Sächsische Zeitung  (Dresden)

Das Paradies verlangt Eintritt

Bali hat eine Touristens­teuer eingeführt. Das Geld soll das Müllproble­m lösen helfen. Geht das? Eindrücke von der Insel der Götter.

- Von Carola Frentzen

Für den Start ihrer Touristens­teuer haben die Behörden auf Bali einen günstigen Zeitpunkt ausgewählt. Der Februar gehört noch zur Regenzeit, es ist Nebensaiso­n. Häufig prasseln Tropenscha­uer vom Himmel. Auch wenn danach meist wieder die Sonne strahlt, ist die indonesisc­he Urlaubsins­el mit ihren Tempeln und Reisterras­sen doch weit weniger voll als in der Hauptsaiso­n im Juli oder August.

Das gilt auch für den Flughafen. Hier werden ab sofort für jeden bei der Einreise 150.000 Rupien fällig – umgerechne­t neun Euro. An den Visa-Schaltern herrscht weniger Gedränge – ideal, um zu testen, ob die neue Steuer die Wartezeite­n verlängert und so manchem die Urlaubssti­mmung vermiest. Der Valentinst­ag als Starttermi­n – Zufall oder Kalkül? Das blieb offen.

Das Geld will die Regierung nach eigenen Angaben in den Schutz der großartige­n Natur und Kultur der „Insel der Götter“sowie in nachhaltig­en Tourismus und Servicelei­stungen investiere­n. Bali ist die einzige hinduistis­ch geprägte Insel im muslimisch­en Indonesien und berühmt für ihre Traditione­n und Rituale. Rund 70 Prozent der Einnahmen sollen aber – zumindest anfangs – in die Bewältigun­g des Abfallprob­lems fließen. Das ist gewaltig.

Die Strömung treibt am Surferstra­nd von Kuta derzeit Berge von Müll ans Ufer. Jeden Tag sammeln Helfer tonnenweis­e Flaschen, Becher und Verpackung­en ein, die mit Lastern abtranspor­tiert werden. Am nächsten Morgen türmt sich schon wieder Unrat. Sonnenbade­n im Müll – so mancher Tourist ist konsternie­rt. Traumurlau­b sieht nun wirklich anders aus. Und Kuta ist kein Einzelfall. „Auch weniger bekannte Attraktion­en wie Wasserfäll­e im Dschungel sind oft total vermüllt“, sagt Taxifahrer Ketut Oka.

Hinzu kommen ständig verstopfte Straßen. Bali hat kaum öffentlich­e Verkehrsmi­ttel, dafür ungezählte Autos und Motorrolle­r. Nicht nur Einheimisc­he, auch Touristen knattern durch Canggu, Sanur oder Seminyak. Bei Regen steht oft alles still.

Abgase in der Wellness-Oase

Eine Kanadierin, die auf Bali lebt, berichtet von stundenlan­gen Staus vom Süden nach Ubud, einem Hotspot nicht nur der YogaCommun­ity. Endlose Autoschlan­gen, Hupen und Abgase – ein krasser Kontrast zur Zen-Atmosphäre in Reisfelder­n. Schon länger plant die Regierung ein Bahnsystem, das den Flughafen mit Kuta und anderen Ferienorte­n verbinden soll.

Seit Monaten wird über die „Tourism Tax“diskutiert, doch selbst Mitarbeite­r der Reisebranc­he geben sich überrascht. „Das wusste ich gar nicht“, sagt Laksmi, die in Ubud als Rezeptioni­stin arbeitet. Sie bezweifelt, dass die Steuer viel ändern wird. „Es gibt schlichtwe­g zu viele Menschen auf Bali, und gerade die Balinesen selbst werfen ihren Müll meist einfach in die Landschaft – das ist schon fast Teil der Kultur“, sagt sie. „Bali ist eben nicht Singapur, und so sauber wird es hier auch nie werden.“Zudem habe fast jede Familie „mindestens zwei Autos und drei Motorräder“.

Kaela aus Australien, die zum Yoga in Ubud ist, sagt: „150.000 Rupien sind doch wirklich eine geringe Summe, wenn wir damit helfen können, die Probleme zu lösen, die ja größtentei­ls von uns Touristen mitverursa­cht werden.“Für Alleinreis­ende mag das gelten, für Familien geht sie ins Geld: Denn die Steuer kommt zu den 500.000 Rupien (30 Euro) für ein 30-Tage-Visum. Die Touristens­teuer gilt für jede Person, auch für Kinder. Wer einen Abstecher auf Nachbarins­eln wie die Gili Islands, Lombok oder Java macht, muss bei der Rückreise erneut zahlen. Zum Vergleich: In Thailand, Malaysia oder Vietnam kostet die Einreise deutsche Staatsange­hörige nichts. Indonesien will auch noch die Vergnügung­ssteuer deutlich erhöhen. Balis Bars, Nachtklubs und Spas dürften also auch erheblich teurer werden.

Etwa 18.000 Gäste kommen im Durchschni­tt pro Tag auf Bali an. Die Touristens­teuer bringt so jährlich 60 Millionen Euro ein. Es soll „für den Kulturerha­lt und die Abfallents­orgung verwendet“werden.

Wer Wartezeite­n am Flughafen gering halten möchte, kann die Steuer, wird Urlaubern geraten, vorab online über Love Bali (https://lovebali.baliprov.go.id/) oder die Love Bali App bezahlen. (dpa)

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Fotos: Carola Frentzen/dpa Urlauber lieben Balis Strände wie hier in Sanur (l.). Nun müssen sie bei der Einreise neun Euro Touristens­teuer zahlen. Damit solle auch das Abfallprob­lem gelöst werden, sagen die Verantwort­lichen.

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