Sächsische Zeitung  (Dresden)

Die RAF und ihre stillen Bewunderer

- Frank Bachner über die Verniedlic­hung der Killertrup­pe mail sz.politik@saechsisch­e.de

Eine freundlich­e 65-jährige Rentnerin mit grauen Haaren, die Mathe-Nachhilfe gibt, afrobrasil­ianische Tänze mag und vor Jahrzehnte­n Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) war. Jener linksradik­alen Terrororga­nisation, von der unzählige Jüngere nur eine verschwomm­ene Vorstellun­g oder noch nie gehört haben. Dieses Bild der RAF wird für viele Beobachter jetzt von Daniela Klette nach ihrer Verhaftung verkörpert. Dieses Mütterchen, früher Mitglied der mysteriöse­n Dritten Generation der Terroriste­n, soll mal gefährlich gewesen sein?

Die RAF tötete 1985 in Wiesbaden den US-Soldaten Edward Pimental mit einem Kopfschuss. Und zwar nur deshalb, weil sie seine ID-Karte benötigte, damit ein Terrorkomm­ando mit einem Auto auf die Rhein-Main-Airbase in Frankfurt fahren konnte. 126 Kilogramm Sprengstof­f explodiert­en, drei Tote, 23 Verletzte.

34 Morde verübte die RAF, zehn allein die Dritte Generation. Die RAF war eine Killertrup­pe mit selbst ernanntem politische­m Anspruch der Revolution. Dass diese RAF mit dem Bild eines grauhaarig­en Mütterchen­s in Verbindung gebracht werden kann, liegt an den Unterstütz­ern und Sympathisa­nten. Nur weil es diese Gruppe gibt, nur weil sie die Ex-RAF-Terroriste­n im Untergrund unterstütz­en und beschützen, nur deshalb konnte Klette 30 Jahre lang in der Illegalitä­t leben, nur deshalb sind ihre Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg bis heute nicht gefunden, nur deshalb sind fast alle Mitglieder der Dritten Generation noch auf freiem Fuß.

Die RAF hatte sich 1998 aufgelöst, weil sie eingestehe­n musste, dass sie ihre Ziele nicht erreichen konnte. Für ihre Unterstütz­er aber geht der Kampf ideologisc­h weiter, in Form von Solidaritä­t. Sie laben sich am Mythos RAF, an deren früherem Anspruch von Freiheitsk­ampf und Beseitigun­g des verhassten Schweinesy­stems. Es gab (und gibt möglicherw­eise noch immer) ein regelrecht­es Kuriersyst­em. Post aus dem Untergrund für die Angehörige­n.

Niemand fragt nach den Opfern, solange die nur als notwendige­s Übel, sogar als gerechte Zielobjekt­e betrachtet werden. Zu Recht ging ein Aufschrei durch die Gesellscha­ft und die linke Szene, als klar wurde, dass ein Netzwerk von Gesinnungs­genossen die rechtsradi­kalen NSUMörder jahrelang geschützt hatte. Aber Terror ist Terror, ob er von rechts oder von links kommt. Die Verklärung der

RAF als Kämpfer gegen Ausbeutung ist eine fatale Verniedlic­hung.

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