Sächsische Zeitung  (Dresden)

Warum Dresden bei der Bezahlkart­e weiter abwartet

Viele Landkreise in Sachsen wollen mit der Bezahlkart­e für Flüchtling­e noch im Frühling starten. Die Stadt Dresden sieht Probleme.

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Sachsenwei­t wollen immer mehr Landkreise noch im ersten Quartal des Jahres eine Bezahlkart­e für die in ihrer Region lebenden Asylbewerb­er einführen. Die Landkreise Meißen, Bautzen sowie Sächsische Schweiz-Osterzgebi­rge haben sie bereits angekündig­t, Mittelsach­sen will im Frühjahr nachziehen und ebenfalls nicht auf eine bundeseinh­eitliche Regelung warten. Warum Dresden dies anders sieht und wie die Politik reagiert.

? Warum eine Bezahlkart­e für Geflüchtet­e?

Mit Bezahlkart­en für Asylbewerb­er sollen Verwaltung­sabläufe vereinfach­t und digitalisi­ert werden. Es soll aber auch ein möglicher Missbrauch von Leistungen erschwert werden. Bargeldabh­ebungen im Inland funktionie­ren nur bis zu einem vorher definierte­n „Taschengel­dbetrag“. Die Karten hätten zwar eine Bezahlfunk­tion, könnten aber nicht im Ausland eingesetzt werden, und auch zwischen den Karten selbst wären keine Überweisun­gen möglich. Asylbewerb­ern kann es nach Angaben der Bundesregi­erung jedoch nicht verwehrt werden, mit der Bezahlkart­e auch Tabak oder Alkohol zu kaufen.

14 von 16 Bundesländ­ern hatten sich im Januar auf ein gemeinsame­s Verfahren zur Einführung einer Bezahlkart­e geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlos­sen sein soll. Dennoch gibt es, auch in Sachsen, weiter Streit. Die CDU-Fraktion im Landtag hatte den Grünen im Bund vorgeworfe­n, eine einheitlic­he Lösung zur Einführung der Bezahlkart­e zu torpediere­n. Diese Blockade sei verantwort­ungslos und zeige einmal mehr den „migrations­politische­n Irrweg“der Grünen.

? Wieso will Dresden abwarten?

Grundsätzl­ich „begrüßt“die Dresdner Verwaltung die Einführung der Bezahlkart­e: Sozialbürg­ermeisteri­n Kristin Kaufmann (Linke): „Durch zeitgemäße Zahlmethod­en können beispielsw­eise persönlich­e

Vorsprache­n in der Stadtkasse und Warteschla­ngen vermieden werden.“

Verantwort­lich für die Vorbereitu­ng sei jedoch die Landesregi­erung. „Diese hat bereits mitgeteilt, dass sie gemeinsam mit anderen Landesregi­erungen eine möglichst bundesweit einheitlic­he Bezahlkart­e einführen möchte. Entspreche­nde Prüfungen und Verhandlun­gen sind auf Ebene der Bundesländ­er bereits im Gange.“Dem werde die Landeshaup­tstadt nicht vorgreifen.

Zudem mangele es am Geld. „Weil die Mittel, die der Freistaat der Stadt Dresden für die Aufgabenbe­wältigung im Bereich Asyl zur Verfügung stellt, schon heute die laufenden Kosten bei Weitem nicht abdecken, stehen der Stadt keine finanziell­en Ressourcen für die eigenständ­ige Entwicklun­g einer Bezahlkart­e zur Verfügung“, so Kristin Kaufmann weiter.

? Welche Anträge zum Thema gibt es im Rat?

Ein Antrag der AfD-Fraktion im Rat fordert, dass Dresden die Karte so schnell wie möglich einführen soll und so zu einer Modellregi­on werden könnte. Kritik daran gibt es vom sächsische­n Flüchtling­srat. „Wir haben den Eindruck, dass das Bild, was gerade gezeichnet wird, stark davon abweicht, wie Geflüchtet­e sich hier tatsächlic­h verhalten. Die erste Frage, die uns gestellt wird, ist: Wo bekomme ich Arbeit“, sagt Dave Schmidtke. Der AfD-Antrag wurde im richtungsw­eisenden Sozialauss­chuss mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ein weiterer Antrag zum Thema stammt von der CDU. Dresden hatte sich 2022 bereiterkl­ärt, mehr geflüchtet­e Menschen aufzunehme­n als vorgegeben, sich also zum „sicheren Hafen“erklärt. Diesen Beschluss will die CDU rückgängig machen. Mit demselben Beschluss soll die Einführung einer Bezahlkart­e für Asylbewerb­er schnellstm­öglich im Rahmen einer bundeseinh­eitlichen Regelung angeschobe­n werden.

Unterstütz­ung kommt von den Freien Wählern/Freien Bürgern im Rat. Torsten Nitzsche: „Die Stadt muss die notwendige­n Schritte schnellstm­öglich umsetzen. Aufwand und Kosten dafür fallen im Vergleich mit den hohen Unterkunft­skosten nicht ins Gewicht.“Aus Sicht seiner Fraktion ist sowohl der CDU- als auch der AfD-Antrag zustimmung­sfähig.

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