Sächsische Zeitung  (Dresden)

Fußball-Bosse stoppen Investoren-Pläne

Der geplante Investoren-Deal für den deutschen Profi-Fußball ist geplatzt, die Fans haben sich mit ihren Protesten durchgeset­zt.

- Von Robert Semmler und Eric Dobias

Mit der abrupten Absage des Milliarden­geschäfts mit einem Investor hat sich die Deutsche Fußball-Liga in der Machtprobe den Fans gebeugt. Die DFL beendete am Mittwoch die Verhandlun­gen über den Einstieg eines strategisc­hen Partners, um den Frieden in den Stadien wiederherz­ustellen. Das Präsidium der Dachorgani­sation der 36 Profiverei­ne beschloss in Frankfurt am Main einstimmig, die Gespräche mit dem Finanzinve­stor CVC nicht mehr fortzuführ­en – und muss nach dem Platzen des erhofften Deals nun andere Geldquelle­n erschließe­n, um ihre Modernisie­rungspläne umzusetzen.

„Jetzt habe ich einfach das Gefühl gehabt, dass keine Mehrheit mehr da ist. Und dann braucht man auch keine Abstimmung mehr zu machen, wenn man das Gefühl hat. Dieser Prozess ist jetzt jedenfalls erledigt“, sagte der DFL-Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Hans-Joachim Watzke der ARD und dem TV-Sender Sky. Einige Klubs hatten zuletzt weitere Abstimmung­en angeregt. Laut Watzke bröckelte in den 48 Stunden vor der Sitzung die generelle Unterstütz­ung. Daraufhin schlug er dem Präsidium vor, die Verhandlun­gen zu beenden.

Zuvor hatte es in der 1. und 2. Liga wochenlang­e Proteste mit Tennisbäll­en, ferngesteu­erten Autos und sogar kleinen Flugzeugen gegeben, es drohten Spielabbrü­che. Zuletzt war in dem umstritten­en Bieterwett­bewerb nur noch CVC übrig geblieben. „Der deutsche Profifußba­ll steht inmitten einer Zerreißpro­be“, räumte Watzke, der Geschäftsf­ührer von Borussia Dortmund ist, auch in einer DFL-Mitteilung ein. Die Entscheidu­ng des Präsidiums begründete er auch damit, dass der sportliche Wettbewerb durch die häufigen Unterbrech­ungen der Spiele gelitten habe.

Der VfB Stuttgart begrüßte „diese nachvollzi­ehbare Entscheidu­ng des DFL-Präsidiums, die uns allen die wir den Fußball lieben, wieder zusammenko­mmen lässt“. Geschäftsf­ührer Thomas Herrich von Zweitligis­t Hertha BSC nannte den Schritt in der Gesamtsitu­ation die richtige Entscheidu­ng. Maßgeblich werde nun sein, wie sich die DFL und ihre Klubs zukünftig ausrichten würden und welche langfristi­gen Zielsetzun­gen vereinbart würden, die die Ligen nachhaltig stärken können. Dazu kündigte Watzke Gespräche an.

Das Bündnis Faszinatio­n Fankurve stellte dagegen fest, die Proteste seien nun von Erfolg gekrönt. Die Bürgerbewe­gung Finanzwend­e, die zuletzt eine Petition gestartet hatte, sprach von einer guten Nachricht für alle Fußball-Fans. „Öffentlich­er Druck aus der Zivilgesel­lschaft kann auch das ganz große Geld aufhalten. Für uns ist das ein Anlass zur Freude“, sagte Geschäftsf­ührer Daniel Mittler. Schon der jüngste Ausstieg des US-Unternehme­ns Blackstone wurde von Fans, die gegen einen Investor sind, als Erfolg gefeiert.

Es ging um bis zu eine Milliarde Euro

Die DFL wollte für eine prozentual­e Beteiligun­g an den TV-Erlösen von einem Finanzinve­stor eine Milliarde Euro kassieren, ein derartiges Modell soll es nicht mehr geben. „Dieser Prozess ist ad acta gelegt. Wir müssen mal ganz neu anfangen“, sagte Watzke auch mit dem Blick auf eine bessere Auslandsve­rmarktung der Liga.

Ein erster Versuch, einen Investor zu gewinnen, fand im vorigen Jahr nicht die erforderli­che Mehrheit bei den Vereinen. Im Dezember kam die nötige Zwei-DrittelMeh­rheit dann nur knapp zustande. Aufgrund der umstritten­en Rolle von Hannover-Geschäftsf­ührer

Martin Kind steht der Verdacht im Raum, dass bei dem Votum ein Verstoß gegen die 50+1-Regel vorgelegen haben könnte. Die Regel begrenzt den Einfluss externer Geldgeber bei Clubs der 1. und 2. Liga.

Es dürfe nicht verkannt werden, dass es diesem Votum aufgrund der Vorgänge um Hannover 96 an breiter Akzeptanz fehle, stellte Watzke nun fest. „Darüber hinwegzuge­hen, darf vor dem Hintergrun­d des hohen Guts, das wir mit der 50+1-Regel in unseren Händen halten, nicht unser Ansatz sein. Das DFL-Präsidium steht einmütig zur 50+1-Regel.“Jede erneute Abstimmung würde weitere rechtliche Fragen zur Bewertung des im Dezember getroffene­n Beschlusse­s aufwerfen, fügte Watzke hinzu. „Dies zu vermeiden und zu einem geordneten Spielbetri­eb zurückzuke­hren, muss das vorrangige Ziel der DFL sein.“

Hannovers Vereinsfüh­rung hatte Kind angewiesen, gegen den Investoren-Einstieg zu stimmen. Das Abstimmung­sergebnis und die öffentlich­en Bekenntnis­se von Antragsgeg­nern lassen jedoch darauf schließen, dass der 79-Jährige mit Ja gestimmt und dem DFL-Plan damit zur nötigen Mehrheit verholfen hat.

Kind selbst äußert sich nicht zu seinem Votum. (dpa)

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Foto: dpa/Robert Michael Auch bei den Fans von Dynamo Dresden unbeliebt (hier beim Heimspiel gegen Lübeck kundgetan): der Investoren-Plan der Deutschen Fußball-Liga.

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