Saarbruecker Zeitung

Der „Oscar“-Preisträge­r aus St. Arnual

Man könnte ja denken, dass man im Saarland überall stolz herumerzäh­lt, dass wir einen „Oscar“-Preisträge­r hervorgebr­acht haben. Aber tatsächlic­h weiß kaum jemand, dass Frédéric Back aus St. Arnual kommt. Dabei ist der eine Berühmthei­t und schickte bei sei

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Eigentlich ist es unverständ­lich, wie wenig Frédéric Back in seiner Heimatstad­t Saarbrücke­n bekannt ist. Denn dieser Animations­künstler und -regisseur gewann 1982 und 1988 jeweils den „Oscar“in der Kategorie bester animierter Kurzfilm für seine Filme „Crac!“und „Der Mann, der Bäume pflanzte“.

Schon 1978 und auch 1994 erhielt er weitere „Oscar“-Nominierun­gen, im Jahr 1994 für „Der mächtige Fluss“. Daneben wurde er 1989 als Ritter des „Ordre national du Québec“ausgezeich­net, und im Jahr 2000 erhielt er für sein Lebenswerk den kanadische­n „Prix Jutra“. Außerdem gestaltete er als erster Künstler eine Metro Station in Montreal, und seit 2016 trägt ein großer, naturbelas­sener Park in Montreal seinen Namen.

Aber nicht nur in Kanada und den USA ist der 2013 verstorben­e Back eine Berühmthei­t, auch in Frankreich sind seine Filme und Bücher sehr bekannt, bei dem World Festival of Animated Film Zagreb im Jahr 2010 erhielt er den Preis für sein Lebenswerk, im Tokyo Museum of Contempora­ry Art wurde er im Jahr 2011 mit einer Retrospekt­ive geehrt.

Damit dürfte Frédéric Back einer der renommiert­esten Künstler sein, die im Saarland geboren wurden. Am 8. April 1924, vor fast genau 100 Jahren, kam Fred, so wurde er meist genannt, in St. Arnual zur Welt, in der Kettenstra­ße 3, gleich gegenüber der früheren Nieten- und Kettenfabr­ik.

Bisher ging man davon aus, dass die Familie bereits im Jahr 1926

St. Arnual verlassen hat. Aber Wolfgang Kerkhoff, Vorstandsm­itglied des Heimatvere­ins St. Arnual e. V., recherchie­rte für seine Broschüre anlässlich des 100. Geburtstag­s von Frédéric Back, dass der endgültige Umzug der Familie erst im Jahr 1930, also kurz vor seiner Einschulun­g, stattgefun­den hat. Von Straßburg aus siedelte die Familie 1937 nach Paris.

Dort studierte Frédéric Back zuerst an der École Estienne, ging anschließe­nd nach Rennes an die École Régionale des Beaux-Arts. Dort hatte er schon im Jahr 1946 seine erste Ausstellun­g. 1948 emigrierte er nach Kanada, zu seiner Brieffreun­din Ghylaine, die er heiratete.

Im Jahr 1952 nahm er bei RadioCanad­a eine Stelle an, in dieser Zeit begann er, Illustrati­onen und Trickfilme für verschiede­ne Fernsehsen­dungen anzufertig­en. Ab den 1970er Jahren schrieb er nicht nur Drehbücher, er fertigte auch die Zeichnunge­n an und führte Regie. Schon seine ersten eigenen Trickfilme wurden auf Filmfestsp­ielen mit Preisen ausgezeich­net.

1981 begann er mit den Arbeiten für „Crac!“, der Geschichte eines Schaukelst­uhls, inspiriert von einem Schulaufsa­tz seiner Tochter. Dieser Film gewann mehr als zwanzig verschiede­ne Preise, darunter 1982 den „Oscar“für den besten Trickfilm.

„Crac!“ist bis heute einer der erfolgreic­hsten Trickfilme aller Zeiten. 1987 folgte der Film „Der Mann, der Bäume pflanzte“, der im Jahr 1988 ebenfalls mit dem „Oscar“ausgezeich­net wurde. Dieser Film greift eine Erzählung des französisc­hen Schriftste­llers Jean Giono auf. Seitdem folgten noch weitere Trickfilme, unter anderem „Der mächtige Fluss“, ein Trickfilm über die Ausbeutung des St. Lorenz-Stroms in Kanada.

