Wie es mit dem Historischen Museum weitergeht
Der Architektenwettbewerb um die Neugestaltung des Historischen Museums am Saarbrücker Schlossplatz wurde abgebrochen, das Vergabeverfahren gestoppt. Jetzt gibt es viele offene Fragen.
Der Umbau des Historischen Museums Saar am Saarbrücker Schlossplatz wird sich noch eine ganze Weile hinziehen. Die Aufbaugesellschaft Saarbrücker Schloss (ASS) und der Regionalverband haben jetzt nach dem europaweiten Planungswettbewerb für Architekten, den sie immer noch für „erfolgreich abgeschlossen“halten, die Reißleine gezogen (wir berichteten). Sie werden nicht, wie eigentlich vorgesehen, mit den drei im Januar gekürten Preisträgern des Wettbewerbs in ein Vergabeverfahren einsteigen. Der Grund: Der Regionalverband habe sich aufgrund einer anonymen Beschwerde an eine auf Vergaberecht spezialisierte renommierte Anwaltskanzlei im Bundesgebiet außerhalb des Saarlandes gewandt, um prüfen zu lassen, ob das Wettbewerbsverfahren regelgerecht durchgeführt worden sei, wie Regionalverbandssprecher Lars Weber auf SZ-Anfrage erklärt. Die Kanzlei sei zu dem Schluss gekommen, dass das Verfahren nicht korrekt gelaufen sei. Man habe dem Verdacht nachgehen und das Verfahren prüfen lassen müssen, sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo, denn sonst wären alle weiteren Schritte juristisch anfechtbar geworden. Der „worst case“wäre wohl gewesen, dass man eines Tages die schon rollenden Bagger hätte stoppen müssen. Doch wie konnte das passieren? Schließlich hatte der Regionalverband ein erfahrenes Saarbrücker Büro, Freese Architekten, mit der Durchführung des Wettbewerbs beauftragt, um sicherzustellen, dass bei einem so komplexen Unterfangen alles korrekt vonstattengeht.
Beanstandet wurde von dem anonymen Beschwerdeführer, dass die ursprünglichen Wettbewerbsbedingungen Lösungen, wie sie der im Januar prämierte Siegerentwurf, aber auch einige weitere Teilnehmerbüros gewählt hatten, gar nicht ermöglicht haben.
Der erste Preisträger, das Kölner Architekturbüro „trint und kreuder d.n.a.“war nämlich mit dem bisherigen Museumsbau, Gottfrieds Böhm „Waggon“, wie der Pritzker-Preisträger ihn selbst salopp nannte, ziemlich radikal verfahren. Die Kölner wollten den in die Jahre gekommenen Bau mit dem undichten gewölbten Kupferdach abreißen lassen und durch einen Bau, der ein wenig wie eine kleine Schwester der Berliner Nationalgalerie aussieht, ersetzen. Dabei war in der Wettbewerbsauslobung ausdrücklich „eine die vorhandene Bausubstanz äußerst sensibel berücksichtigende, bauliche Erweiterung“vorgeschrieben worden. Im Gespräch mit unserer Zeitung sah Hennig Freese von Freese Architekten in dieser Veränderung kein Problem und fürchtete keine
Beschwerde. Begründet hatte er dies damit, dass man dies alles während des für Wettbewerbe üblichen Kolloquiums, bei dem die 30 teilnehmenden Architekturbüros gemeinsam mit der Jury Fragen diskutieren, alles offen besprochen habe.
Beim Kolloquium seien viele neue, kluge Fragen gestellt worden, die das Projekt qualitativ weitergebracht hätten, sagt Simon Matzerath, Chef des Museums und deshalb auch Mitglied der Wettbewerbsjury. Etwa an welcher Stelle und wie weit man in das Böhmsche Gebäude eingreifen dürfe, was überhaupt dazu gehöre, nur der oberirdische oder auch der unterirdische Teil. „In Anwesenheit der 30 Büros wurde dann das Wettbewerbsgebiet neu definiert, oberirdisch und unterirdisch, es wurde eine rote Linie
gezogen.“Auch online hätten alle Büros hören können, dass die Botschaft lautete, dass freier gedacht werden dürfe als in der Ausschreibung formuliert, das hatte auch Freese gesagt. Der Knackpunkt, so zeigt sich jetzt, ist aber nicht, ob alle Wettbewerbsteilnehmer über die neuen Möglichkeiten im Bilde waren, sondern ob die ursprüngliche Wettbewerbsaufgabe lediglich eine Erweiterung oder eine Konkretisierung erfahren hat, oder ob sie eine weitreichend verändert wurde. Denn wenn letzteres zutrifft, gilt dies vergaberechtlich als wettbewerbsverzerrend. Da Architektenbüros argumentieren können, sie hätten sich unter diesen veränderten Bedingungen beworben, während die ursprüngliche Fassung davon abgehalten hätte.
„Wenn die Kanzlei gesagt hätte, man kann es so oder so sehen, dann hätten wir gesagt, wir fragen noch eine andere“, erklärt Regionalverbandssprecher Lars Weber. Doch die Vergaberechts-Anwälte, die den Auftrag hatten, zu bewerten, ob man nicht doch noch im grünen Bereich liegt, hätten es klipp und klar formuliert, dass die Änderung der Aufgabe zu weitreichend gewesen sei.
Das betreffe nicht nur den Eingriff in die Bausubstanz bis hin zum Rückbau, sondern auch die Änderung des zu beplanenden Baufeldes. In Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt hatte man auch Bereiche um die Böhmsche Halle herum teilweise mit einbeziehen können.
Die Anwaltskanzlei hat laut Weber auch zwar nur kurz, aber klar formuliert, was zu tun gewesen wäre. Man hätte bei einer solchen Änderung den Wettbewerb stoppen und noch mal neu aufsetzen müssen, also noch einmal europaweit ausschreiben. Fahrlässigkeitsvorwürfe gegenüber den für die Durchführung zuständigen Freese Architekten hätte die Kanzlei jedoch nicht formuliert, so Weber.
Man sei mit der Zusammenarbeit mit Henning Freese insgesamt sehr zufrieden gewesen, schätze ihn sehr, er habe nicht zuletzt sehr viele Führungen gemacht, um die Politik von den Wettbewerbs-Ergebnissen zu überzeugen. Dennoch sei man verpflichtet, die Möglichkeit von Regressforderungen zu prüfen, was jedoch ein ganz normaler Vorgang sei, den Versicherungen untereinander regelten. 150 000 Euro hat der Wettbewerb den Regionalverband bisher gekostet, davon gingen 80 000 Euro als Preisgelder und Anerkennungen an Architekturbüros.
Wie es jetzt weitergeht? Simon Matzerath wünscht sich, dass viele der Ideen, die aus dem Wettbewerb hervorgingen, in den weiteren Prozess mit einfließen können und die nötige Prüfung nun zügig weitergetrieben wird.
Doch das ist auch aus Urheberrechts-Gründen nicht so einfach. „Bei einem normalen Fortgang hätte der Regionalverband jetzt die Preisträger gebeten, Kostenkalkulationen zu machen“, sagt Lars Weber. Das gehe jetzt nun mal nicht, doch man habe als Regionalverband schon Berechnungen für die Haustechnik angestellt und werde nun selbst ausrechnen, was ein Anbau versus Abriss und Neubau kosten würde. Wenn man dann eine realistische Kosteneinschätzung habe, könne man noch mal entweder einen neuen europaweiten Ideenwettbewerb oder gleich ein Vergabeverfahren machen.