Von Brasilien nach Pulsnitz
Die Pulsnitzer Vamed-Kliniken sind Vorreiter bei der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland. Damit das Einleben gelingt, gibt es sogar ein Integrationsteam.
Brasilianische Mitarbeiter gehören in der Vamed-Klinik Schloss Pulsnitz seit dem Jahr 2019 zur Normalität. Seitdem kommen immer wieder neue Fachkräfte aus dem südamerikanischen Land in die Pfefferkuchenstadt. Erst Ende Januar 2024 reiste Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) unter anderem mit Klinik-Geschäftsführer Carsten Tietze nach Brasilien, um sich über die Gewinnung ausländischer Fachkräfte im Bereich Pflege zu informieren und vorhandene Netzwerke weiter zu stärken. In den Pulsnitzer Kliniken wurden seit 2019 etwa 30 ausländische Beschäftigte weitergebildet und integriert. Wenn diese nach Pulsnitz kommen, brauchen sie auch eine Möglichkeit zum Wohnen. Dazu kommen in der Stadt immer wieder mal Diskussionen auf. „Dort wechseln ja ständig die Mieter“, „da ist eine hohe Fluktuation“oder „die lassen sich von der Klinik ja nur anwerben, damit sie nach Deutschland kommen können“sind einige Sätze, die ab und zu mal zu hören sind.
Die SZ wollte wissen, wie es mit den Wohnungen für die ausländischen Arbeitskräfte in Pulsnitz geregelt ist, und sprach dazu mit Klinik-Geschäftsführer Carsten Tietze und dem Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsgesellschaft (SWG) Pulsnitz, Mike Herzog. Denn die ausländischen Arbeitskräfte leben zum größten Teil in Wohnungen der SWG, meist in den Blöcken an der Weststraße. „Es gibt aber auch von der SWG betreute Objekte anderer Eigentümer oder Wohnungen, mit denen unser Unternehmen nichts zu tun hat“, erklärt Mike Herzog.
Fakt ist, dass zwischen Vamed und SWG eine Kooperation besteht. Die Kliniken haben von der Wohnungsgesellschaft 25 Wohnungen, die 55 bis 60 Quadratmeter groß sind, mit 44 Betten angemietet – als Werkswohnungen sozusagen. „Diese befinden sich fast alle in Pulsnitz“, sagt Mike Herzog. Das sei auch wichtig, weil die Führerscheine der ausländischen Beschäftigten in Deutschland nicht anerkannt werden und somit die Mitarbeiter nicht mobil sind, ergänzt Carsten Tietze.
„In den Wohnungen leben dann in den meisten Fällen zwei Beschäftigte, manchmal auch unterschiedlicher Nationalität“, erklärt Paula Jacob. Sie ist die leitende Integrationsbeauftragte der Vamed-Kliniken
und mit ihrem Team erste Ansprechpartnerin für die Ausländer. Sie kümmert sich nicht nur um die Unterkunft, sondern hilft bei allen alltäglichen Dingen – von der Mülltrennung über die richtige Kleidung und das Pfandsystem bis zum sparsamen Umgang mit Wasser. Paula Jacob ist mit den ausländischen Pflegekräften mit dem Zug nach Dresden gefahren, hat ihnen Pulsnitz und Berlin gezeigt, hat sozusagen mit ihnen gelebt. „Die Brasilianer sind nicht nur Kollegen für mich, sondern wir sind Freunde geworden“, sagt sie.
Familiennachzug spielt eine Rolle
Doch zurück zu den Werkswohnungen. Diese werden jeweils nur für einen bestimmten Zeitraum von den ausländischen Arbeitskräften belegt. „Wir bringen sie in der Zeit dort unter, bis sie ihre Kenntnisstandsprüfung in der Klinik abgelegt haben“, erklärt Carsten Tietze. Obwohl die Brasilianer in ihrem Heimatland einen Abschluss gemacht haben, müssen sie noch eine in Deutschland anerkannte Prüfung
ablegen, um dann auch hier als Fachkraft arbeiten zu können. „Das kann sechs Monate bis zu einem Jahr dauern“, erklärt Paula Jacob. In der Zeit der Prüfungsvorbereitungen oder danach bemühen sich die ausländischen Beschäftigten, für sich eine eigene Wohnung zu finden. Das kann in Pulsnitz sein oder auch in der näheren Umgebung. „Sie wollen eine eigene Wohnung, weil oft auch der Familiennachzug eine Rolle spielt“, erklärt Paula Jacob. Und Carsten Tietze ergänzt, dass auch die Klinik bestrebt ist, dass die Mitarbeiter eigene Wohnungen beziehen, damit sie Neuankömmlingen wiederum Werkswohnungen zur Verfügung stellen kann. Die Klinik wie auch die SWG würden bei der Wohnungssuche helfen.
Die Miete für die Werkswohnungen zahlen die Kliniken an die SWG. Mit den ausländischen Mitarbeitern werde ein Untermietvertrag abgeschlossen, in dem alle Kosten, auch die der Endreinigung, geregelt sind. Den Bewohnern werden die Kosten dann gleich vom Gehalt abgezogen.
„Mietschulden gab es noch nie“, sagt Mike Herzog. Und es seien auch noch keine Beschwerden wegen Lärm oder anderen Beanstandungen an ihn herangetragen worden. Er sieht keine Probleme mit den ausländischen Mietern. Kommt es zu einem Familiennachzug, also siedeln Ehepartner oder Kinder auch nach Pulsnitz über, so sei die Klinik bemüht, auch für sie in den eigenen Häusern eine Beschäftigung zu finden, sagt Carsten Tietze. Das könne zum Beispiel im Service sein. „Manche beginnen dann auch eine Ausbildung hier.“
Tietze und Jacob schätzen ein, dass die Integration in der Stadt gut gelingt. So besuchen Kinder von ausländischen Beschäftigten Kitas oder Schulen, machen in Vereinen mit oder sind kulturell aktiv. „Das ist wichtig, denn wir brauchen die brasilianischen Mitarbeiter – eine Folge des demografischen Wandels“, erklärt der Klinik-Geschäftsführer. Dabei gehe es darum, die Arbeitskräfte nicht nur zu qualifizieren, sondern auch zu integrieren. Und dazu gehöre eben auch ordentlicher Wohnraum.