Holz ist der Stoff, aus dem seine Träume sind
Er arbeitet mit Holz, aber er will nicht, dass ein Baum gefällt wird für seine Kunst. Auch sonst ist Michael Ott aus St. Arnual viel mehr als das, was man von einem gelernten Schreiner erwarten würde. Davon kann man sich an den „Europäischen Tagen des Kun
Mir ist ganz wichtig, dass wegen meiner Objekte kein Baum gefällt werden muss. Das Holz, das ich bearbeite, stammt von Bäumen, die aus Sicherheitsgründen gefällt werden mussten“, erklärt Michael Ott gleich zu Beginn des Gesprächs in seiner Werkstatt in St. Arnual. Dort, in der Saargemünder Straße, in Höhe des Beamtenwohnhauses Habitat Stockenbruch, hat er sich und seiner Familie ein Idyll erschaffen aus einem ehemaligen Pferdestall, der heute das Wohnhaus mit großer, überdachter Holzveranda ist, dazu Werkstatt, Hinterhof, sowie einen Hühnerstall.
Vieles davon hat er selbst gebaut, denn Michael Ott ist Schreinermeister. Geboren wurde er in Merzig, stammt aus einer kunstaffinen Familie. „Ich weiß noch, ich habe schon die Möbel für mein Jugendzimmer mit meinem Vater selbst gebaut. Da war mir klar, dass ich ins Handwerk wollte“, erzählt er.
So absolviert er nach der Mittleren Reife eine Ausbildung zum Schreiner, legt danach das Fachabitur ab und beginnt im Alter von 20 Jahren ein Studium der Architektur in Saarbrücken. Doch schon während des Studiums arbeitet Michael Ott wieder in einer Schreinerei, baut Möbel, arbeitet später für eine Schreinerei, die auf den Bau von Wintergärten spezialisiert ist. „Dort habe ich auch
viele größere Projekte betreut“, erklärt er.
1996 macht er seinen Meister, seither arbeitet Michael Ott selbstständig, mit Schwerpunkt Möbelbau. „Ich baue Tische, Betten, auch mal ganze Ladeneinrichtungen. Das sind alles Auftragsarbeiten“, sagt er.
Um das Jahr 2013 gerät Michael Ott in eine Krise. Genau zu dieser Zeit muss ein Freund in seinem Garten einen Ahornbaum fällen. Und er fragt ihn, ob er das Holz haben wolle. Michael Ott beginnt daraufhin, Objekte herzustellen. Gefäße, die so groß sind, dass sie viel körperliche Kraft voraussetzen. Und genau die kam dem Schreinermeister bei der Gestaltung dieser freien Objekte wieder.
„Diese Gefäße sind keine Auftragsarbeiten. Ich mache sie, um
dem Holz den nötigen Respekt zu zollen“, erläutert er. So begann er, sehr große, einfache Holzschalen und Vasen zu gestalten, die schon mal über einen Meter hoch sind und gerne knapp 90 Zentimeter breit.
Anfangs war die Gestaltung dieser Gefäße therapeutisch für ihn, dann aber entwickelt Michael Ott eine große Leidenschaft für diese Objekte, bewirbt sich daher auch im Jahr 2017 bei Ernst Gamperl, einem renommierten und preisgekrönten Holzkunstwerker aus dem Allgäu, um einen Kurs. „Dort habe ich viel gelernt“, erzählt er.
Michael Ott nutzt für seine Objekte sogenanntes Nassholz, Holz, das noch nicht getrocknet ist. „Das hat verschiedene Gründe. Zuerst hat das Holz keine Trockenrisse, es lässt sich leichter scheiden, drechseln und bearbeiten. Und danach passiert noch etwas ganz Spannendes. Denn beim Trocknen verzieht sich das Holz, man hat keinen Einfluss mehr darauf. Es verändert sich und es überrascht immer wieder, wo der Weg hinführt“.
All seine Objekte, die er erschafft, stammen aus einem Stück Holz, es wird nichts geklebt oder gesteckt. Seine Objekte haben fast immer eine klassische, traditionelle Form, die an große Terrakotta-Vasen oder antike Amphoren erinnern. Aber das Besondere ist, dass sie ganz unterschiedliche Oberflächen aufweisen, auch wenn sie aus dem gleichen Baumstamm gefertigt wurden. Denn Michael Ott belässt mal eine Schale im Originalzustand, eine andere wird gewachst oder geölt. Dann aber nutzt er auch Kalkfarbe, die er wieder abbürstet, oder räuchert und flammt die Oberflächen.
Dabei heraus kommen Gefäße mit Oberflächen, die mal spröde, dann aber auch ganz zart oder seidig sind. Mal haben sie einen warmen Honigfarbton, wurden sogar mit Rote-Beete-Saft gefärbt, oder wurden „ebonisiert“, eine Technik, die die Holzoberfläche schwärzt, um fast schwarzes Ebenholz zu imitieren.
Aber nicht nur bei der Bearbeitung der Oberfläche zeigt sich das Können der verschiedenen Techniken des Schreinermeisters. Denn mittlerweile drechselt und schneidet er seine Objekte gleichzeitig. So erschuf er ein großes, fast rundes Holzbecken, dessen Fuß jedoch geschnitten wurde – und das Ganze aus einem Stück Holz. Für diese außergewöhnliche Arbeit wurde er dann auch im letzten Jahr für den hessischen Staatspreis nominiert.
Und seine Objekte können Geschichten erzählen. Nämlich die Geschichten des Baums, aus dessen Holz sie gefertigt wurden. So weist ein Gefäß auch schon mal Granatsplitterverfärbungen aus dem Zweiten Weltkrieg auf, ein anderes hat eine löchrige Stelle vom Pilzbefall.
Eine Auswahl dieser Gefäße wird Michael Ott nun zum ersten Mal in einer Einzelausstellung anlässlich der „Europäischen Tage des Kunsthandwerks“präsentieren, die vom 5. bis zum 7. April stattfinden, und die er in der St. Arnualer Kettenfabrik selbst organisiert.
Er hofft, dort auch das Gefäß zeigen zu können, das aktuell noch in seiner Drechselmaschine eingespannt ist. Dieses Objekt wird ebenfalls eine Höhe von fast einem Meter haben und an die Form einer antiken Amphore denken lassen. „Es ist aus Eschenholz. Der Baum stand hier in der Saargemünder Straße und musste im letzten Sommer gefällt werden, da er am Eschentriebsterben erkrankt war. Und ich durfte ein Stück des Stamms aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft haben“, sagt er. Und auch diese Esche wird als Gefäß dann noch ihre Geschichte erzählen können.
„Diese Gefäße sind keine Auftragsarbeiten. Ich mache sie, um dem Holz den nötigen Respekt zu zollen“Michael Ott Holzhandwerker und Künstler
„Unikate aus Holz. Michael Ott“, Ausstellung in der Kettenfabrik St. Arnual. Ausstellungseröffnung am Freitag, 5. April, 18 Uhr. Geöffnet 6. und 7. April, jeweils 11 bis 18 Uhr. Eine weitere Ausstellung anlässlich der „Europäischen Tage des Kunsthandwerks“zeigt Werke des Berufsverbandes Handwerk Kunst Design Saar e.V. und ist von Freitag, 5., bis Sonntag, 7. April, im KuBa – Kulturzentrum am EuroBahnhof (Europaallee 25) zu sehen.