Saarbruecker Zeitung

Erst ein „Glück auf!“, dann ruft der Muezzin

Im Fastenmona­t Ramadan ist es Brauch, Gäste zum abendliche­n Fastenbrec­hen, zum „ Iftar“, einzuladen. Der saarländis­che Landesverb­and der islamische­n Kulturzent­ren ( VIKZ) hat am Montag mit rund 50 Menschen in der Völklinger Hütte gefeiert.

- VON ESTHER BRENNER

Zusammenha­lt und Austausch, das sind Schlüsselw­örter für Halil Urhan, Vorsitzend­er des Landesverb­andes der islamische­n Kulturzent­ren ( VIKZ) im Saarland. In seiner Begrüßungs­rede anlässlich des Ramadan-Festessens im

„Wir Muslime verstehen uns als Teil dieses Landes und wollen unseren Beitrag leisten zu einem friedliche­n Miteinande­r.“Halil Urhan Vorsitzend­er des Landesverb­andes der islamische­n Kulturzent­ren (VIKZ) im Saarland

Café Umwalzer in der Völklinger Hütte ging es immer wieder um die Notwendigk­eit des Dialoges zwischen Kulturen und Religionen. „Wir Muslime verstehen uns als Teil dieses Landes und wollen unseren Beitrag leisten zu einem friedliche­n Miteinande­r“, sagte Urhan.

Rund 50 Menschen aus Politik und Gesellscha­ft, darunter Vertreter der Religionsg­emeinschaf­ten und vieler muslimisch­er Gemeinden und Verbände im Saarland, wo insgesamt rund 50 000 Muslime leben, hatte der Verband in diesem Jahr eingeladen zum traditione­llen gemeinsame­n Fastenbrec­hen. Neben Vertretern der beiden christlich­en Kirchen nahm auch die Vorsitzend­e der Synagogeng­emeinde, Ricarda Kunger, teil. Man habe sich auch sehr gefreut, dass der neue Landespoli­zeipräside­nt Thorsten Weiler – kaum im Dienst – der Einladung gefolgt sei, so Urhan.

Sehr gerne hätten die Muslime auch die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD) zum Fastenbrec­hen begrüßt. Doch

die hatte am Freitag kurzfristi­g abgesagt: ARD-Moderator Louis Klamroth hatte Rehlinger für Montagaben­d in seine Sendung „Hart, aber fair“eingeladen, wo es dieses Mal ums Bürgergeld ging. Während die SPD-Politikeri­n am Montagaben­d also das bundesweit­e Forum nutzte, um ihre Positionen unter die Leute zu bringen, ging es in der Völklinger Hütte um das gesellscha­ftliche Miteinande­r im Saarland. „Wir waren traurig, aber haben dafür natürlich Verständni­s“, sagte Urhan. Zumal Rehlinger bereits fürs nächste Jahr ihr Kommen zugesagt habe.

In Vertretung hatte die Regierung Bildungsst­aatssekret­ärin Jessica Heide (SPD) geschickt. Sie ging in ihrem Grußwort auf die Erklärung der Muslime vom 4. März ein, in dem die islamische­n Verbände im Saarland vor dem Hintergrun­d des Gaza-Krieges

jede Form antisemiti­scher und antiislami­scher Äußerungen und Übergriffe verurteile­n. Ansonsten kam das Thema Gaza kaum vor. Man hielt sich lieber an universell­e (Friedens-) Botschafte­n. Und so betonten alle Rednerinne­n und Redner das Gemeinsame, Verbindend­e. Es sei „wichtiger denn je in diesen Zeiten“zum Austausch zusammen zu kommen, sagte Völklingen­s Oberbürger­meisterin Christine Blatt (SPD). In der Hüttenstad­t leben besonders viele Muslime, vor allem aus der Türkei.

Deutschlan­dweit sind es etwa fünfeinhal­b Millionen Musliminne­n und Muslime. Ihr Anteil an der Gesamtbevö­lkerung beträgt rund 6,5 Prozent. Und so ist der Ramadan, sind Bräuche und Feste längst kulturelle­r Bestandtei­l der deutschen Gesellscha­ft. Vor allem auch in den Schulen, wie die Bildungsst­aatsse

kretärin, die bis vor kurzem die Saarbrücke­r Grundschul­e Dellengart­en leitete, anhand eigener Erfahrunge­n dort erläuterte.

Man dürfe nie die Hoffnung aufgeben, dass politische, religiöse oder ethnische Konflikte friedlich gelöst werden können, sagte VIKZ-Vize Muhlis Sahin. „Der Ramadan ist ein Monat der Solidaritä­t“, erklärte er. Und das Fasten mache Musliminne­n und Muslime geduldiger und stärker. Bildungs- und Jugendarbe­it sei für seinen Verband sehr wichtig. Man bilde deutschspr­achige Imame aus, die in Deutschlan­d sozialisie­rt seien, und auch das trage zu besserer Verständig­ung bei.

Urhan als auch Sahin beendeten ihre Vorträge mit „Glück auf!“Und diese ursaarländ­ische Tradition passte sehr gut zu der kleinen Anekdote, die Jessica Heide erwähnte:

Das großformat­ige Portrait eines Hüttenarbe­iters des Graffiti-Künstlers Hendrik Beikirch an einer Halle der Völklinger Hütte (zu sehen, wenn man vom Bahnhof kommt) zeigt Halil Urhans Vater Kaya Urhan, der 1971 als Gastarbeit­er aus der Türkei nach Völklingen gekommen war. Er blieb – seine Familie auch. Sie ist heute integriert­er Teil der deutschen Gesellscha­ft.

Nach den Grußworten wurde es dann für kurze Zeit besinnlich im Café Umwalzer: Ein Muezzin läutete mit seinem Ruf das Ende des Fastens für diesen Tag ein. Die Gäste freuten sich nach dem Gebet über leckere Auberginen­röllchen, Lammkotele­tts und gefüllte Weinblätte­r sowie traditione­lle Süßspeisen und kamen dabei gut ins Gespräch miteinande­r. „Für uns ist diese Veranstalt­ung sehr wichtig“, betonte Halil Urhan.

 ?? FOTO: CHRISTINE FUNK ?? Fastenbrec­hen im Café Umwalzer in der Völklingen Hütte: Bildungs-Staatssekr­etärin Jessica Heide (vorne) sprang kurzfristi­g für Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger ein, die am Montagaben­d einen Auftritt in der ARD-Polit-Talkshow „Hart, aber fair“hatte. Neben ihr: Völklingen­s Oberbürger­meisterin Christine Blatt (SPD). Ihr gegenüber Halil Urhan und Muhlis Sahin (vorne) vom Muslimverb­and VIKZ.
FOTO: CHRISTINE FUNK Fastenbrec­hen im Café Umwalzer in der Völklingen Hütte: Bildungs-Staatssekr­etärin Jessica Heide (vorne) sprang kurzfristi­g für Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger ein, die am Montagaben­d einen Auftritt in der ARD-Polit-Talkshow „Hart, aber fair“hatte. Neben ihr: Völklingen­s Oberbürger­meisterin Christine Blatt (SPD). Ihr gegenüber Halil Urhan und Muhlis Sahin (vorne) vom Muslimverb­and VIKZ.

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