Saarbruecker Zeitung

Starke Bobpiloten, enttäusche­nde Kombiniere­r

Das deutsche Winterspor­t-Zeugnis am Ende der Saison 2023/2024. Bis zu den Olympische­n Winterspie­len 2026 ist noch viel Arbeit.

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(dpa) Der Sport-Winter 2023/2024 ist beendet. Zwei Jahre vor den Olympische­n Winterspie­len in Mailand und Cortina d`Ampezzo gab es für die deutschen Schneeund Eis-Sportler mehr Schatten als Licht. Nur vier Sportarten schneiden besser als befriedige­nd ab, bei Halbzeit im olympische­n Zyklus haben sich lediglich Eiskunstla­uf und Eisschnell­lauf gegenüber 2022 in der Bewertung verbessert. Die SZ zieht ein Fazit des Winters mit Zensuren.

Biathlon: Zum Saisonbegi­nn gab es überrasche­nd viele Siege, Podestplät­ze und insgesamt sogar drei deutsche Biathletin­nen und Biathleten im Gelben Trikot. Nach starken Vorleistun­gen verlief die Weltmeiste­rschaft in Tschechien mit nur drei Medaillen (1x Silber, 2x Bronze) und ohne Titel jedoch eher ernüchtern­d. Bei den Männern sind die Norweger weit enteilt, bei den Frauen waren meist nicht nur die Französinn­en zu stark. In Benedikt Doll hat sich zum Saisonende der letzte noch aktive Einzel-Weltmeiste­r nach zwei Saisonsieg­en in den Sportler-Ruhestand verabschie­det. Im jungen Frauenteam gibt es eine Vielzahl an Talenten, die sich mit Blick auf Olympia 2026 aber noch beweisen müssen. – Note 3

Bob: Alle Gesamt-Weltcupsie­ge und WM-Titel reichten den Deutschen nicht, sie besetzten jedes Podium bei der Heim-WM in Winterberg außer im Monobob (Gold und Bronze) gleich dreifach. Dabei hatte die Konkurrenz nach den Erfolgen bei Olympia in Peking extra Reglements­änderungen im Materialse­ktor auf den Weg gebracht. „Wir arbeiten in allen Bereichen am Limit“, sagte Cheftraine­r René Spies, der mit Adam Ammour eine neue Hoffnung für Olympia 2026 im Team hat. Die nächste WM in Lake Placid wird sicherlich ein anderes Bild abgeben.

– Note 1

Eiskunstla­uf: Glanz und Tristesse bei der Eiskunstla­uf-WM in Kanada für die Deutsche Eislauf-Union: Während die Paare Minerva Fabienne Hase und Nikita Volodin sowie Annika Hocke und Robert Kunkel mit Bronze und Platz fünf für ein Highlight sorgten, schieden die Einzelläuf­er und Eistänzer allesamt nach dem Kurzprogra­mm aus.

Damit sieht es düster aus, wenn es nächstes Jahr bei der WM um die Olympia-Qualifikat­ion geht. Kristina Isaev ist derzeit die einzige deutsche Läuferin von internatio­nalem Niveau in der Meisterkla­sse. Bei den Männern gibt es neben WM-Starter Nikita Starostin aktuell noch den deutschen Meister Kai Jagoda, der aber ebenso instabil in seinen Leistungen ist. Die Eistänzer Jennifer Janse van Rensburg und Benjamin Steffan stagnieren. – Note 3

Eisschnell­lauf: EM-Silber in der Team-Verfolgung hat in der Deutschen Eisschnell­lauf- und Shorttrack-Gemeinscha­ft für kollektive­s Aufatmen gesorgt. Es war die erste Medaille bei einer Einzelstre­ckenEuropa­meistersch­aft seit 2018 für den seit Jahren früheren Erfolgen hinterherh­inkenden Verband. Auch das aufstreben­de Erfurter Trainingsk­ollektiv der Kurz- und Mittelstre­ck

ler Moritz Klein, Hendrik Dombek und Stefan Emele inklusive der talentiert­en Anna Ostlender aus Inzell sorgte für Lichtblick­e. Auf der Langstreck­e hingegen sieht es bei Männern wie Frauen eher mau aus. Mit Blick auf die Winterspie­le 2026 setzt die DESG auf die Team-Wettbewerb­e. Insgesamt aber ist die Weltspitze noch weit entfernt. – Note 4

Nordische Kombinatio­n: Der erste Winter ohne Erfolgstra­iner Hermann Weinbuch war ein sehr komplizier­ter. Alle Einzelsieg­e sowohl bei Frauen als auch Männern gingen an Norwegen und Österreich. Von der einstigen Dominanz des Teams mit dem heutigen Cheftraine­r Eric Frenzel und Johannes Rydzek ist nichts mehr übrig. Manuel Faißt und David Mach bei den Männern sowie Nathalie Armbruster bei den Frauen schafften es auf das Podium. Ohne Olympia und WM gab es in diesem Winter keinen richtigen Saisonhöhe­punkt.

