Radikaler Feminismus
„Ich habe auf Andy Warhol geschossen“nimmt das „ SCUM Manifesto“genauer in Augenschein.
ry) Am3. Juni 1968 betrat die Radikalfeministin Valerie Solanas die Silver Factory, aus der sie zuvor ausgeschlossen wurde, und gab drei Schüsse auf Andy Warhol ab. Eine fünfstündige Operation rettete AndyWarhol das Leben. DerNachwelt ist im Anschluss an diese schrecklicheTat vor allem das Bild einer geisteskranken Person im Gedächtnis geblieben, die das männliche Geschlecht vernichten und in ihrem paranoiden Wahn einen weltberühmten Künstler ermorden wollte. Sie wurde in eine psychiatrische Anstalt gesperrt und zum Schweigen gebracht. Dabei war das Attentat in der Factory kein Amoklauf, sondern eine kaltblütig geplante Aktion und ein Vorgeschmack auf ihr Hauptwerk, das „SCUM Manifesto“, das als einWegbereiter für den radikalen Feminismus gilt und im Anschluss an das Attentat durch denVerlegerMauriceGirodias veröffentlicht wurde. Hier behauptet Valerie Solanas, dass Männer nicht dazu in der Lage seien, menschlich zu handeln und rief dazu auf, „das männliche Geschlecht zu vernichten“. Valerie Solanas war eine Frau, die nur eine Zeit lang die mediale Aufmerksamkeit auf sich zog, weil sie auf einen Prominenten geschossen hatte, und die anschließend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwand. Doch trotz ihrer schockierenden Tat ist
ihr Werdegang und ihre Bedeutung für die Geschichte des Feminismus zu komplex und faszinierend, umihrWerk lediglich auf das einer Geisteskranken zu reduzieren. Ihr gesamtes Programm ist in demManifest angelegt. Valerie Solanas hasste die Männer, bezeichnete sich selbst als radikale Lesbe und stellte noch vor der französischen Schriftstellerin Monique Wittig die Heterosexualität als politisches System infrage.„Lest mein Manifest, da steht drin, wer ich
bin!“, schleuderte sie den Journalisten entgegen. In derTat lässt das Manifest Solanas’ ganzes Leben erahnen, die sexuelle Gewalt und die Demütigungen, die jede Frau in unterschiedlichem Maße erlebt. 55 Jahre nach seinem Erscheinen ist das „SCUM Manifesto“aktuell wie nie zuvor. Denn es stellt eine Projektionsfläche für die Wut der Frauen dar und ruft sie dazu auf, sich zu vereinigen.
Die Dokumentation „Ich habe auf AndyWarhol geschossen“der
französischen Schauspielerin und Regisseurin Ovidie beleuchtet einen Text, der zu seiner Zeit unverstanden blieb, und präsentiert eine komplexe Persönlichkeit, die häufig verzerrt dargestellt wurde. Vor allem aber strebt sie eine ernsthafteAuseinandersetzung mitdemvisionärenManifest an, anstatt es als Wahnidee einer Verrückten abzutun.
Ich habe auf AndyWarhol geschossen,