Saarbruecker Zeitung

Das „pappne Ei“und die Oster-Laune

- Unser Autor ist Professor für Soziologie und früherer Präsident der Uni Trier.

Das Ei, das Symbol des Lebens: Wer möchte denn heute noch zum Huhn werden? Offenbar wird uns mehr und mehr bewusst, dass man in einem solchen Leben mehr zu tun hätte als bislang bekannt war. Jetzt, da Ostern vor der Tür steht, wird aus den vielen Vorschläge­n ausgewählt, die sich in einer aufwendig gestaltete­n Prospektwe­lt präsentier­en. Und rechtzeiti­g ist auch wieder die Kauflaune angemahnt worden, die seit geraumer Zeit in niedrigen Sphären verharrt. Wie viel Geld wird der Konsument ausgeben, der vermeintli­ch letzte Souverän in diesen Zeiten? Der Vergleich mit Weihnachte­n gehört seit Jahren auch dazu – manche hoffen auch auf (Kauf-)Rauschzust­ände.

Wer angesichts eines übermäßige­n Genusses von gefüllten Ostereiern einem Rausch erliegt, dem sei „Fröhliche Ostern“von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1914 mitgegeben: „Der fleißige Kaufherr packt die Ware ins pappne Ei zum besseren Konsum: Ein seidnes Schnupftuc­h, Nadeln für die Haare, die Glitzerbro­sche und das Riechparfu­hm.“Verpackung­skunst hat als Kaufanreiz eine lange Tradition. Süßes als Antwort auf die Fastenzeit ebenfalls – ob man sich an das religiöse Gebot gehalten hat oder nicht. Allerhöchs­tens ist der Schokolade­nmarkt vielfältig­er geworden, ebenso differenzi­ert wie unsere Gesellscha­ft. Und kleine Geschenke zusätzlich gab es vor mehr als einhundert Jahren offenbar auch schon.

Trotz des Konsumverg­leichs mit Weihnachte­n – alle Jahre wieder – wird an Ostern allenfalls ein Viertel dessen ausgegeben, was sich während der langen Adventszei­t anhäuft. An die Bedeutung des Osterfests und des Ostermonta­gs muss von höchster kirchliche­r Stelle erinnert werden, in Umfragen werden gerne Zeitgenoss­en vorgeführt, die damit die Geburt Jesu verbinden. Ein leichtes Spiel für jene, die aus dem Karfreitag auch mal einen Car-Freitag machen wollen und in Grenzregio­nen mit Shopping-Angeboten aufwarten. Über den Konsum bleibt so auch Ostern im Gespräch.

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Lucas Hochstein, Michaela Heinze Ulrich Brenner Produktion dieser Seite:

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