Kraftwerk Weiher bis 2031 unverzichtbar
Während einer Führung erhielten Bürger und die SZ viele Einblicke in den Produktionsprozess in Quierschied.
In Quierschied, 13 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Saarbrücken, betreibt der Essener Stromerzeuger Steag Power das Steinkohlekraftwerk Weiher 3. Es ist neben Fenne und Bexbach das dritte noch verbliebene Kohlekraftwerk im Saarland.
„Vor ein paar Tagen erhielt der Konzern die Nachricht über die Verlängerung der Systemrelevanz bis zum 31. März 2031“, sagt Elektroingenieur Rouven Cornelius, der beim Kraftwerk als „Leiter Elektroanlagen“beschäftigt ist. Bei einer Prüfung durch den Übertragungsnetzbetreiber Amprion und die Bestätigung durch die Bundesnetzagentur wurde festgestellt, dass Weiher 3 weiterhin systemrelevant sei. Systemrelevant bedeutet, dass das Kraftwerk für die Sicherung der Netzstabilität unverzichtbar ist und deshalb weiterhin am Netz bleibt. Dafür, dass Steag die Anlage ständig betriebsbereit hält, um sie bei Bedarf und gleichzeitiger Anforderung durch Amprion hochzufahren, erhält das Unternehmen lediglich eine Kostenerstattung.
Zunächst war die Systemrelevanz von Weiher 3 befristet bis 31. März 2024. Am 31. Oktober 2022 ging das Kraftwerk aber wieder vorübergehend ans Netz, denn die Energiekrise führte zu einem Comeback der Steinkohleverstromung.
Weiher 3 wurde 1976 nach dreijähriger Bauzeit durch die Saarbergwerke AG in Betrieb genommen. Die beiden älteren Blöcke I (ab 1930) und II (ab den 60er Jahren) wurden später abgerissen. Die Kohle erreiche das Kraftwerk heute aus Kolumbien und den USA. Sie gelange über den Seeweg zu den niederländischen Häfen Amsterdam und Rotterdam und Antwerpen in Belgien. Von dort wird sie mit dem Zug nach Quierschied transportiert, erläutert Rouven Cornelius.
Weiher 3 ist ein thermisches Kraftwerk. Die Kohle wird zunächst in den Kohlemühlen zu Staub zermahlen. Anschließend wird sie zu einem Brennkessel transportiert und bei Temperaturen von bis zu 1300 Grad verbrannt. Die Abwärme, die dabei entsteht, wird dazu genutzt, Wasser in einem Rohrleitungssystem zu erhitzen. Der entstandene energiereiche und bis 500 Grad heiße Wasserdampf wird anschließend zu einer Dampfturbine, die Laufräder in Bewegung setzt, weitergeleitet. Eine Antriebswelle leitet die entstehende Rotationsenergie an einen Generator weiter. Hierbei können bis zu 656 MW (Megawatt) Nettoleistung erzeugt werden. Über Hochspannungstransformatoren wird die Energie ins Stromnetz eingespeist. Vor Ort hält die Steag auch einen Großbatteriespeicher vor, der 15 MWh (Megawattstunden) speichern kann.
Der entstandene Wasserdampf wird zu einem Kondensator geleitet und runtergekühlt. Danach gelangt er zu dem von weitem sichtbaren und markanten Kühlturm von Quierschied. Dort wird zusätzliches Wasser aus der Saar zur Kühlung zugeführt. Der entstehende Rauch wird über eine Filteranlage und eine Rauchgas-Entschwefelungsanlage geschleust, um gefährliche Verbindungen herauszufiltern.
Als Nebenprodukte entstehen bei der Stromerzeugung Flugasche, Kesselsand und Gips. Die Steag verkauft diese Produkte an die Baustoffindustrie weiter. Ein Teil des erhitzten Wassers wird als Fernwärme für Quierschied und Teile von Göttelborn benutzt.
Rouven Cornelius berichtet weiter, dass das Kraftwerk im Jahr 2022 sieben Mal und 2023 insgesamt 30 Mal vom Netzbetreiber Amprion stundenweise angefordert wurde, um Strom zu erzeugen und so das Netz zu stabilisieren. Läuft die Anlage bei voller Leistung einen ganzen Tag lang, werden dabei rund 5000 Tonnen Kohle verbraucht. Der Wirkungsgrad von Weiher 3 liege bei rund 40 Prozent. Momentan arbeiten im Kraftwerk 115 Mitarbeiter.
„Aktuell ist der politische Handlungsdruck immens, wenn die Versorgungssicherheit und der Kohleausstieg gelingen sollen“, ergänzt Rouven Cornelius. Geplant ist der Neubau von H2-Ready-Gaskraftwerken. Bereits 2008 war der Planungsstart einer dieser Gas- und Dampfturbinenanlagen (GuD-Anlage) am Standort Quierschied. Geplant ist damit die Schließung einer Kapazitätslücke in Deutschland von 25 GW (Gigawatt) bis zum Jahr 2030. Bei einer politischen Einigung in diesem Jahr sei eine operative Umstellung bis zum Jahr 2028 optimistisch, aber möglich. Der Wirkungsgrad dieser neuen Kraftwerke liegt bei etwa 60 bis 80 Prozent, mit einer Leistung von 570 MW.