Sächsische Zeitung (Döbeln)

Wenn der Partner finanziell unehrlich ist

Geld ist in Partnersch­aften ein häufiger Streitpunk­t. Warum und wie sich das ändern lässt, erklären Paartherap­euten.

- Von Christoph Jänsch

Haben Sie finanziell­e Geheimniss­e vor Ihrem Partner? Verheimlic­hen Sie etwa Schulden, geben Sie vor, mehr zu verdienen als Sie tatsächlic­h tun oder tätigen Sie größere Anschaffun­gen ohne Absprache? Einer Umfrage zufolge ist das bei rund jedem dritten Paar der Fall. Dass das keine gute Idee ist, zeigt die repräsenta­tive Befragung des Meinungsfo­rschungsin­stituts Appinio im Auftrag der Finanz-App Forget Finance aber auch.

Denn nicht nur bei körperlich­er und emotionale­r Untreue sind Männer und Frauen sehr empfindlic­h, auch bei finanziell­er Unehrlichk­eit droht im Zweifel großer Ärger. Beinahe jedes zweite Paar hat sich laut der Umfrage schon einmal des Geldes wegen in die Haare bekommen. Bei knapp einem Viertel der Paare haben finanziell­e Streitigke­iten sogar schon mal zu einer Trennung geführt.

Paartherap­eutin Nadine Reko überrascht das nicht. Denn eine Betrügerei bleibe eben eine Betrügerei, sagt sie. Sie belaste das Vertrauens­verhältnis eines Paares, egal, auf welcher Ebene geflunkert wurde. „Wenn die Vertrauens­ebene ins Wanken kommt oder wegbricht, kann man eigentlich davon ausgehen, dass sich die Beziehung über kurz oder lang lösen wird“, sagt Reko. Ohne das nötige Vertrauen fehle die Basis, die Sicherheit, die eine gesunde Beziehung ausmacht.

Warum Männer und Frauen sich mit finanziell­er Offenheit mitunter schwertun, ist schnell erklärt. „Es geht natürlich darum, dass ich möglichst attraktiv für meinen Partner, meine Partnerin sein möchte“, sagt die Paartherap­eutin. Da kann es schon helfen, an der einen oder anderen Stelle etwas zu schönen.

Dabei kann es für die Beziehung eine große Chance sein, finanziell­e Dinge offen zu besprechen, findet Monika Müller, Diplom-Psychologi­n und Finanzcoac­hin. Die Offenheit schaffe Intimität und stärke die Bindung. Auf der anderen Seite bedeute es aber, sich verletzlic­h zu machen, das Risiko einzugehen, abgewiesen oder nicht ge

Hier stimmt doch was nicht.

wollt zu werden für einen Teil, den man mitbringt oder eben gerade nicht mitbringt. „Dem einen Paar fällt das leichter, dem anderen fällt das nicht so leicht, diese Verletzlic­hkeit herzustell­en“, sagt Müller.

Beziehung sollte reif sein

Wer sich traut und mit einer tieferen Bindung belohnt wird, hat es laut Müller leichter, auch mal Krisen und Enttäuschu­ngen gemeinsam zu bewältigen. „Ohne diese Intimität, die da entsteht, werden die wenigsten Beziehunge­n wirklich glücklich und gesund über die Jahre kommen“, sagt Müller. Partnersch­aften, die nicht nur nach außen hin, sondern auch im Inneren gesund sind, seien dieses Risiko eingegange­n.

Allerdings gehört laut der Psychologi­n immer auch ein sinnvolles Gefühl für Geheimniss­e dazu. Es gehe darum, zu verstehen, wie reif die Beziehung gerade ist, für

■ 1. Fehlender Überblick über Ausgaben: Die Alarmglock­en sollten schrillen, wenn einer der Partner unkontroll­iert Geld ausgibt und den Überblick über die Ausgaben verliert. Das könne dazu führen, dass Rechnungen nicht rechtzeiti­g bezahlt werden und sich Schulden anhäufen. Wer sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen wolle, habe es dann schwerer mit dem Sparen für Notfälle und gemeinsame Ziele.

■ 2. Unfaire Aufteilung von Ausgaben: welche Probleme und Thematiken sie schon bereit ist. Für manche Dinge, etwa finanziell­e Fehltritte oder Peinlichke­iten, hätten junge Beziehunge­n oft einfach noch keine Tragfähigk­eit. Deshalb dürfe und solle der Wissenssta­nd und damit auch die Partnersch­aft stetig weiter wachsen.

Aber was, wenn man den richtigen Moment verpasst hat, die Geheimniss­e irgendwann unsagbar scheinen? Oder man sich sogar schon in ein Lügennetz verstrickt hat? „Das ist dann eine verfahrene Situation“, sagt Nadine Reko. Unauflösli­ch sei sie aber nicht. Müller rät Betroffene­n, sich in solchen Fällen zunächst klarzumach­en, was sie dazu gebracht hat, so zu handeln.

Wer die Ursache kennt und sie bei seinem Partner oder seiner Partnerin klar benennt, kann ein größeres Verständni­s beim Gegenüber schaffen. Er oder sie könne so besser verstehen, dass das Problem gar nicht unmittelba­r etwas mit ihm oder ihr zu tun hat, sagt Reko. Es zeige, dass der Schwindler sich nach und nach selbst in die Situation hineinmanö­vriert hat, aus der er nun nicht mehr herausfind­et, und deshalb die Hilfe des oder der Geliebten benötige. Die Erfahrung der Paartherap­eutin: „Die Tatsache, dass der Partner irgendwann darüber redet, schafft natürlich wieder neues Vertrauen.“

Das bedeute, dass er oder sie jetzt bereit sei, sich zu öffnen, ehrlich zu sein. „Und dann geht man meistens sehr gestärkt aus so einer großen Herausford­erung wieder in die Partnersch­aft“, sagt Reko.

Wichtig ist dafür, dass bei der Aussprache alle Karten auf den Tisch kommen und nicht nur ein Teil der Wahrheit offengeleg­t wird. Wer das nicht alleine schafft, kann sich Hilfe holen, etwa eine vertraute Person hinzuziehe­n, oder eine Therapeuti­n oder einen Coach aufsuchen. Entscheide­nd ist laut Müller außerdem, dass Mann und Frau nach der Aussprache nicht als Täter und Opfer zurück in die Beziehung kehren, sondern das Stigma ablegen.

Im Idealfall geraten Paare erst gar nicht in so einen Konflikt. Dafür kann es hilfreich sein, von vornherein Vereinbaru­ngen miteinande­r zu treffen, auch in Sachen Finanzen. Zum Beispiel kann man abstimmen, in welchem Rahmen jeder Partner selbst über sein Geld verfügen kann, ohne den anderen um Erlaubnis zu bitten, sagt Paartherap­eutin Reko. Manche seien da schon bei Kleinigkei­ten sehr empfindsam, andere eher großzügig. (dpa)

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Foto: Christin Klose/dpa

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