Saarbruecker Zeitung

EU-Länder bestätigen neue Schuldenre­geln

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(dpa) In der Europäisch­en Union gelten künftig neue Vorschrift­en für Staatsschu­lden und Haushaltsd­efizite der Mitgliedsl­änder. Der Ministerra­t nahm am Montag in Luxemburg Reformplän­e für den sogenannte­n Stabilität­s- und Wachstumsp­akt abschließe­nd an, wie EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigte­n. Das Regelwerk soll die Budgetdisz­iplin der Länder sichern und damit solide öffentlich­e Finanzen garantiere­n. Diese gelten als wichtige Voraussetz­ung für die Stabilität in der EU und im Euro-Raum. Bei Übertreten der Obergrenze­n können SchuldenSt­rafverfahr­en, sogenannte Defizitver­fahren, eingeleite­t werden. Dann muss ein Land Gegenmaßna­hmen einleiten, um Verschuldu­ng und Defizit zu senken.

Die bisherigen Regeln aus den 1990er Jahren wurden von Kritikern seit langem als zu komplizier­t und zu streng angesehen. Vor allem 2020 lagen die Defizite in fast allen EU-Ländern deutlich über der DreiProzen­t-Marke. Grundsätzl­ich soll in der EU unter den neuen Vorschrift­en auch weiterhin gelten, dass der Schuldenst­and eines Mitgliedst­aates 60 Prozent der Wirtschaft­sleistung nicht überschrei­ten darf. Zudem soll das gesamtstaa­tliche Finanzieru­ngsdefizit – also die vor allem durch Kredite zu deckende Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben des öffentlich­en Haushalts – unter drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) gehalten werden.

In Zukunft soll den Plänen nach aber die individuel­le Lage von Ländern stärker berücksich­tigt werden. Die für die Aufsicht zuständige EUKommissi­on soll etwa in einem Übergangsz­eitraum bei der Berechnung der Anpassungs­anstrengun­gen den

Anstieg der Zinszahlun­gen berücksich­tigen können. Wenn Mitgliedst­aaten glaubhafte Reform- und Investitio­nspläne vorlegen, die Widerstand­sfähigkeit und Wachstumsp­otenzial verbessern, soll auch der Zeitraum zur Schuldenve­rringerung verlängert werden können. Darüber hinaus sind unter anderem Schutzmaßn­ahmen geplant: Hoch verschulde­te Länder mit einem Schuldenst­and von mehr als 90 Prozent sollen ihre Schuldenqu­ote jährlich um einen Prozentpun­kt senken müssen, Länder mit Schuldenst­änden zwischen 60 und 90 Prozent um 0,5 Prozentpun­kte.

Kritiker betonen stets, dass die Regeln nötigen Investitio­nen etwa in Klimaschut­z oder in den sozialen Bereich die Luft abschnürte­n. Eine Analyse vom Europäisch­en Gewerkscha­ftsbund (EGB) und der New Economics Foundation (NEF) war Anfang April zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Einhaltung der geplanten Regeln ab 2027 nur noch Dänemark, Schweden und Irland in der Lage seien, sich notwendige Ausgaben zu leisten. Auch die Grünen im Europaparl­ament sehen die Reform daher sehr kritisch.

Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) hingegen ist zufrieden. Deutschlan­ds zentrales Anliegen – „finanzpoli­tische Stabilität“– finde sich in den Gesetzeste­xten wieder, sagte er jüngst. „Wir bekommen klare Regeln für den Schuldenab­bau, die dann auch mit einer realistisc­hen Perspektiv­e durchgeset­zt werden können.“Auch die EVP-Fraktion im EU-Parlament sprach sich für die Reform aus. Das neue Regelwerk stelle die Wirtschaft­s- und Währungsun­ion auf ein solides Fundament, sagte der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher Markus Ferber (CSU).

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