Sächsische Zeitung  (Dresden)

Geboren am 29. Februar

Darf man seinen Geburtstag auf den 28. Februar oder den 1. März umdatieren, wenn man mit dem Schalttag hadert? Die Chefin des Chemnitzer Standesamt­es weiß es.

- Von Susanne Plecher

An einem 29. Februar geboren zu sein, ist etwas Besonderes, schließlic­h kommt der nur alle vier Jahre vor. Aber ganz so selten, wie man vielleicht vermuten könnte, ist es nicht. So sind von den 2.504 Kindern, die in Sachsen im Februar 2020 zur Welt gekommen sind, 77 am Schalttag geboren. Der jährt sich seit ihrer Geburt heute regulär zum ersten Mal – obwohl die Kleinen natürlich vier werden und ihren Geburtstag, sollten sie eine Einrichtun­g besuchen, in der mittleren Kindergart­engruppe feiern werden. 2016, dem Schaltjahr davor, waren es sogar 95 Kinder, wie das Statistisc­he Landesamt in Kamenz ermittelt hat. Der Tag ihrer Geburt jährt sich für die Achtjährig­en heute ganz nominell zum zweiten Mal.

Aber wann feiern sie ihn in all den Jahren, die kein Schaltjahr sind? Und dürfen Eltern den Geburtstag ihres Kindes einen Tag vor- oder rückdatier­en, weil sie ihm das

Schicksal des Schalttagg­eborenen ersparen möchten?

Carolin Groß leitet das Standesamt der Stadt Chemnitz. Es ist förmlich durch das Telefon zu spüren, wie sie den Kopf schüttelt bei dieser Frage. „Nein, der Geburtstag ist der Tag, an dem die Geburt stattfinde­t. Das ist eindeutig gesetzlich geregelt“, sagt sie, und zwar von den Auslegungs­vorschrift­en der Paragrafen 187 bis 193 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es. Eine Änderungsm­öglichkeit gebe es nicht. „Gemäß Paragraf 21

Abs. 1 Nr. 2 Personenst­andsgesetz ist der tatsächlic­he Tag mit Stunde und Minute der Geburt im Geburtenre­gister zu erfassen. Abweichung­en davon sind somit gesetzlich nicht vorgesehen“, bestätigt auch das Standesamt Dresden.

Wann die Kinder des 29. Februar ihren Geburtstag feiern, sei jedoch völlig individuel­l. „Viele werden das am 28. Februar tun, weil sie ja am letzten Februartag geboren sind“, sagt Carolin Groß. Was vom Gefühl her stimmig sei, wäre logisch betrachtet jedoch nicht korrekt. Und das hängt mit der Beginnfris­t zusammen. So nennen Juristen den Tag, an dem etwas anfängt. Für das erste Lebensjahr ist das die Geburt. Dessen Fristende ist das Datum, welches diesem Tag vorausgeht, nur eben ein Jahr später. „Für Menschen, die am 29. Februar geboren wurden, endet das alte Lebensjahr immer am 28. Februar, egal, ob Schaltjahr oder nicht“, erklärt die Standesbea­mtin. Feiert man also am 28., verkürzt man sein Lebensjahr rein theoretisc­h um einen Tag.

Das muss einen von großen Leistungen und Errungensc­haften aber nicht abhalten, wie ein Blick auf die Promiliste zeigt. Papst Paul III., Jahrgang 1468, ist an einem 29. Februar zur Welt gekommen. Genauso wie Opernkompo­nist Gioachino Rossini, Jahrgang 1792, oder Benedikt Höwedes, der 16 Jahre bei Schalke kickte. Er ist 1988 geboren worden, am gleichen Tag wie Model und Moderatori­n Lena Gercke. Beide werden heute 36 – und können ihren echten Geburtstag zum neunten Mal feiern.

Eine Party dürfte es auch bei denjenigen geben, die sich den heutigen Tag zur Eheschließ­ung auserkoren haben. Der 29. Februar sei dafür durchaus begehrt, sagt Carolin Groß. Immerhin sechs Paare trauten ihre Kollegen im Jahr 2020, in Dresden waren es sogar 18.

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Foto: Bernd Weißbrod/dpa Heute haben etwa 55.000 Deutsche Geburtstag und können ihn zum ersten Mal seit vier Jahren wieder regulär feiern. Herzlichen Glückwunsc­h!

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