„Klassische Musik muss wieder mehr in den Mittelpunkt“
Der russische Weltklassepianist beschreibt im Interview wie ein perfekter Konzertabend für ihn aussieht und was den Reiz an kleinen Konzerten ausmacht.
Schon seit Jahren gehört der russische Pianist Arcadi Volodos zu den wichtigsten Persönlichkeiten der klassischen Musiklandschaft. Er vereinnahmt das Publikum mit seiner Klaviermusik sowohl in Konzerten mit namhaften Orchestern als auch in kleineren Konzertsälen. Noch vor seinem Klavierrezital im Saalbau Homburg am 25. April stand Arcadi Volodos unserer Zeitung für ein Gespräch zur Verfügung, in dem er über den perfekten Konzertabend und seine Gemeinsamkeiten mit Vladimir Horowitz sprach, dabei aber auch erklärte, weshalb ein musikalischer Ausgleich für Pianisten so wichtig ist.
Herr Volodos, vor einigen Jahren sind Sie schon einmal bei den Homburger Meisterkonzerten aufgetreten. Was hat Sie zu einem zweiten Konzert im Homburger Saalbau bewogen?
VOLODOS Ein Klavierrezital, wie es in Homburg vorgesehen ist, bildet
für mich einen wichtigen Gegenpart zu meiner Konzerttätigkeit in großen Häusern und dem Zusammenspiel mit großen Orchestern. Die solistische Verantwortung ist sehr reduziert und der Konzertabend wird sich für mich bei weitem entspannter und weniger anstrengend gestalten. Ein Konzert im Homburger Saalbau bietet also einen guten Ausgleich für einen viel reisenden Musiker wie mich.
Was macht ein Klavierrezital vor kleinerem Publikum wie dem in Homburg für Sie interessant und lohnenswert?
VOLODOS Wie schon gesagt, braucht auch ein Pianist wie ich immer wieder einen Ausgleich. Einen solchen Ausgleich bietet mir der Homburger Saalbau schon zum zweiten Mal. Daher werde ich bestimmt noch häufiger in Homburg auftreten.
Gibt es für Sie den perfekten Konzertabend?
VOLODOS Ja, kann es durchaus geben. Ein perfekter Konzertabend zeigt sich für mich in drei Stimmungen: In der Stimmung des Publikums, des Instruments und des
Konzertsaals. Denn nur, wenn sich diese drei Kriterien auf einer Linie bewegen und sich gegenseitig angepasst verhalten, kann sich ein Konzertabend perfekt bis hin zu einzigartig gestalten und allen Beteiligten unvergessliche Erinnerungen bieten.
In der Presse und Musikkritik wird Ihnen immer wieder die Bezeichnung eines Klavierpoeten zu Teil, Aber wie würden Sie sich selbst als Pianist am ehesten beschreiben? VOLODOS Ich mag keine Klischees, wir dürfen unsere Rolle als Darsteller nicht überbewerten. Die wahren Schöpfer sind die Komponisten. Unsere Mission ist bescheidener, wir können etwas verändern. Aber was letztlich bleibt, ist das Werk, nicht sein Interpret.
Aufgrund Ihrer fulminanten Klavierinterpretationen werden
Sie schon seit Jahrzehnten mit dem russischen Pianisten Vladimir
Horowitz gleichgesetzt. In welcher musikalischen Beziehung sehen Sie sich mit Vladimir Horowitz? VOLODOS Es gibt ganz bestimmt erkennbare Gemeinsamkeiten zwischen Vladimir Horowitz und meinen Interpretationen. Die Klaviervorträge von Horowitz als auch von mir sind durch die russische Klavierschule beeinflusst. Beide Vortragsstile sind von guter Sensibilität als auch gut dosierter Kraft, Dynamik und Geläufigkeit wie auch einem stets passenden Ausdruck geprägt.
Sehen Sie sich von Horowitz musikalisch beeinflusst?
VOLODOS Vladimir Horowitz gehört zu den wohl bedeutendsten Figuren der russischen Klaviermusik, der aufgrund seines Genies großen Einfluss auf die Musikwelt genommen hat. Dennoch sehe ich persönlich mich selbst als eigenständige Künstlerpersönlichkeit, die sich in der Musikwelt profiliert hat. Aber aufgrund unserer gemeinsamen russischen Wurzeln erhielt unser musikalischer Werdegang bei beiden den Einfluss der russischen Klavierschule. Daher wurden Horowitz als auch ich in gleicher Weise musikalisch beeinflusst.
Über was würden Sie sich mit Vladimir Horowitz gerne unterhalten, wenn Sie ihm heute begegnen würden? VOLODOS
Wenn ich Vladimir Horowitz heute begegnen würde, würde ich ihm gerne einmal erzählen, dass die klassische Musik in der heutigen Gesellschaft dringend wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden muss. Denn die schönen klassischen Töne bereiten den Menschen erkennbare Momente des Glücks und der Freude, was in den aktuellen Krisenzeiten für die Menschen in der Welt wirklich überlebenswichtig ist.