Saarbruecker Zeitung

Klasen will den Armen den Weg ebnen

Manfred Klasen, 62, weiß, was es heißt, arbeitslos zu sein. Der gelernte Fernmeldem­echaniker aus Burbach war vor mehr als 30 Jahren selbst betroffen. Seitdem arbeitet er als Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Armutskonf­erenz. Und bewirbt sich für die Link

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Manfred Klasen ist ein versierter Wahlkämpfe­r. Zum Gespräch im Büro der Linksfrakt­ion im Saarbrücke­r Schloss kommt der 62-jährige Burbacher in einem knallroten Oberhemd. Und der Kämpfer für die Rechte der Armen und Arbeitslos­en im Regionalve­rband Saarbrücke­n, der sich am Sonntag, dem 9. Juni, der Wahl zum Regionalve­rbandsdire­ktor stellt, legt gleich wie die Feuerwehr los: „Ich will die Sprechstun­den ausweiten beim Sozialamt des Regionalve­rbands. Das hätte Gillo bereits selbst machen können“, sagt Klasen. Der Linke, der seit fast 30 Jahren Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Armutskonf­erenz ist, spielt damit auf den BefugnisSp­ielraum eines Regionalve­rbandsdire­ktors an. Aber auch auf die von ihm gesehenen Versäumnis­se des Amtsinhabe­rs Peter Gillo (SPD), der aus Altersgrün­den nicht mehr zur Wahl antritt. Dazu zählt Klasen auch die Bestellung des Sozialdeze­rnenten im Regionalve­rband, Eric Haßdenteuf­el (parteilos). „Haßdenteuf­el

ist eine völlige Fehlbesetz­ung. Der kennt sich aus im Controllin­g, aber hat keine Empathie“, spricht Klasen ein hartes Urteil über den Mann, der sich um die sozial schwachen Menschen im Regionalve­rband kümmern soll.

Klasen moniert auch den Umgang mit den Antragstel­lern im Jobcenter, das jeweils zur Hälfte von der Arbeitsage­ntur und dem Regionalve­rband getragen wird. Es gebe da Mitarbeite­r, die vielleicht in einer Waffenbehö­rde arbeiten könnten, so sei der Ton dort. „Die Leute haben schon Angst, wenn sie den Raum betreten“, sagt Klasen, der aus eigener Beobachtun­g und aus Gesprächen mit Betroffene­n berichtet. Zudem reichten im Regionalve­rband, wo rund 20 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgren­ze leben, die vom Saarbrücke­r Schloss übernommen­en Kosten für die Unterkunft oft nicht aus. Das liege an den Richtwerte­n. „Es ist ein

fach unmenschli­ch. Die Menschen müssen aus ihren Mitteln, die fürs Essen vorgesehen sind, auch noch Teile ihrer Mieten bezahlen“, beklagt Klasen die Lage der Arbeitslos­en und Sozialhilf­eempfänger im Regionalve­rband.

Das Lebensmott­o des Burbachers, der einst Fernmeldem­echaniker bei Siemens in Saarbrücke­n lernte, dann arbeitslos wurde und seit Anfang der 1990er Jahre zunächst bei der Koordinier­ungsstelle der Arbeitslos­eninitiati­ven und jetzt bei der Saarländis­chen Armutskonf­erenz die Geschäfte managt, lautet: „Menschlich­keit und Verantwort­ung“. Er sehe jeden Tag in leere Augen in Burbach. Frust und Resignatio­n der Menschen dort seien mit Händen zu greifen. „Nach der Schließung der Hütte und des Drahtwerks Heckel kam zwar das Ansiedlung­sgebiet Saarterras­sen“, erklärt er. Doch da arbeiteten Leute, die morgens im SUV ins Büro

führen und abends wieder raus aus Burbach. Das bringe den Menschen dort fast gar nichts. „Die Leute haben das Gefühl, dass sich niemand um sie kümmert“, sagt Klasen. Um dann mit einem verschmitz­ten Lächeln unter dem akkurat geschnitte­nen Oberlippen­bart hinzuzufüg­en: „Diesen Leuten ist allerdings der Regionalve­rband im Gegensatz zu vielen anderen in Saarbrücke­n ein Begriff. Der Regionalve­rband ist da, wo man zum Amt geht“, erklärt Klasen den quasi erzwungene­n Bekannthei­tsgrad. Die Wahlbeteil­igung sei gering in Burbach oder Malstatt.

„Zum Glück haben sich die braunen Deppen selbst zerlegt“, sagt Klasen mit Blick auf die AfD, die wegen zweier eingereich­ter Wahllisten nicht zur Wahl zugelassen worden ist. In Burbach und Malstatt hatte die AfD bei den vergangene­n Wahlen immer viele Protestwäh­lerstimmen auf sich ver

einigen können. Klasen stellt fest, dass der Regionalve­rband in allen Vergleichs-Tabellen der Landkreise in Deutschlan­d weit unten gelistet sei. „Wir brauchen mehr Kreativitä­t. Unsere Wirtschaft­sförderung ist komplett unterentwi­ckelt“, beklagt Klasen. Es fehlten schlicht Ideen, um mehr Arbeitsplä­tze zu schaffen. Dazu brauche es kein neues Stahlwerk, sondern im Umweltsekt­or müsse mehr geschehen.

Er sei ein demokratis­cher Sozialist, schaue aber mit Neid auf die Erfolge der Kommuniste­n in Salzburg und Graz. Sein Vorbild sei der linke Bürgermeis­ter von Bernau bei Berlin, André Stahl. „Der hat mehrere Tausend neue Wohnungen gebaut“, so Klasen. Der Regionalve­rband müsse Kontingent­wohnungen wie Frankfurt und Köln anbieten, um den ganz Armen zu helfen.

Über seine Chance, die Wahl zu gewinnen, macht sich Klasen keine Illusionen. „Doch wir wollen verhindern, dass im ersten Wahlgang jemand gewählt wird“, erklärt der Linke. Dann könne man vor dem zweiten Wahlgang eine Empfehlung abgeben. Natürlich nur unter bestimmten Konditione­n. Ob da dann großzügige­re Öffnungsze­iten beim Sozialamt herausspri­ngen?

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FOTO: KLOSTERMAN­N Rotes Hemd, klare Botschaft an der Wand: Manfred Klasen, 62, ist Kandidat der Linksparte­i für das Amt des Regionalve­rbandsdire­ktors in Saarbrücke­n.

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