Karfreitagsverbote: Respekt oder Relikt?
Weniger als die Hälfte der Deutschen ist noch kirchlich gebunden. Dennoch gelten an Karfreitag einige christlich geprägte Verbote - je nach Bundesland unterschiedlich streng. Wie sehen die Regeln aus?
(dpa) Der Karfreitag ist ein umstrittener Feiertag in Deutschland. Für viele ist er einer der wichtigsten Gedenktage des Jahres, an dem des Leidens und Sterbens von Jesus am Kreuz gedacht wird. Für andere ist es ein Tag nicht mehr zeitgemäßer Verbote – immerhin ist nicht mal die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands christlich. Sonnund Feiertage sind in Deutschland als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“durch das Grundgesetz geschützt. Daher bleiben beispielsweise Geschäfte geschlossen. Eine besondere Variante sind die sogenannten stillen Feiertage wie der Karfreitag, für die es meist strenge Vorschriften gibt. Was genau an Karfreitag gilt, definieren die Gesetze der jeweiligen Bundesländer – und die sind sehr verschieden.
In Bayern beispielsweise sind Sportveranstaltungen sowie „musikalische Darbietungen jeder Art in Räumen mit Schankbetrieb“verboten, teilte das Landesinnenministerium auf Anfrage mit. Öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen seien nur dann erlaubt, „wenn der
diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“. Auch anderweitig dürfe die Feiertagsruhe nicht gestört werden, insbesondere in der Nähe von Kirchen. In vielen Bundesländern ist das ähnlich. In den Details unterscheiden sie sich aber oft deutlich. Ein Regelbruch beispielsweise kann in Bayern eine Geldstrafe von bis zu 10 000 Euro einbringen. In Berlin werden Verstöße mit maximal 1000 Euro Strafe geahndet, in den meisten Fällen ist
es jedoch deutlich weniger.
Große Unterschiede gibt es auch beim Tanzverbot. In Bayern gilt ein solches schon von Gründonnerstag bis hin zu Karsamstag durchgängig. In Berlin wird das lockerer gehandhabt: Das Tanzverbot gilt nur von 4 Uhr morgens bis 21 Uhr an Karfreitag, wie die Innensenatsverwaltung mitteilte. Auch in Hamburg gibt es ein weniger strenges Tanzverbot, dieses Jahr wird es sogar noch weiter gelockert. Während vergangenes
Jahr noch ein 24-stündiges Tanzverbot von 2 Uhr morgens an Karfreitag bis zur gleichen Zeit am Samstag galt, gilt es in diesem Jahr erst von 5 Uhr am Karfreitag bis Mitternacht – also fünf Stunden kürzer, wie die Senatskanzlei mitteilte. Ein Diskobesuch wird somit an beiden Tagen enorm erleichtert.
Tanzverbote treffen dennoch grundsätzlich viele Clubs. Der Bundesverband deutscher Discotheken (BDT) ist prinzipiell gegen Tanzverbote: „Ein Tanzverbot greift in die unternehmerische Freiheit der Diskothekenbranche ein und zwingt sie, den Betrieb einzuschränken oder ganz niederzulegen, obwohl die Nachfrage besteht“, teilte der Verband mit. „Der BDT und die Club- und Diskothekenbranche positionieren sich ganz klar gegen ein Tanzverbot an Karfreitag.“
Es sei zudem nicht fair, dass es keine bundesweit einheitlichen Regelungen gebe: „Es darf nicht sein, dass manche Betriebe durch das Tanzverbot massive Umsatzeinbußen verzeichnen müssen und andere davon profitieren.“Auch die Berliner Clubcomission ordnet Tanzverbote als „unverhältnismäßige Einschränkung der Freiheit als Kultureinrichtungen“ein.
Die Durchsetzung des Tanzverbotes werde durch stichprobenartige Kontrollen durch die Ordnungsämter durchgeführt, berichtet der BDT. Private Feiern fallen nicht grundsätzlich unter das Verbot, können aber je nach Lautstärke – und je nach Bundeslandesregelung – letztlich auch als Verstoß gegen die Feiertagsregeln gelten, wie aus den Ländergesetzen hervorgeht.
An stillen Feiertagen dürfen zudem im Kino bestimmte Filme nicht gezeigt werden. Für Fernsehen und Streamingdienste bestehen hingegen keine Beschränkungen, wie die Organisation Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) mitteilt. Die FSK entscheidet, welcher Film keine sogenannte Feiertagsfreigabe erhält. „Die Regelungen in den Landesgesetzen gehen zurück auf Bestimmungen aus der Weimarer Republik, stammen also aus einer Zeit, als Filme ausschließlich im Kino gesehen werden konnten“, teilte die FSK mit. Dennoch habe sich seitdem sehr viel geändert – an den Filmen und an den Vorgaben. Während in den 50er, 60er und 70er-Jahren über die Hälfte aller Kinospielfilme als „nicht feiertagsfrei“eingestuft wurden, sei der Prozentsatz kontinuierlich auf ein Drittel in den 80er-Jahren und nur noch 3,8 Prozent in den 90er-Jahren gesunken. Ab 2000 lag der Anteil der Kinospielfilme ohne Feiertagsfreigabe demnach bei einem Prozent und darunter.
„Ein Tanzverbot greift in die unternehmerische Freiheit der Diskothekenbranche ein und zwingt sie, den Betrieb einzuschränken oder ganz niederzulegen, obwohl die Nachfrage besteht.“Bundesverband deutscher Discotheken