Sächsische Zeitung (Dippoldiswalde)
100.000 Einträge von Organspendern
über diplomatische Kanäle am effektivsten Einfluss auf die Verwaltung nimmt, setzt sich durch und macht in diesem Fall Verkehrspolitik. Das erinnert an die Bauernproteste Anfang dieses Jahres: Binnen kürzester Zeit knickte die Politik vor den hupenden Demonstrierenden ein, Zugeständnisse an die Bauern folgten, obwohl der Kurs vorher klar abgesteckt war.
Auch die Stadt Dresden hat sich keine Zeit genommen, um in Ruhe und abseits aller Emotionalität Fakten abzuwarten. Irrationalität hat die Oberhand gewonnen. Das ist umso bedenklicher, da kurz vor dem Start der Verkehrsversuch mit einer, wenn zwar knappen, aber eben doch demokratisch gefassten Mehrheit durch den Stadtrat bestätigt worden war.
Die Folge: Nach wenigen Momenten der Genugtuung haben sich die Gegner des Tests am Blauen Wunder nun schon auf weitere Verkehrsversuche eingeschossen, bei denen Radfahrer und der ÖPNV mehr Platz bekommen sollen. Das betrifft den kleineren und gleichzeitig zum Blauen Wunder gestarteten Versuch am Flügelweg und den größeren, weitaus bedeutenderen und noch durchzuführenden Test an der Carolabrücke.
Was hier in Dresden passiert ist, ist gefährlich für unser Verständnis von Politik. Ob höhere Parkgebühren, ein Radwegekonzept oder die Einhaltung von Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft: Jeder Beschluss hat Gegenstimmen, wird abgewogen und diskutiert. In einer Demokratie sollte sich nicht der lauteste Schreihals durchsetzen, sondern gewählte Mehrheiten.
Am Blauen Wunder ging das schief. Nicht im Diskurs, dafür mit viel Druck und Emotionalität, wurde eine politische Entscheidung von jetzt auf gleich überworfen. Es bleibt offen, ob sich Dresden damit einen Gefallen getan hat.
Berlin. Im neuen Online-Register zu Organspenden haben sich vier Wochen nach dem Start fast 100.000 Menschen eingetragen, teilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit. In dem Portal können Nutzer ab 16 Jahren dokumentieren, ob sie zu einer Organspende bereit sind. Die Angaben sind freiwillig, kostenlos und können jederzeit geändert werden. Erklärungen auf Papier, beispielsweise in Organspendeausweisen, sind weiter möglich. Kliniken, die Organe entnehmen, sollen vom 1. Juli an gespeicherte Erklärungen suchen und abrufen können. (dpa)