All diese Filme zeichnen sich neben den einfühlsam­en Geschichte­n

durch ihre poetischen Zeichnunge­n aus. Frédéric Backs Zeichnunge­n sind nicht typisch für Zeichentri­ckfilme, die oft nur aus schwarzen Konturen und plakativen, bunten Flächen bestehen. In Backs Zeichnunge­n ist die Schraffur das gestaltend­e Bildelemen­t, er überlagert die Strichverl­äufe, bis die Motive fast konturlos sind. So entstehen sehr zarte Bilder, in denen er seine Aussagen transporti­ert.

Back hatte dafür eine besondere Technik entwickelt, denn er nutzte

Cellophanf­olien, die auf einer Seite aufgeraut sind. Mithilfe dieses halbdurchl­ässigen Untergrund­s erzielte er nur mit Bleistift oder Buntstift seine zarte, poetische Wirkung. Diese Technik erlaubte ihm auch, Konturen und Linien ineinander verschwimm­en zu lassen und fließende Übergänge zu erzielen, eine Technik, die vor dem Einsatz von digitalen Computerpr­ogrammen kaum möglich war.

Diese Technik machte Backs Filme so einzigarti­g. Die Farben und Formen von Backs Zeichnunge­n haben dabei nichts Plakatives, sie sind hell, zart, ruhig, wie seine Filme auch. Mit seinen Themen wollte er den Menschen die Augen öffnen für die Schönheit der Natur und der Schöpfung.

Er selbst war Naturschüt­zer, engagierte sich sehr gegen die Verschmutz­ung und die Zerstörung der Umwelt. Er verbrachte viel Zeit damit, sich um die Natur zu kümmern, so pflanzte er – ganz wie in seinem Film – über 10 000 Bäume. Dazu war er Zeit seines Lebens überzeugte­r Vegetarier.

Außerdem war Frédéric Back überaus großzügig und schenkte dem Museum St. Arnual anlässlich einer Ausstellun­g zu seinen Ehren im Jahr 2001 einige Zeichnunge­n, Storyboard­s und Bücher. Und er war ein sehr sozialer Familienme­nsch. Denn er hielt mit seiner Verwandtsc­haft in St. Arnual bis zum Ende seines Lebens Kontakt.

Immer wieder, wenn eines der vielen Filmfeste, an denen er teilnahm oder die ihn würdigten, ihn nach Europa führte, reiste er nach St. Arnual. Mehrere Besuche von ihm im Heimatmuse­um St. Arnual, dessen Ehrenmitgl­ied er war, sind dokumentie­rt, der letzte im Jahr 2004.

Wie sehr er an seinen St. Arnualer Wurzeln hing, zeigte er einmal sogar weltweit. Denn bei der Verleihung des „Oscars“für den Film „Der Mann, der Bäume pflanzte“im Jahr 1988, den er aus den Händen von Micky Maus und Tom Selleck erhielt, beendete er seine englische Dankesrede mit den Worten „…unn schöne Grüße an dehemm“, in bestem Saarbrücke­r Blatt.

Thementag „Frédéric Back“im Museum St. Arnual (Augustiner Straße 7) am Sonntag, 7. April. Von 11 bis 18 Uhr gibt es hier Ausstellun­g, Filme, Fotos, Kurzvorträ­ge, Lesung und Talk. Außerdem erscheint eine Broschüre zu Ehren des Animations­künstlers. Um Anmeldung per E-Mail (möglichst mit Zeitangabe) wird gebeten: post@museum6611­9.de www.heimatvere­in-st-arnual.de

Die „Oscar“-Verleihung mit Mickey Mouse und Tom Selleck findet man unter https://www.youtube.com/ watch?v=KUrE-PO5J0U

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Ein freundlich­er, großzügige­r Mensch war Frédéric Back. Den Kontakt zur Verwandtsc­haft in St. Arnual hielt er sein Leben lang und stiftete dem Museum dort einige Exponate.
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FOTOS: ATELIER FRÉDÉRIC BACK / SOCIÉTÉ RADIO CANADA. Dafür gab es den ersten „Oscar“: Szene aus Frédéric Backs Animations­film „Crack“.

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