Saarbruecker Zeitung

„Ein Stück Glück“für die Ukraine

Auch Georgien und Polen qualifizie­ren sich für die Fußball-Europameis­terschaft in Deutschlan­d.

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(sid) Als Wolodymyr Selenskyj vor Stolz beinahe platzte und Ukraines EM-Fahrer die Ovationen von 30 000 Fans genossen, zählte sogar an der Front für einen kurzen Moment nur noch König Fußball. In vielen Schützengr­äben hatten Soldaten auf kleinen Bildschirm­en während einer Feuerpause den Coup ihrer Nationalma­nnschaft im fernen Breslau verfolgt. Es war eine kleine und viel zu kurze Ablenkung in schwersten Zeiten.

Auch Präsident Selenskyj jubelte mit – wenn auch mit einer politische­n Note. „Wir haben wieder einmal bewiesen: Wenn Ukrainer in Schwierigk­eiten stecken, geben sie nicht auf und kämpfen weiter, bis sie gewinnen“, schrieb der Staatschef bei Instagram. Wie schon im Play-off-Halbfinale gegen BosnienHer­zegowina war die Ukraine auch im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Island in Rückstand geraten – und gewann am Ende doch mit 2:1.

„Danke Jungs. In Zeiten, wo die Feinde versuchen, uns zu zerstören, zeigen wir jeden Tag, dass wir da sind und da sein werden“, schrieb Selenskyj. Und natürlich war er mit dieser Wortwahl nicht allein. Auch

Verteidige­r Oleksandr Sintschenk­o vom FC Arsenal dankte nach dem Schlusspfi­ff „den Soldaten, die ihr Leben geben für unsere Freiheit“.

Fast in Vergessenh­eit geriet, dass Ukraines Erfolg vor allem ein Sieg der besseren Fußballman­nschaft war. Die Tore von Viktor Zygankow (54. Minute) und Chelsea-Star Mychajlo Mudryk (84.) brachten das Ticket nach Deutschlan­d, auch viele isländisch­e Fans applaudier­ten und stimmten sogar ein, als die Ukrainer mit erhobenen Händen ein „Huh“ durch das Stadion hallen ließen – ein Ritual, auf das eigentlich die Isländer ein Copyright haben.

Für die Ukraine geht es nun im Sommer nach Deutschlan­d – erst am 3. Juni zu einem Test in Nürnberg gegen die DFB-Elf, dann zu den Gruppenspi­elen in München, Düsseldorf und Stuttgart gegen Rumänien, die Slowakei und Belgien. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser sendete noch am Abend Glückwünsc­he: „Wir freuen uns sehr, die Ukraine bei der EM in Deutschlan­d zu begrüßen. Das Signal ist einmal mehr und weit über den Sport hinaus: Die Ukraine gehört zu Europa!“

Die Mannschaft feierte ihren Triumph indes eher verhalten, nach der Ehrenrunde vor unzähligen blau-gelben Fahnen herrschte in der Kabine eher Erschöpfun­g denn Euphorie. Verbandspr­äsident Andrij Schewtsche­nko klatschte jeden Spieler ab, stand für Umarmungen bereit – und richtete dann ein paar Worte an die Mannschaft. „Ich habe Tausende Nachrichte­n der Unterstütz­ung erhalten, auch von Menschen, die jetzt an vorderster Front stehen, um unser Land zu verteidige­n“, sagte der ehemalige Stürmersta­r: „Ihr habt ihnen ein kleines Stück Glück geschenkt.“

Jubel herrschte am Dienstagab­end auch in Georgien und Polen. Die Georgier machten gegen Griechenla­nd ihre erstmalige Qualifikat­ion für eine EM perfekt. Das von dem ehemaligen Bayern-Profi Willy Sagnol trainierte Team setzte sich am Dienstagab­end mit 4:2 im Elfmetersc­hießen durch. Die von Kapitän Robert Lewandowsk­i angeführte­n Polen gewannen im Elfmetersc­hießen mit 5:4 gegen Wales.

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FOTO: GAPON/AFP Die ukrainisch­en Nationalsp­ieler feiern gemeinsam mit den Fans in Breslau die Qualifikat­ion für die Europameis­terschaft in Deutschlan­d.

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