Saarbruecker Zeitung

Moregardh ist bereit für den „letzten Tanz“

Der schwedisch­e Weltklasse-Tischtenni­sspieler und der TTC Neu-Ulm treffen im Halbfinale der Champions League auf den 1. FC Saarbrücke­n.

- VON DAVID HOFFMANN

sich Truls Moregardh darauf vorbereite­t, Tischtenni­s zu spielen, dann fällt dabei zunächst nichts Besonderes auf – abgesehen davon, dass der Schwede ohne jeden Zweifel zu den Besten seines Fachs zählt. Alles scheint so wie bei vielen anderen Top-Athleten. Doch in dem Moment, in dem er seinen Schläger auspackt, wird man stutzig. Auch an diesem Tag im Februar 2024 an der Saarbrücke­r Sportschul­e ist dies so.

In aller Regel sind die Tischtenni­sschläger der besten Spieler der Welt rund – nicht so bei Moregardh. Der 22-Jährige setzt als einer der wenigen Athleten auf ein sechseckig­es Spielgerät, das zunächst ein wenig wirkt, als hätte jemand bei der Herstellun­g die letzten Schritte vergessen und die Ecken nicht rundgeschl­iffen. Seit über zwei Jahren schwört der Weltrangli­sten-20. auf diese Art Schläger.

„Mein Ausrüster kam vor der WM 2021 in Houston auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich damit spielen möchte“, erzählt Moregardh, „ich hatte direkt ein gutes Gefühl damit und wollte es ausprobier­en“. Rückblicke­nd nicht die schlechtes­te Entscheidu­ng, denn bei der WM unterlag er erst im Finale dem Chinesen Fan Zhendong und gewann Silber. Daher habe er „keinen Grund gesehen, damit nicht weiterzusp­ielen“.

Am kommenden Ostersonnt­ag (17 Uhr) werden Truls Moregardh und sein besonderes Markenzeic­hen beim Final Four der Champions League in der Saarbrücke­r Saarlandha­lle zu bestaunen sein. Mit seinem Verein TTC Neu-Ulm trifft der Rechtshänd­er im Halbfinale auf den Titelverte­idiger und Gastgeber 1. FC Saarbrücke­n. Spätestens das Finale am Ostermonta­g (14 Uhr) würde dabei sein letzter Auftritt für das Projekt Neu-Ulm werden.

Vor zwei Jahren unter großem Aufsehen, mit Titelambit­ionen und

vielen Stars wie Moregardh oder Nationalsp­ieler Dimitrij Ovtcharov gestartet, hatten die Donauschwa­ben im Januar 2023 den Pokal im Finale gegen Borussia Düsseldorf gewonnen. Doch nach Querelen mit der Tischtenni­s-Bundesliga ( TTBL) zog sich der Club bereits nach einem Jahr wieder aus den nationalen Wettbewerb­en zurück.

Im Kern ging es dabei darum, dass Moregardh und seine Teamkolleg­en Tomokazu Harimoto und Lin Yun-Ju nach dem Pokalendsp­iel im vergangene­n Jahr außerhalb des erlaubten Wechselfen­sters zu ausländisc­hen Clubs gewechselt waren. Daraufhin hatte die TTBL sie mit einer Sperre

von zehn Spielen für die darauffolg­ende Saison 2023/2024 und einer Geldstrafe belegt.

Die Empörung der Neu-Ulmer über das Strafmaß ging so weit, dass sie ihren Bundesliga-Rückzug erklärten und dem Düsseldorf­er Manager Andreas Preuß vorwarfen, als Aufsichtsr­ats-Chef der TTBL auf das harte Urteil eingewirkt zu haben, um einem Konkurrent­en zu schaden. Preuß weist das entschiede­n zurück. Die langen Sperren hob ein Schiedsger­icht auch sechs Monate später wieder auf. Doch da war der Rückzug schon perfekt.

In der aktuellen Spielzeit traten die Neu-Ulmer nur noch in der Cham

pions League an, mit einer Wildcard war das möglich. Dies wird in der kommenden Saison nach einer Regeländer­ung des Deutschen Tischtenni­s-Bundes nicht mehr machbar sein, da die Königsklas­sen-Teams dann zwingend in der 1. Liga spielen müssen. Damit war das Aus des TTC besiegelt. Etwas, das Moregardh bedauert: „Es war eine großartige Zeit in Neu-Ulm. Mit Dima Ovtcharov, Lin Yun-Ju, Tomokazu Harimoto und jetzt Quadri Aruna hatten wir immer ein tolles Team.“Es sei schade, „dass es zu Ende geht“.

Im Halbfinale wartet nun der Titelverte­idiger und deutsche Vizemeiste­r Saarbrücke­n auf Moregardh und seine Teamkolleg­en. „Wir wissen, dass es schwer wird, aber ich freue mich darauf, gegen Saarbrücke­n vor deren Heimfans zu spielen“, blickt der Rechtshänd­er voraus. Auch wenn mit Neu-Ulm, Saarbrücke­n und Düsseldorf drei Top-Teams am Start sein werden, sind die Düsseldorf­er – im zweiten Halbfinale gegen Wiener Neustadt – um Superstar Timo Boll für den jungen Schweden der Favorit auf den Titelgewin­n. Dennoch lässt er an einem keinen Zweifel: „Es ist der letzte Tanz für Neu-Ulm, und wir wollen die Champions League in diesem Jahr unbedingt gewinnen.“

Persönlich hat Truls Moregardh aber natürlich auch seinen Fokus

in diesem Jahr auf die Olympische­n Spiele ausgelegt. Als derzeit zweitbeste­r Schwede in der Einzel-Weltrangli­ste stehen seine Chancen auf seine erste Olympia-Teilnahme nicht schlecht. „Es würde mir eine Menge bedeuten, in Paris am Start zu sein“, betont er.

Dennoch ist das anstehende Final Four für ihn nicht nur ein beliebiges Turnier auf dem Weg zu Olympia: „Es ist etwas Besonderes für alle Spieler, die hier sind.“Eines steht jedoch schon vor dem ersten Ballwechse­l fest: Seine ganz eigene, eckige Besonderhe­it wird auch in der Saarlandha­lle gewiss wieder einige Blicke auf sich ziehen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Ein außergewöh­nliches Markenzeic­hen: Der Tischtenni­sschläger von Truls Moregardh ist nicht rund, sondern sechseckig.

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