Die RAF und ihre stillen Bewunderer
Eine freundliche 65-jährige Rentnerin mit grauen Haaren, die Mathe-Nachhilfe gibt, afrobrasilianische Tänze mag und vor Jahrzehnten Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) war. Jener linksradikalen Terrororganisation, von der unzählige Jüngere nur eine verschwommene Vorstellung oder noch nie gehört haben. Dieses Bild der RAF wird für viele Beobachter jetzt von Daniela Klette nach ihrer Verhaftung verkörpert. Dieses Mütterchen, früher Mitglied der mysteriösen Dritten Generation der Terroristen, soll mal gefährlich gewesen sein?
Die RAF tötete 1985 in Wiesbaden den US-Soldaten Edward Pimental mit einem Kopfschuss. Und zwar nur deshalb, weil sie seine ID-Karte benötigte, damit ein Terrorkommando mit einem Auto auf die Rhein-Main-Airbase in Frankfurt fahren konnte. 126 Kilogramm Sprengstoff explodierten, drei Tote, 23 Verletzte.
34 Morde verübte die RAF, zehn allein die Dritte Generation. Die RAF war eine Killertruppe mit selbst ernanntem politischem Anspruch der Revolution. Dass diese RAF mit dem Bild eines grauhaarigen Mütterchens in Verbindung gebracht werden kann, liegt an den Unterstützern und Sympathisanten. Nur weil es diese Gruppe gibt, nur weil sie die Ex-RAF-Terroristen im Untergrund unterstützen und beschützen, nur deshalb konnte Klette 30 Jahre lang in der Illegalität leben, nur deshalb sind ihre Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg bis heute nicht gefunden, nur deshalb sind fast alle Mitglieder der Dritten Generation noch auf freiem Fuß.
Die RAF hatte sich 1998 aufgelöst, weil sie eingestehen musste, dass sie ihre Ziele nicht erreichen konnte. Für ihre Unterstützer aber geht der Kampf ideologisch weiter, in Form von Solidarität. Sie laben sich am Mythos RAF, an deren früherem Anspruch von Freiheitskampf und Beseitigung des verhassten Schweinesystems. Es gab (und gibt möglicherweise noch immer) ein regelrechtes Kuriersystem. Post aus dem Untergrund für die Angehörigen.
Niemand fragt nach den Opfern, solange die nur als notwendiges Übel, sogar als gerechte Zielobjekte betrachtet werden. Zu Recht ging ein Aufschrei durch die Gesellschaft und die linke Szene, als klar wurde, dass ein Netzwerk von Gesinnungsgenossen die rechtsradikalen NSUMörder jahrelang geschützt hatte. Aber Terror ist Terror, ob er von rechts oder von links kommt. Die Verklärung der
RAF als Kämpfer gegen Ausbeutung ist eine fatale Verniedlichung.