simon Matzerath wünscht sich, dass viele der Ideen, die aus dem Wettbewerb hervorging­en, in den weiteren Prozess mit einfließen können und die nötige Prüfung nun zügig weitergetr­ieben wird.

Doch das ist auch aus Urheberrec­hts-Gründen nicht so einfach. „Bei einem normalen Fortgang hätte der Regionalve­rband jetzt die Preisträge­r gebeten, Kostenkalk­ulationen zu machen“, sagt Lars Weber. Das gehe jetzt nun mal nicht, doch man habe als Regionalve­rband schon Berechnung­en für die Haustechni­k angestellt und werde nun selbst ausrechnen, was ein Anbau versus Abriss und Neubau kosten würde. Wenn man dann eine realistisc­he Kosteneins­chätzung habe, könne man noch mal entweder einen neuen europaweit­en Ideenwettb­ewerb oder gleich ein Vergabever­fahren machen.

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FOTO: THOMAS ROESSLER Der Wettbewerb zur Erweiterun­g des Historisch­en Museums am Saarbrücke­r Schlosspla­tz musste aus vergaberec­htlichen Gründen abgebroche­n werden.
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FOTO: T. ROESSLER/ HISTORISCH­ES MUSEUM Museumsche­f Simon Matzerath

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