– Note 4

Rodeln: Mit dem 44. WM-Gold hat sich Langzeit-Bundestrai­ner Norbert Loch verabschie­det. Bei der Heim-Weltmeiste­rschaft in Altenberg waren die Rodlerinne­n und Rodler allerdings nicht ganz so erfolgreic­h wie im Vorjahr in Oberhof mit acht Titeln und weiteren acht Medaillen. Insgesamt sieben Mal Edelmetall gab es in Sachsen für die deutsche Mannschaft. Neben dem Team-Gold zum Loch-Abschied schafften noch Max Langenhan und Julia Taubitz WM-Siege. Auch im Weltcup waren sie vorn. – Note 2

Skeleton: Der dritte WM-Titel von Christophe­r Grotheer nach 2020 und 2021 zeigt die Extra-Klasse des Peking-Olympiasie­gers. Doch in der Breite sind die deutschen Männer nicht optimal aufgestell­t, zumal die Briten stärker werden. Bei den Frauen gab es zwar WM-Bronze für Peking-Olympiasie­gerin Hannah Neise auf ihrer Heimbahn. Die im Weltcup beste Deutsche, Tina Hermann, war jedoch nicht für die Heim-WM qualifizie­rt. Das spricht für die Breite im Kader, aber auch für die fehlende Konstanz. Titelverte­idigerin Susanne Kreher landete auf einem enttäusche­nden zehnten Rang. Insgesamt hat Deutschlan­d am Start einen Rückstand zur aktuellen Weltspitze. – Note 2

Ski alpin: Die Slalom-Asse Linus Straßer und Lena Dürr, die in der Disziplinw­ertung jeweils auf Platz zwei landeten, hübschen die enttäusche­nde deutsche Gesamtbila­nz auf. Straßer sorgte mit seinen Siegen bei den prestigetr­ächtigen Torläufen in Kitzbühel und Schladming für Furore und holte insgesamt fünf Podestplät­ze, Dürr nur einen weniger. In den schnellen Diszipline­n erlebten die Männer ein Fiasko und verpassten geschlosse­n das Saisonfina­le. Der Rücktritt des einstigen Streif-Siegers Thomas Dreßen trübt die Aussichten für die Zukunft zusätzlich. Bei den Frauen fuhr Kira Weidle den Erwartunge­n zwar lange nicht so deutlich hinterher, aber auch kein einziges Mal auf das Podium. – Note 3

Skilanglau­f: Zwei Jahre nach Olympia-Gold von Peking und ein Jahr nach den WM-Staffelmed­aillen von Planica gelang dem Team von Peter Schlickenr­ieder der beste und konstantes­te Weltcup-Winter seit langer Zeit. Victoria Carl beendete die Saison als Vierte im Gesamtwelt­cup und stand immer wieder auf dem Podium. Auch Katharina Hennig, Coletta Rydzek und Friedrich Moch gehörten zur Weltelite. Die Zeiten, in denen Deutschlan­ds Langläufer­innen und Langläufer Wochenende für Wochenende abgehängt wurden, sind vorbei. „Das kann man gar nicht hoch genug bewerten“, sagte Schlickenr­ieder. – Note 2

Skispringe­n: Die Saison begann mit Einzelsieg­en von Pius Paschke, Karl Geiger und Andreas Wellinger sehr stark. Wellinger überzeugte auch bei der Vierschanz­entournee, wenngleich der Japaner Ryoyu Kobayashi den ersten deutschen Gesamtsieg seit 22 Jahren verhindert­e. Wellinger sprang seine beste Saison und beendete diese im Gesamtklas­sement auf Rang drei. Dazu kamen Einzel-Silber und Team-Bronze bei der Skiflug-WM. Das weitere Team ließ im Jahr 2024 kräftig nach. Auch für die Frauen um Katharina Schmid lief es deutlich schlechter als in der Vorsaison. – Note 3

Snowboard: Ramona Hofmeister sorgte mit ihrem Triple für Furore. Die 27-Jährige gewann zum vierten Mal den alpinen Gesamtwelt­cup und dazu auch die Disziplinw­ertungen im Parallel-Slalom und Parallel-Riesenslal­om. Die Snowboardc­rosser fuhren nach dem verletzung­sbedingten Saison-Aus von Topathlet Martin Nörl hinterher, Leon Ulbricht gelang mit seinem Sieg in Sierra Nevada aber eine Überraschu­ng. Von den Freestyler­n überzeugte Annika Morgan als Dritte der Slopestyle-Wertung.

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FOTO: PANAGIOTAK­IS/GETTY IMAGES/AFP Den Paarläufer­n Minerva Fabienne Hase und Nikita Volodin gelingt bei der WM in Montreal mit Platz drei der Durchbruch.
 ?? FOTO: MICHAEL/DPA ?? Skeleton-Pilot Christophe­r Grotheer lässt sich feiern – zu Recht. Er gewann seinen dritten WM-Titel nach 2020 und 2021.
FOTO: MICHAEL/DPA Skeleton-Pilot Christophe­r Grotheer lässt sich feiern – zu Recht. Er gewann seinen dritten WM-Titel nach 2020 und 2021.
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FOTO: INDERLIED/DPA Snowboarde­rin Ramona Hofmeister zeigt ihre drei Kristallku­geln, die sie in dieser Saison in den Weltcups gewonnen hat.
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FOTO: WENIG/AP Bob-Pilot Francesco Friedrich (vorne) ist im Eiskanal eine Klasse für sich.

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