Moregardh ist bereit für den „letzten Tanz“
Der schwedische Weltklasse-Tischtennisspieler und der TTC Neu-Ulm treffen im Halbfinale der Champions League auf den 1. FC Saarbrücken.
sich Truls Moregardh darauf vorbereitet, Tischtennis zu spielen, dann fällt dabei zunächst nichts Besonderes auf – abgesehen davon, dass der Schwede ohne jeden Zweifel zu den Besten seines Fachs zählt. Alles scheint so wie bei vielen anderen Top-Athleten. Doch in dem Moment, in dem er seinen Schläger auspackt, wird man stutzig. Auch an diesem Tag im Februar 2024 an der Saarbrücker Sportschule ist dies so.
In aller Regel sind die Tischtennisschläger der besten Spieler der Welt rund – nicht so bei Moregardh. Der 22-Jährige setzt als einer der wenigen Athleten auf ein sechseckiges Spielgerät, das zunächst ein wenig wirkt, als hätte jemand bei der Herstellung die letzten Schritte vergessen und die Ecken nicht rundgeschliffen. Seit über zwei Jahren schwört der Weltranglisten-20. auf diese Art Schläger.
„Mein Ausrüster kam vor der WM 2021 in Houston auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich damit spielen möchte“, erzählt Moregardh, „ich hatte direkt ein gutes Gefühl damit und wollte es ausprobieren“. Rückblickend nicht die schlechteste Entscheidung, denn bei der WM unterlag er erst im Finale dem Chinesen Fan Zhendong und gewann Silber. Daher habe er „keinen Grund gesehen, damit nicht weiterzuspielen“.
Am kommenden Ostersonntag (17 Uhr) werden Truls Moregardh und sein besonderes Markenzeichen beim Final Four der Champions League in der Saarbrücker Saarlandhalle zu bestaunen sein. Mit seinem Verein TTC Neu-Ulm trifft der Rechtshänder im Halbfinale auf den Titelverteidiger und Gastgeber 1. FC Saarbrücken. Spätestens das Finale am Ostermontag (14 Uhr) würde dabei sein letzter Auftritt für das Projekt Neu-Ulm werden.
Vor zwei Jahren unter großem Aufsehen, mit Titelambitionen und
vielen Stars wie Moregardh oder Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov gestartet, hatten die Donauschwaben im Januar 2023 den Pokal im Finale gegen Borussia Düsseldorf gewonnen. Doch nach Querelen mit der Tischtennis-Bundesliga ( TTBL) zog sich der Club bereits nach einem Jahr wieder aus den nationalen Wettbewerben zurück.
Im Kern ging es dabei darum, dass Moregardh und seine Teamkollegen Tomokazu Harimoto und Lin Yun-Ju nach dem Pokalendspiel im vergangenen Jahr außerhalb des erlaubten Wechselfensters zu ausländischen Clubs gewechselt waren. Daraufhin hatte die TTBL sie mit einer Sperre
von zehn Spielen für die darauffolgende Saison 2023/2024 und einer Geldstrafe belegt.
Die Empörung der Neu-Ulmer über das Strafmaß ging so weit, dass sie ihren Bundesliga-Rückzug erklärten und dem Düsseldorfer Manager Andreas Preuß vorwarfen, als Aufsichtsrats-Chef der TTBL auf das harte Urteil eingewirkt zu haben, um einem Konkurrenten zu schaden. Preuß weist das entschieden zurück. Die langen Sperren hob ein Schiedsgericht auch sechs Monate später wieder auf. Doch da war der Rückzug schon perfekt.
In der aktuellen Spielzeit traten die Neu-Ulmer nur noch in der Cham
pions League an, mit einer Wildcard war das möglich. Dies wird in der kommenden Saison nach einer Regeländerung des Deutschen Tischtennis-Bundes nicht mehr machbar sein, da die Königsklassen-Teams dann zwingend in der 1. Liga spielen müssen. Damit war das Aus des TTC besiegelt. Etwas, das Moregardh bedauert: „Es war eine großartige Zeit in Neu-Ulm. Mit Dima Ovtcharov, Lin Yun-Ju, Tomokazu Harimoto und jetzt Quadri Aruna hatten wir immer ein tolles Team.“Es sei schade, „dass es zu Ende geht“.
Im Halbfinale wartet nun der Titelverteidiger und deutsche Vizemeister Saarbrücken auf Moregardh und seine Teamkollegen. „Wir wissen, dass es schwer wird, aber ich freue mich darauf, gegen Saarbrücken vor deren Heimfans zu spielen“, blickt der Rechtshänder voraus. Auch wenn mit Neu-Ulm, Saarbrücken und Düsseldorf drei Top-Teams am Start sein werden, sind die Düsseldorfer – im zweiten Halbfinale gegen Wiener Neustadt – um Superstar Timo Boll für den jungen Schweden der Favorit auf den Titelgewinn. Dennoch lässt er an einem keinen Zweifel: „Es ist der letzte Tanz für Neu-Ulm, und wir wollen die Champions League in diesem Jahr unbedingt gewinnen.“
Persönlich hat Truls Moregardh aber natürlich auch seinen Fokus
in diesem Jahr auf die Olympischen Spiele ausgelegt. Als derzeit zweitbester Schwede in der Einzel-Weltrangliste stehen seine Chancen auf seine erste Olympia-Teilnahme nicht schlecht. „Es würde mir eine Menge bedeuten, in Paris am Start zu sein“, betont er.
Dennoch ist das anstehende Final Four für ihn nicht nur ein beliebiges Turnier auf dem Weg zu Olympia: „Es ist etwas Besonderes für alle Spieler, die hier sind.“Eines steht jedoch schon vor dem ersten Ballwechsel fest: Seine ganz eigene, eckige Besonderheit wird auch in der Saarlandhalle gewiss wieder einige Blicke auf sich ziehen.