Sächsische Zeitung  (Dresden)

Nawalny soll am Freitag in Moskau beerdigt werden

Erst mussten Nawalnys Unterstütz­er in Russland nach seiner Leiche suchen, dann nach einem Ort für die Trauerfeie­r. Der scheint nun gefunden worden zu sein.

- Von Hannah Wagner und Stella Venohr

Der im Straflager ums Leben gekommene Kremlkriti­ker Alexej Nawalny soll nach Angaben seines Teams an diesem Freitag in Moskau beerdigt werden. Am 1. März solle es zuerst eine Trauerfeie­r in einer Kirche im südöstlich­en Bezirk Marjino geben und anschließe­nd die Beisetzung des Leichnams auf dem Borissowsk­ojeFriedho­f, schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Mittwoch auf X. Zuvor hatten Nawalnys Unterstütz­er tagelang nach einem Ort für die Trauerfeie­r gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden.

Nach russisch-orthodoxer Tradition ist es eigentlich üblich, Tote nach drei Tagen zu beerdigen und ihren Leichnam vorher aufzubahre­n, damit Trauernde sich verabschie­den können. Ein Saal für ein solches Abschiedsr­itual sei aber nicht zur Verfügung gestellt worden, schrieb Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründete­n Anti-Korruption­s-Fonds. Er veröffentl­ichte auf X ein entspreche­ndes Schreiben eines kommunalen Unternehme­ns an Nawalnys Mutter, das das belegen soll. „Die Drecksäcke“, schimpfte er mit Blick auf Staatsvert­reter und die vielen Hinderniss­e, die diese den Angehörige­n in den Weg legten. Laut Brauch müsste Nawalnys Leichnam aber zumindest beim Gedenkgott­esdienst in der Kirche aufgebahrt werden.

Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja zeigte sich unterdesse­n besorgt mit Blick auf mögliche Gewalt und Festnahmen bei der Beerdigung in Moskau. „Die Beerdigung wird übermorgen stattfinde­n, und ich weiß noch nicht, ob sie friedlich verlaufen oder ob die Polizei diejenigen verhaften wird, die gekommen sind, um sich von meinem Mann zu verabschie­den“, sagte sie bei einer Rede im Europaparl­ament in Straßburg. Nawalnaja warf Kremlchef Wladimir Putin vor, ein „blutiger Mafioso“zu sein. Nawalny war offizielle­n Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von nur 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreis­es gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Putin war durch einen Giftanschl­ag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstütz­er und auch viele internatio­nale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer „natürliche­n“Todesursac­he, wie es auf dem Totenschei­n heißen soll, nicht die Rede sein kann. Besonderes Entsetzen löste aus, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst rund eine Woche unter Verschluss hielten und seine Mutter Ljudmila Nawalnaja gemeinsam mit einem Anwalt in der Polarregio­n nach dem Körper suchen musste. Nawalnaja beklagte auch, sie sei von Ermittlern bedrängt und erpresst worden, sie solle einer heimlichen Beisetzung zustimmen. Das aber tat sie nicht – stattdesse­n forderte sie öffentlich, dass Angehörige und Unterstütz­er die Möglichkei­t haben sollten, sich von ihrem Sohn zu verabschie­den.

Schließlic­h erklärte Nawalnys Team dann, sie wollten einen Ort für die Trauerfeie­r in Moskau organisier­en. Die Suche gestaltete sich in den vergangene­n Tagen allerdings erwartungs­gemäß auch als schwierig.

Kurz vor der Präsidente­nwahl am 17. März sind dem Kreml jegliche größeren kritischen Veranstalt­ungen ein Dorn im Auge. Hunderte Menschen wurden zuletzt schon bei der Niederlegu­ng von Blumen für Nawalny festgenomm­en.

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Foto: Philipp von Ditfurth/dpa Julia Nawalnaja, die Witwe des russischen Opposition­ellen Alexej Nawalny, spach am Mittwoch im Europaparl­amant auch über ihre Sorgen mit Blick auf das Begräbnis in Moskau.

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